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Die Entwicklung jeder Epidemie gehorcht statistischen Gesetzen - die Form der statistischen Wachstumsfunktion F(t) wird bestimmt durch ihre Randbedingungen: F(t gegen -unendl)
= 0 und F(t
gegen +unendl) = F0 mit dF(t)/dt > 0.
Angewendet auf eine
Epidemie bedeutet dies:
N(t) = N0/(exp(-2t/a) + 1),
wobei die
Zeitskala so gewählt ist, dass zur
Zeit t=0
die Infektionsrate dN(t=0)/dt ihren Höhepunkt erreicht. Zu
diesem Zeitpunkt ist die Anzahl der
infizierten Menschen N(t=0) = N0/2 ist,
während die Infektionsrate dann dN(t=0)/dt = N0/2a
beträgt. Der Parameter a ist die
charakteristische Zeit der Epidemie, er
gibt die Zeitspanne an, während der
die Anzahl infizierter Menschen von 27% auf 73%
des Höchstwerts N0 gestiegen ist. In
der Abbildung unten habe ich N(t) für
N0 = 1 und a = 60 d (ca. 2 Monate)
dargestellt - das epidemische Wachstum besitzt
die Form, die man aus den Medien kennt, welche
die gemessenen Daten publizieren2).
Ich habe mich nicht bemüht, N(t) an diese
Daten anzupassen und so die Parameter N0
und a zu bestimmen, denn noch sind die Daten zu
ungenau und daher die Fehler der Anpassung zu
groß. Aber die deutsche Regierung bemüht
sich mithilfe von Verordnungen (Ausgehverbot,
persönliche Abstandsregeln, etc), den Parameter
a möglichst groß zu machen, um die Krankenhäuser
zu entlasten. Ein Beispiel mag die Lage
erläutern: Falls die BRD heute (8.4.2020) mit
1905 Toten den Höhepunkt der Corona Epidemie
erreicht hat, dann kann man erwarten, dass sich
bis zum Ende der Epidemie ca. 230000 Menschen
infiziert haben werden. Steht der Höhepunkt noch
vor uns oder liegt bereits hinter uns, verändern
sich die Zahlen entsprechend. Und wie viele
Menschen werden dann an den Infektionen
gestorben sein?
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Das Infektionswachstum
N(t) ist
eigentlich nicht so interessant, interessanter ist das
Mortalitätswachstum M(t),
d.h. die Anzahl der Menschen, die aufgrund der Infektion
sterben. Denn würden die Infektionen nicht auch zum Tode
führen, wären sie für unsere
Gesellschaft von nur geringer Bedeutung. Auch die Eigenschaften von M(t) lassen sich mit statistischen Methoden untersuchen. Und da auch in diesem Fall dieselben Randbedingungen gelten, die ich bereits oben spezifiziert hatte, ist klar: Die Basis für eine Untersuchung bildet wiederum die Fermi-Dirac Statistik mit der Wachstumsfunktion FF-D(t), allerdings mit anderen Parametern:
M(t) = xN0/(exp(-2(t-ðt)/b) + 1).
Die Abbildungen oben
zeigen M(t)
für x = 0.5 , ðt
= 15 d und für 3 verschiedene Werte des
Zeitverhältnisses b/a. Und noch interessanter wird
es, wenn man nicht M(t) selbst, sondern normiert auf
die Anzahl der Infektionen, d.h. die relative
Mortalität rel. M(t)
= M(t)/N(t) untersucht.
Dann wird auch klar, wie gut Länder auf den
Ausbruch der Epidemie vorbereitet waren und wie
effektiv ihre Abwehrmaßnahmen waren. Auch rel. M(t) ist in den
Abbildungen oben dargestellt, ihr zeitlicher Verlauf
ändert sich stark mit dem Wert des Zeitverhältnisses
b/a.
Gemäß der Fermi-Dirac Statistik muss das Epidemiewachstum N(t) die charakteristische Eigenschaft besitzen, dass die Wachstumsrate dN(t)/dt symmetrisch um die Zeit t=0 des Epidemiehöhepunkts ist, d.h. dN(-t)/dt = dN(+t)/dt. Wie wir gleich erkennen werden, haben die gemessenen Daten diese Eigenschaft NICHT, die maximale Anzahl von Infizierten wird erst zu Zeiten erwartet, die viel später sind als es diese Symmetrieregel vorschreibt. Angenommen, die hier vorgestelllte Theorie ist anwendbar (und ich zweifele daran nicht!), ist die gemessene Asymmetrie ein Hinweis darauf, dass sich das Infektionswachstum in mehreren Wellen vollzieht, d.h. der 1. Welle folgt später eine 2. Welle und u.U. noch mehrere weitere Wellen. |
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Bisher sind dies alles
nur theoretische Überlegungen. Es wird Zeit,
dass ich die tatsächlich gemessenen Daten betrachte. Ich
habe 11 Länder ausgewählt, die entsprechenden Daten habe
ich meiner lokalen Zeitung (Rhein-Neckar-Zeitung)
entnommen. Begonnen mit der Datenanalyse
habe ich am 23.3.2020, ab dann habe ich die relativen
Mortalitäten berechnet, wie sie für 8 Länder in der
Abbildung rechts dargestellt sind. Das sind: Österreich(AT), China(CN),
Südkorea(KR), Italien(IT), Spanien(ES),
Frankreich(FR), Deutschland(DE), Iran(IR).
