Die
mikrobiologische Energiewandlung |
Im
November
2006 hat die "American
Society
for Microbiology" einen Bericht1)
veröffentlicht,
in dem die
Erfolgsaussichten der mikrobiologischen Energiewandlung
kritisch
untersucht werden. Um das Ergebnis dieser Untersuchung
gleich
vorwegzunehmen: Zur Zeit müssen die
Möglichkeiten dieser Technologie als sehr gering
eingeschätzt
werden. Erfolge werden sich nur dann langfristig
einstellen, wenn die
Forschung auf diesem Gebiet wesentlich besser gefördert
und
intensiviert wird.
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Unter der mikrobiologischen
Energiewandlung verstehen wir den Einsatz von Bakterien oder
Kleinlebewesen (z.B. Algen oder Pilze), die bestimmte
Enzymen
produzieren und mit
deren Hilfe sich die Strahlungsenergie der Sonne in
chemische Energie
umwandeln lässt. In vielen Fällen bildet die Grundlage
für diesen Prozess eine Art der Fotosynthese, d.h.
es
werden neben der Sonnenenergie auch noch die Moleküle Wasser
(H2O)
und Kohlendioxid (CO2) für den Wandlungsprozess
benötigt. Als Träger der chemischen Energie kommen die
folgenden Verbindungen in Frage: |
Es besteht jedoch Übereinstimmung darin, dass die Ethanolproduktion aus Biomasse erst dann an Bedeutung gewinnen wird, wenn auch Zellulose bakteriell in Ethanol umgewandelt werden kann. Dadurch ließe sich die Vielfalt der Ausgangsmaterialien wesentlich vergrößern, auch Holzabfälle, Stroh und schnell wachsende C4-Gräser, wie Chinaschilf oder Switchgrass, wären dann verwendbar. Bei dem Umwandlungsprozess wird zunächst die Zellulose in Zucker, und dann der Zucker in Ethanol umgewandelt, d.h. es wird eine Gemeinschaft aus verschiedenen Bakterien benötigt. Dies hat allerdings zur Folge, dass bis zum heutigen Tag die Ausbeute der Umwandlung sehr gering ist. Insbesondere die Tatsache, dass das Ausgangsmaterial fest ist und die Enzyme nur oberflächlich wirken können, reduziert die Ausbeute und erhöht die Kosten. Daher bestehen die wichtigsten, schnellst möglich zu lösenden Aufgaben in der Optimierung der Biomasseaufbereitung, der Kostenreduktion bei der Herstellung der Bakterienkulturen, der Entwicklung von wirksameren Enzymen zur Umwandlung von Zellulose und Zucker (u.U. mittels Gentechnik). In den letzten Jahren ist viel an der Lösung dieser Aufgaben gearbeitet worden, ohne jedoch die erhofften Erfolge zu erreichen. Am 15.10.2007 erschien aber eine Pressemitteilung der Firma GENENCOR, dass es ihr erstmals gelungen sei, einen handelsfähigen Enzymkomplex (AcceleraseTM 1000) zu entwickeln, mit dem industriell die Zellulose in Zucker umgewandelt werden kann. Es bleibt abzuwarten, ob dies tatsächlich der Einstieg in die 2. Generation von Bioreaktoren ist. In den USA wurde für Versuchs- und Entwicklungsaufgaben von der Firma Verenium eine Anlage gebaut, welche nach letzten Meldungen etwa 6 · 106 m3 Ethanol pro Jahr produziert (zum Vergleich: Der jährliche Erdölbedarf beträgt z.Z. ca. 1.4 · 1011 m3, ist also etwa 24000mal größer). Einen alternativen Weg beschreitet der sog. Gaddy Prozess, bei dem die Biomasse zunächst zu Kohlenmonoxid (CO) verschwelt wird und dieses Gas dann bakteriell in Ethanol umgewandelt wird. Mittels diesen Prozesses scheint es gelungen zu sein, die Kosten der Ethanolproduktion auf etwa 0.2 € pro 1 l Ethanol zu senken, aber die Ausbeute scheint immer noch zu gering für die großflächige Verwendung als Benzinersatz. Einen noch anderen Weg2) wird von der deutschen Firma Choren beschritten, welche mithilfe der Verschwelung von Biomasse bzw. organischen Abfallstoffen unter Zufuhr von Wasser zunächst das Synthesegas CO + H2 herstellt, das sich mit unterschiedlichen Techniken katalytisch in Benzin- oder Dieselersatz umwandeln lässt. Zunächst wird die Firma auf einer Fläche von 2 · 105 m2 schnell wachsende Hölzer anbauen, welche einen Ertrag von jährlich ca. 100 m3 Biodiesel liefern sollen. Dies ist sehr wenig, verglichen mit dem deutschen Dieselbedarf von ca. 38 · 106 m3 pro Jahr. Ausgelegt ist das Werk für die Produktion von 18 · 103 m3 pro Jahr, wofür eine entsprechend größere Anbaufläche benötigt wird. Oder es werden Abfallstoffe benutzt, deren Sammlung und Lagerung logistische und energetische Probleme aufwerfen. In jeden Fall ist wohl davon auszugehen, dass der so hergestellte Biodiesel mindestens doppelt so teuer ist wie der, den man z.Z. an einer gewöhnlichen Tankstelle beziehen kann (ca. 1.5 € pro 1 l Diesel). Nach den bisher gesammelten Erfahrungen in den USA sollte man die Chancen für einen Ausbau der mikrobiologischen Ethanolproduktion jedoch sehr kritisch sehen. Die Pläne gehen eher dahin, anstelle von Ethanol das viel besser geeignete Butanol auf mikrobiologische Art zu produzieren. |
