Energieeffizienz und Energieproduktivität1)

Auf einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Bruttoinlandprodukt  BIP eines Lands und seinem Primärenergiebedarf PEB sollte hingewiesen werden: Während fast das gesamte, in einem Land produzierte BIP in diesem Land auch wieder verwendet, also konsumiert wird (die Summe aus beiden Anteilen ist demnach fast 0), entsteht der Primärenergiebedarf sowohl bei der Produktion (PEBP), wie auch bei der Verwendung (PEBK) des BIP, die Summen aus beiden Anteilen ergibt den gesamten PEB. Im Allgemeinen ist der konsumtive Anteil PEBK geringer als der produktive Anteil PEBP: In Deutschland des Jahrs 2004 machte der konsumtive Anteil etwa 35% aus, der produktive Anteil betrug demnach 65% und war also fast doppelt so hoch.

Die Trennung in konsumtiven und produktiven Anteil erlaubt die Definition der Energieproduktivität e_p, denn nur der produktive Anteil wird tatsächlich zur Produktion des BIP benötigt. Demnach gilt
,
und zur Energieeffizienz e_e besteht folgende Beziehung:
.
Eine Steigerung der Energieeffizienz kann deswegen auf zwei Wegen (oder beiden) erfolgen:
  • Eine Steigerung der Energieproduktivität.
  • Eine Verringerung des konsumtiven Anteils im Primärenergiebedarf.

Untersuchen wir zunächst die Energieproduktivität. Es darf auf keinen Fall der Fehler gemacht werden, diese Größe mit dem Wirkungsgrad zu verwechseln, welcher die Energiewandlung mithilfe einer bestimmten Anlage charakterisiert. Die Energieproduktivität ist der viel umfassendere Begriff, denn sie charakterisiert die Gesamtstellung einer Anlage innerhalb des Wirtschaftsprozesses. Zum Beispiel bedeutet der Ersatz einer Anlage, welche elektrische in mechanische Energie wandelt (Elektromotor) durch eine neue Anlage mit größerem Wirkungsgrad noch nicht, dass durch diesen Ersatz auch die Energieproduktivität der Anlage steigt. Denn durch die Herstellung, die Montage, den Betrieb, die Wartung, etc der neuen Anlage kann der Energiebedarf derart steigen, dass die Energieproduktivität tatsächlich sinkt. Die Berücksichtigung aller maßgeblicher Faktoren bei der Berechnung er Energieproduktivität ist i.A. so kompliziert, das es sinnvoller ist, auf empirisch ermittelte Daten zurück zu greifen.
 
Anhand der empirischen Daten lässt sich erkennen, dass die Energieproduktivitäten von verschiedenen Wirtschaftssektoren sehr unterschiedlich sein können. Generell lassen sich 3 Sektoren definieren, die mit den Worten "Landwirtschaft", "Industrie" und "Dienstleistung" gekennzeichnet werden. Die Beiträge, den diese Sektoren zum BIP von Deutschland im Jahr 2004 geleistet haben, sind in der Tabelle rechts gezeigt. Gleichzeitig  gibt die Tabelle den Primärenergiebedarf an, der zur Produktion benötigt wurde.

BIP
(109 € a-1)
BIP
(%)
PEBP
(1012  kWh a-1)
e_p
(€ kWh-1)
Landwirtschaft
24.3
1.2
0.03
0.75
Industrie
575.9
28.9
1.10
0.55
Dienstleistung
1394.0
69.9
0.59
2.40
Beiträge einzelner Wirtschaftssektoren im Jahr 2004 zum BPI von Deutschland (absolut und prozentual) und des für die Produktion benötigten PEB. Die letzte Spalte zeigt die daraus sich ergebenden Energieproduktivitäten e_p.
Bei der Definition des Sektors "Landwirtschaft" besteht eine gewisse Willkür, ob nur die Produktion von Nahrungsmitteln erfasst werden soll, oder auch deren Verarbeitung und andere Arbeiten, wie in Kap. 3.2 ausgeführt. Wir haben uns hier für die restriktivere Definition entschieden. Demnach sind die Energieproduktivitäten in den Sektoren "Landwirtschaft" und "Industrie" ähnlich klein, sie betragen etwa e_p 0.5 € kWh-1. Dagegen besitzt der Sektor "Dienstleistung" eine etwa 5mal größere Energieproduktivität.

Es ist ganz offensichtlich, dass der stetige Wandel der Länder von Industrie- zu Dienstleistungs-Gesellschaften mit der Steigerung der Energieproduktivität und damit der Energieeffizienz verbunden ist. In Deutschland hat z.B. in den 15 Jahren von 1991 bis 2006 die Bedeutung der Landwirtschaft um ca. 30%, die der Industrie um ca. 20% abgenommen, die von Dienstleistungen aber um über 10% zugenommen. Derartige Veränderungen sind wahrscheinlich der Hauptgrund, dass die Energieeffizienzen auch in vielen anderen Ländern zugenommen haben. Aber natürliche müssen derartige Veränderungen an eine natürliche  Grenze stoßen. In unseren Prognosen ist die Existenz dieser Grenze nicht berücksichtigt, weil unbekannt ist, wo sie liegt. Wird die Grenze erreicht, lässt sich die Energieproduktivität nur noch dadurch verbessern, dass sie in jedem der einzelnen Wirtschaftssektoren verbessert wird, insbesondere im Sektor "Dienstleistung". Ich kann nicht erkennen, wie dies in dem erforderlichen Maß erreicht werden kann. Gesetzliche Vorschriften sind aber wohl kein gangbarer Weg zu einer Verbesserung.

Zur Verbesserung der Energieeffizienz besteht auch die Möglichkeit, den konsumtiven Anteil im PEB zu reduzieren, also Energie zu sparen. Die steigenden Kosten für Energie bei zunehmender Energieverknappung werden u.U. genau diesen Effekt bewirken. Bis zum Jahr 2004 war davon allerdings noch wenig zu merken: Zwischen 1995 und 2004 hat PEBK in Deutschland um etwa 1% zugenommen.


1) Die in diesem Kapitel benutzten Daten stammen fast ausschließlich vom Statistischen Bundesamt Deutschland.