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Heute (1.8.2020) sind
mehr als 5 Monate seit dem Ausbruch der Epidemie in
der BRD vergangen - Zeit, zum letzten Mal ihren
Verlauf mit den theoretischen Vorhersagen zu
vergleichen. Danach werde ich Analysen erst wieder
vornehmen, wenn wirkliche dramatische Entwicklungen
beobachtet werden sollten, die zu einem erneuten
Stillstand des öffentlichen Lebens führen. Die Abbildung unten zeigt die Anpassung von N(t) an die Daten, welche ich diesmal der in Fußnote 2) genannten Referenz entnommen habe. Die Theorie reproduziert die Daten recht genau, falls man davon ausgeht, dass 3 Infektionswellen aufgetreten sind:
Und noch eine Bemerkung zur Anpassung der Theorie an die Daten: Statistische Methoden wurden entwickelt, um Datenmengen mit statistischen Schwankungen zu analysieren. Die Frage, ob diese Daten korrekt sind oder nicht, ist bedeutungslos - sie sind per Definition immer korrekt. Die Fehlergrenzen, die mithilfe der Anpassung der Theorie an die Daten berechnet werden, fallen in die Kategorie der "statistischen Fehler". Sie sind zu unterscheiden von den "systematischen Fehlern" (auch Systemfehler), die sich aus systematisch falschen Daten ergeben. Derartige Systemfehler resultieren z.B. aus einer Änderung des Messverfahrens während der Messung. Im Falle einer Epidemie kann das eine Ausdehnung der getesteten Personengruppe sein oder eine Änderung der Testmethode selbst. Systemfehler sind i.A. erkennbar an der systematischen Abweichung der Daten von der Theorie. Meine Bemerkung zur Korrektheit der Daten am Ende des letzten Kapitels bezog sich aber auf die weitere Möglichkeit, das nicht-demokratische Staaten versucht sein könnten, ihre Daten zu manipulieren, d.h. zu fälschen, um die Überlegenheit ihres Gesellschaftssystems zu "beweisen". Dass die BRD zu diesen Staaten gehört, ist wohl eher nicht zu vermuten. |
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Nach der BRD habe ich
für 6 weitere Länder die Anpassung von N(t) an ihre
Epidemiedaten vorgenommen - diese Daten sind vom Typ her
ähnlich zu denen der BRD und ich zeige daher nicht für
jedes dieser Länder die entsprechenden Abbildungen. Aber
die Tabelle unten enthält die charakteristischen
Parameter der jeweiligen Epidemie: Die
Ausbreitungsgeschwindigkeit v = 1/a (Fehler ±0.2v2),
den Tag des Höhepunkts t0 (Fehler ±0.5 Tage),
das zu erwartende Infektionsmaximum N0
(Fehler ±0.02N0) und die relative
Mortalität, die ich allerdings nur aus der Abbildung
oben geschätzt habe.
Charakteristische
Parameter von N(t) nach der Anpassung an den
tatsächlichen Epidemieverlauf von 6 verschiedenen
Ländern. Die Reihenfolge der Länder wird bestimmt
durch den Zeitpunkt t0 des Höhepunkts der
1. Infektionswelle (abgekürzt Iw).
Denn in Südkorea hat es derartige Verordnungen sicherlich auch gegeben4). Und in Südkorea waren sie, trotz der 4 Infektionswellen, recht erfolgreich:
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Großbritannien(UK), die USA(US) und
Schweden(SE) wurden am spätesten von der Corona-Epidemie
erreicht. Diese 3 Länder sind in mehrerer
Hinsicht interessant:
Die Daten (siehe Abbildung unten links) zeigen, dass in den UK/US/SE-Ländern die Ausbreitungsgeschwindigkeiten zunächst sehr ähnlich waren.
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Lässt sich anhand dieser Daten
irgendeine Aussage darüber machen, ob staatlich
verordnete Restriktionen den Verlauf der Corona-Epidemie
wesentlich beeinflusst haben? Ich meine: Nein. Wenn
überhaupt, lassen sich 3 Länderkategorien erkennen:
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Und außerdem sollte bedacht
sein: Grundlage meiner Analyse der
Covid19-Infektionen ist die Wellentheorie,
die davon ausgeht, dass jede Infektionswelle durch einer
maximalen Anzahl N0 von Infizierten in einem
lokal begrenztem Gebiet definiert ist.
Politisch soll diese Vorgabe mithilfe des "lock-downs"
realisiert werden. Aber die Daten oben haben gezeigt,
dass diese Analyse zu viel mehr Infektionswellen führt
als politisch opportun erscheint. Mit anderen Worten:
Der "lock-down" funktioniert nicht, z.B. wegen der
Zuwanderung Infizierter aus anderen Gebieten. Dann
erscheint eine alternative Beschreibung des
Infektionsgeschehens sinnvoller, welche die Anzahl der
Wellen wesentlich verringert (wie die Politik es
wünscht), dann aber annimmt, dass N0 nicht
zeitlich konstant ist, sondern zunimmt. Was aber auch
bedeutet, dass sich Infektionsgebiete ausbreiten, also
nicht mehr lokalisieren lassen. Welche funktionale
Darstellung N0(t) besitzt, ist
theoretisch nicht vorhersehbar, sondern unterliegt
politischen Vorgaben, etwa der Lockerung des
"lock-downs" in den einzelnen Bundesländern.
Siehe Tabelle oben.
In diesem halben Jahr:
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1) An anderer Stelle habe ich mich mit der Frage beschäftigt, welche Statistiken in der Natur von fundamentaler Bedeutung sind. 2) Wer nach aktuellen Daten sucht, hier kann man sie finden (in englisch). 3) Diese Erklärung hat mir Rötger Nötzel geschickt, dem ich dafür sehr danke. 4) Warum aber Bars und Clubs nicht geschlossen wurden, ist mir ein Rätsel. Nachfragen bitte richten an: dietrich.pelte@web.de |