Die Gebäudesanierung

Deutschland hat z.Z. (2018) einen Bestand von etwa 19 Mio. Gebäuden, von den 17 Mio. vor dem Jahr 2000 errichtet wurden. Jährlich werden ca. 145 Tsd. Gebäude neu errichtet. Wie hoch der Gebäudebestand in Zukunft sein wird, hängt von mehreren Faktoren ab, z.B. von der Familiengröße (die Anzahl der Mehrpersonenhaushalte nimmt stetig ab, weil das Leben als Single attraktiver erscheint) oder von der Anzahl der Wohnungen pro Gebäude (die Anzahl der Einfamilienhäuser nimmt ab, weil der Baugrund knapper wird). Geht man davon aus, dass sich die Gebäudeanzahl trotzdem nicht verändert, werden wir weit in das 22. Jahrhundert hinein warten müssen, bevor alle Gebäude nach dem Jahr 2000 errichtet wurden.

Und nur für diese Gebäude würde beim Bau i.W. die Energieeinsparverordung (EnEV) gegolten haben, welche 2002 in Kraft getreten war (mit vielen Veränderungen seitdem) und welche die Eigenschaften eines Gebäudes bezüglich seines Energiebedarfs gesetzlich festlegt. Denn der Primärenergiebedarf von Haushalten (privaten und öffentlichen) macht z.Z.  mehr als 1/3 des deutschen Gesamtbedarfs aus, dieser Sektor bietet daher ein hohes Sparpotential, das sich u.U. durch gesetzliche Vorgaben bei Neubauten auch realisieren ließe.

Der Energiebedarf in Gebäuden entsteht infolge der Anforderungen an Heizung, Wohnklima und Warmwasser. Bessere Wirkungsgrade dieser technischen Prozesse würden helfen, Energie einzusparen, wie auch der Umstieg auf nicht-fossile Energiequellen helfen würde, die Emission von Treibhausgasen zu reduzieren. Vorsicht ist jedoch geboten: Während die Umstellung der Heizungsanlage auf einen Brennwertkessel immer Sinn macht, kann man die Sinnhaftigkeit einer Pelletheizung durchaus bezweifeln, obwohl diese als besonders umweltschonend angepriesen wird. Noch höhere Einsparungen böten eine Verbesserung der Gebäudehülle (Mauerwerk, Dach, Fenster, etc), indem der Energieabfluss durch eine bessere Wärmedämmung unterbunden wird. Zur Evaluierung derartiger Sparmaßnahmen wurde das KfW-Effizienzhaus kreiert, dessen Standard durch die  Maßnahmen entweder unter- oder überschritten werden kann. In meinem Buch habe ich z.B. denn Fall betrachtet, dass ein Einfamilienhaus allein durch die im Sommer gespeicherte Solarenergie im Winter beheizt werden soll.

Aber die Mehrzahl der Gebäude in Deutschland gehört auf absehbare Zeiten noch zum Altbestand, sie werden durch die EnEV gar nicht tangiert. Will man auch bei diesem Bestand von staatlicher Seite eine energetische Sanierung durchsetzen, so gelingt dies allein dadurch, dass die Eigentümer durch Fördermaßnahmen dazu veranlasst werden. Förderprogramme für Altbauten werden angeboten z.B. von der KfW-Bank oder von der BAFA. Dabei handelt es sich i.A. um Zuschüsse zu den Sanierungskosten, denn die energetische Sanierung von Altbauten ist nicht billig. Falls eine sanierte Wohnung vermietet ist, hat der Eigentümer aber die Möglichkeit, die Jahresmiete um 11% der Sanierungskosten zu erhöhen1).

Allerdings wurden 45.5% aller Wohnungen im Jahr 2014 von den Eigentümern selbst bewohnt und für diese ist es schon eine essentielle Frage, ob sich die energetische Sanierung ihrer Wohnung trotz Förderprogrammen wirklich lohnt. Die Antwort auf diese Frage sollte man nicht in dem Informationsmaterial suchen, welches die deutsche Regierung (diese hat die Vorschriften ja in Kraft gesetzt) im Internet veröffentlicht hat, noch bei solchen Firmen, welche mit diesen Vorschriften ihr Geld verdienen. Eher sollte man sich anhand der Publikationen von Organisationen orientieren, welche nicht der Öko-Ideologie verdächtig sind, wie z.B. Druckmedien oder Hochschulen. Oder man orientiert sich an den Erfahrungen eines Betroffenen, welcher diese Vorschriften umgesetzt hat. Man findet im Internet auch den Vortrag eines Architekten, der sich mit der Problematik der energetischen Altbausanierung schon seit Jahren beschäftigt. Das grundsätzliche Ergebnis all dieser Beiträge ist:

Die energetische Altbausanierung lohnt sich finanziell nicht, sondern sie sorgt sogar für zusätzliche Kosten.

Diese Schlussfolgerung wird auch von den physikalischen Grundlagen der Wärmedämmung unterstützt. Der Wärmefluss P durch eine Dämmschicht mit der Fläche A und der Dicke d wird beschrieben durch die Gleichung
P = (A/d) T ,
wobei  die Wärmeleitfähigkeit der Schicht ist und T die Temperaturdifferenz zwischen Vorder- und Rückseite. Die bedeutet: Um bei gegebenen A und T den Wärmefluss gering zu halten, sollte  klein und d groß sein. Auf der anderen Seite wird die Schicht tagsüber u.U. von der Sonne beschienen, absorbiert daher die Solarenergie W. Dies erhöht die Temperatur T der Oberfläche gemäß der Gleichung
T = W / (c A d) ,
wobei c die spezifische Wärmekapazität und die Massendichte der Dämmschicht sind. Dämmschichten besitzen i.A. eine sehr kleine Dichte und auch die effektive Dicke ist (wegen der geringen Wärmeleitfähigkeit) sehr klein. Die Folge ist, dass die Oberflächentemperatur der Dämmschicht bei Sonneneinstrahlung sehr hoch (>50 oC), aber in der Nacht sehr klein (<20 oC) ist. Diese, u.U. täglich auftretende mechanische Belastung aufgrund der Wärmeausdehnung lässt die Dämmschicht schnell altern. Weitere Effekte sind:

  • An der kalten Oberfläche der Dämmschicht schlägt sich bevorzugt Wasser aus der Luftfeuchte nieder. Dies führt zu Schimmelbildung und Algenbewuchs.
  • Das Niederschlagswasser dringt in die Dämmschicht und verringert so deren Dämmwirkung.
Weiterhin: Der Wärmeabfluss durch das Mauerwerk stellt nur einen geringen Teil des Energieverlusts eines Gebäudes dar. Besonders wichtig sind die Verluste aufgrund der Raumlüftung, die durch die Dämmung zwar verringert werden, aber zu einem ungesunden Raumklima und Schimmelbildung an den Raumwänden führen. Daher sollte eine Dämmung immer einhergehen mit dem Einbau einer Klimaanlage, möglichst mit Wärmetauscher zwischen Abluft und Zuluft.

Diese Maßnahmen in einem Altbau zu realisieren, wird die Sanierungskosten ganz erheblich vergrößern, wenn sie sich bei dem vorhandenen Raumzuschnitt überhaupt verwirklichen lassen.


1) Da es sich um eine Verbesserung der Wohnungsqualität handelt, gilt für diese Mieterhöhung keine zeitliche Befristung.