Die Brennelementesteuer

Wie der Name bereits sagt, handelt es sich hierbei um eine Verbrauchssteuer, die mit ca. 2.3 Mrd€ den Haushalt der BRD entlasten soll. Eingeführt wurde diese Steuer als Teil eines "Sparpakets", mit dessen Hilfe der Haushalt wieder in Übereinstimmung zur Schuldengrenze der EU gebracht werden soll. Warum sich die Regierung dafür gerade eine Energiesteuer einfallen ließ, darüber kann man nur spekulieren:
  • Die Kernenergie und die Energieversorger sind in der Öffentlichkeit so unpopulär, dass diese in der Einführung von zusätzlichen Abgaben eher eine "Strafe" für beide erblickt als das, was diese Abgabe wirklich ist: Nämlich eine Steuererhöhung zum Wohle des Staats auf Kosten seiner Bürger, obwohl deren Regierung in ihrem Wahlprogramm Steuersenkungen versprochen hatte.
  • Die Regierung hat erkannt, dass eine Energieversorgung Deutschlands mit heutigen Preisen in Zukunft nicht mehr möglich sein wird und bereitet die Öffentlichkeit auf diese Weise und mit der Zustimmung selbiger auf steigende Energiepreise vor, ohne auf geballten Widerstand zu stoßen.
  • Die Regierung weiß natürlich, dass die "Energie" ein unverzichtbares Gut ist und daher niemand dieser Steuer entgehen kann. Die Gefahr, dass das eingesammelte Geld durch den Verzicht der Energieabnehmer geringer werden könnte, besteht sicherlich nicht: Diese Steuer ist eine Einnahmequelle ohne Risiko.
In jedem Fall wird der Energiepreis steigen und dies ist viel gravierender, als wenn der  Preis von Zigaretten aufgrund von Steuererhöhungen steigt: Der ungehinderte Zugang zur Energie ist eine Grundvoraussetzung für die Existenz einer Volkswirtschaft. Ohne Zigaretten kann diese aber sehr wohl existieren. In diesem Unterkapitel soll dargestellt werden, welche Auswirkungen eine zukünftige Brennelementesteuer auf die deutsche Volkswirtschaft haben kann. Dazu ist notwendig, zunächst die Rahmenbedingungen der deutschen Energieversorgung zu erörtern. Diese können für die Jahre von 1990 bis 2008 aus einem Bericht des BMWi rekonstruiert, bzw. im Einzelfall auch geschätzt werden.

Der deutsche Bedarf an elektrischer Energie lag im Jahr 2008 bei
Wel = 5.80 · 108 MWh.
Die Anteile, welche auf die einzelnen Bedarfssektoren entfielen, und die dadurch für die Abnehmer entstehenden Kosten sind in der Tabelle rechts zusammengestellt.

Sektor
Wel (MWh)
Kosten (Mrd€)
Abnehmer
 Gewinn (Mrd€)
Versorger
Industrie
2.27 · 108  20.92
12.02
Verkehr
0.16 · 108
1.42
0.711)
Kleinabnehmer
1.44 · 108
17.17
8.591)
priv. Haushalte 1.42 · 108
32.12
12.26
1) Geschätzt mit einer Abgabenlast von 100%.
Demnach wurden 44.8%, also etwa die Hälfte dieser Kosten, von den privaten Haushalten übernommen. Industrie und Kleinabnehmer trugen zu etwa gleichen Anteilen den Rest der Kosten. Diese Verteilung ist nicht proportional zu dem tatsächlichen Bedarf, sondern sie wird im wesentlichen von der Tarifstruktur und staatlichen Abgaben (Steuern, etc) bestimmt: Die privaten Haushalte werden überproportional belastet. Zum Beispiel betrug die Abgabenlast der privaten Haushalte 162%, die der Industrie aber nur 74%. Dies wird  aus dem Gewinn (=Anteil der Kosten, welche den Energieversorger erreichten) in Höhe von ca. 34  Mrd€ offensichtlich,  welcher in der letzten Spalte der obigen Tabelle angegeben ist. Die staatlichen Steuern (Stromsteuer, EEG2), KWKG3), Mehrwertsteuer, Konzessionsabgabe)  sind für etwa 35% der Abnehmerkosten verantwortlich, der Rest wird durch die Netzentgelte verursacht. Und durch die Brennelementesteuer würde die staatliche Abgabenlast weiter steigen. Um wie viel?

Die Gewinne der Energieversorger muss ihren tatsächlichen Gestehungskosten für elektrische Energie gegenübergestellt werden. Für das Jahr 2008 kann man diese einer Untersuchung der Uni. Stuttgart entnehmen, welche in Wikipedia veröffentlicht ist. Demnach ergeben sich die, in der rechten Tabelle nach primären Energieträgern angegeben Kosten, wobei deren Primärenergie  mithilfe eines Nutzungsgrad von = 0.33 in elektrische Energie umgerechnet wird.
Energieträger
Wel (MWh) Kosten (Mrd€)
Versorger
Steinkohle
1.10 · 108
3.64
Braunkohle
1.28 · 108 3.72
Reststoffe
0.67 · 108 2.09
Heizöl
0.08 · 108 0.33
Wasser/Wind
0.69 · 108 6.45
Kernenergie
1.47 · 108 5.16

Die totalen Gestehungskosten betrugen 21,4 Mrd€, aus der Differenz (ca. 13 Mrd€) zu dem Gewinn müssen von den Energieversorgern die Betriebskosten, die Investitionen4) (z.B. der Windpark Alpha Ventus mit 0.25 Mrd€) und natürlich auch die Zinsen und Dividenden finanziert werden. Kommt die Brennelementesteuer, würden die verfügbaren Finanzmittel der Versorger von ca. 13 auf 11.7 Mrd€ reduziert und sie müssen darauf reagieren, entweder durch
  • eine Erhöhung der Abnehmerkosten,
  • eine Verringerung der Gestehungskosten.
Da die Kernenergie der größte Kostenverursacher ist, haben sie angekündigt, in diesem Fall die  9 älteren KKWs mit 41,5% der Gesamtleistung abzuschalten. Aber was auch immer geschieht, die Energiekosten für die Abnehmer (und das werden im wesentlichen wohl die privaten Haushalte sein) werden steigen. Denn der Energiebedarf lässt sich natürlich nicht "abschalten", sondern der durch die Abschaltung verursachte  Verlust an elektrischer Energie müsste durch Zukauf an der europäischen Strombörse EEX kompensiert werden. Im Jahr 2008 hätten sich die Gestehungskosten für 0.61 · 108 MWh dadurch von 35 € auf 53 € pro MWh erhöht5). Wie sich diese Erhöhung in den Energiekosten der Abnehmer niederschlägt, hängt vom Umfang des Abnehmerkreises ab, der betroffen ist:
  • Alle Abnehmer -> Kostensteigerung von 13.5 c/kWh auf 15.5 c/kWh, also 2.0 c/kWh (+ 15%) mehr.
  • Nur private Haushalte -> Kostensteigerung von 22.6 c/kWh auf 30.3 c/kWh, also 7.7 c/kWh (+34%) mehr.
Unter diesen Umständen wäre es für die Abnehmer besser, die Energieversorger hätten ein Einsehen und würden die KKWs nicht abschalten, sondern die Brennelementesteuer einfach akzeptieren. Die Kostensteigerungen betrügen dann nur noch etwas mehr als 20% der oben angegebenen Beträge. Aber warum sollten sie dieses tun, wenn die Mehrheit der deutschen Bevölkerung die Abschaltung verlangt und dafür auf die Straße geht?


2) EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz
3) KWKG = Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz
4) Die notwendigen Investitionen in die Stromnetze wurden von E.on und Vattenfall durch den Netzverkauf auf 0 zurückgefahren.
5) In dem Bericht des BMWi werden die Grundlastkosten der EEX für das Jahr 2008 sogar mit 65 € pro MWh angegeben, was mir allerdings etwas sehr weit entfernt von den Gestehungskosten zu sein scheint.