Aufgrund dieser Tatsachen ist jedoch zu bezweifeln, ob sich dieser Wandlungsprozess in Methan noch wesentlich verbessern lässt. Auch ist zu bedenken, dass das Ausgangsmaterial ein Abfallprodukt der Nahrungskette ist und seine Menge daher automatisch durch die Anzahl von Menschen und Tieren beschränkt wird. Nach den Abschätzungen in Energie2 bedeutet dies, dass Methan aus diesen organischen Abfällen nicht mit mehr als ca. 2% zur Primärenergieversorgung im Jahr 2050 beitragen kann. |
Ein anderes Enzym, das zur Produktion von Wasserstoff verwendet werden kann, ist die Nitrogenase, die bei Anwesenheit von Wasser und Stickstoff die Endprodukte Wasserstoff und Ammoniak katalytisch erzeugt, aber nur Wasserstoff, wenn der Stickstoff fehlt. Dazu wird als Energiequelle das ATP verwendet, das durch Absorption des Sonnenlichts entsteht, und es müssen freie Elektronen zur Bildung von Wasserstoffmolekülen in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Dies verlangt die Entwicklung der entsprechenden Elektronendonatoren, wobei die Elemente der 5. Hauptgruppe sicherlich eine wichtige Rolle spielen werden. Auf der anderen Seite ist die Nitrogenase offensichtlich unempfindlich gegenüber Wasserstoff und Sauerstoff, der Wandlungsprozess ist daher sehr stabil und könnte sehr hohe Nutzungsgrade erreichen. Aber die großtechnische Anwendung dieser Technologie steht noch an ihrem Anfang. |
Die Realisierung dieser Ideen zu einer bakteriellen Brennstoffzelle steht noch an ihrem Anfang. Es ist voraussehbar, dass der Ladungstransport durch die Bakterienkulturen ein großes Problem sein wird, das sich in einem hohen Innenwiderstand der Zelle manifestiert und die elektrische Leistung der bakteriellen Brennstoffzelle mehr beschränkt, als es bei normalen Brennstoffzellen üblich ist. Vielleicht können leitende Nanostrukturen oder langkettige Moleküle den Ladungstransport unterstützen, aber dies sind zur Zeit nur Zukunftsvisionen. |
An der Lipoiderzeugung mithilfe von Mikroorganismen, insbesondere mithilfe von Algenkulturen, wird z.Z. stark geforscht. Als Beispiel sei auf einen Artikel verwiesen, der sich u.a. mit einem Projekt in der Wüste von Arizona beschäftigt. Eine Kostenanalyse von Projekten auf Algenbasis kommt allerdings zu dem Schluss, dass diese Projekte z.Z. noch viel zu teuer sind, um realisiert zu werden. In größerem Detail werden die Kosten für das Arizona-Projekt in einem Report berechnet, der zu dem gleichen Schluss kommt: Die Kosten für die Produktion von Biodiesel sind immer noch wesentlich höher als bei dem herkömmlichen Verfahren auf Rapsbasis, das bereits höhere Kosten verursacht als die Gewinnung auf Rohölbasis. |
Das grundsätzliche Problem ergibt sich natürlich aus der geringen Energiedichte der Sonnenstrahlung. Damit die bakterielle Energiewandlung überhaupt einen maßgeblichen Beitrag zur Energieversorgung der Welt übernehmen kann, muss ihr Nutzungsgrad um ein Vielfaches größer sein als der, den man heute mithilfe normaler Pflanzen erreicht. Verglichen mit dem Nutzungsgrad von industriell hergestellten Fotodioden (der unmittelbaren Konkurrenz) bedeutet dies eine Steigerung um mindestens einen Faktor 100 bei der bakteriellen Energiewandlung. Dass sich dies in kurzer Zeit erreichen lässt, ist sehr unwahrscheinlich. Der fundamentale Grund für die geringen Nutzungsgrade, die Pflanzen und Mikroorganismen charakterisieren, wurde in Energie2 erläutert: Es handelt sich um Lebewesen, die ihren Stoffwechsel im Wesentlichen zum Wachstum benutzen und nicht zur Energiewandlung. Im Fall der Mikroorganismen würde ein großer Fortschritt darin bestehen, solche Formen zu entwickeln, die nur ein minimales Wachstum aufweisen und deren Stoffwechsel hauptsächlich in der Produktion von energiereichen Kohlenhydraten besteht. Über die Biologie solcher Mikroorganismen ist noch wenig bekannt, z.B. ob sie sich in großen Gemeinschaften vereinigen lassen. Ein anderer großer Nachteil ist, dass viele der Mikroorganismen empfindlich auf die Produkte reagieren, die sie durch ihren Stoffwechsel produzieren. Bei der Weinherstellung ist dies wohl bekannt: Die Hefepilze sterben ab, wenn der Alkoholgehalt einen gewissen Prozentsatz überschreitet. Es ist daher wohl unumgänglich nötig, neue Mikroorganismen zu entwickeln, die wesentlich toleranter gegenüber ihren eigenen Stoffwechselprodukten sind. Dies wird insbesondere eine Aufgabe der Genforschung und der Gentechnologie sein. Ebenso empfindlich reagieren viel der Mikroorganismen auf externe Verunreinigungen, wie Sauerstoff oder Schwefel. Die Notwendigkeit, den Wandlungsprozess unter Reinraumbedingungen durchzuführen, stellt einen erheblichen Kostenfaktor bei der Konstruktion und dem Betrieb des Bioreaktors dar. Weitere Probleme bei der Konstruktion ergeben sich aus der Forderung, dass die benötigten Substanzen (i.A. Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid) für alle Mikroorganismen innerhalb des Bioreaktors erreichbar sein müssen. Insbesondere für das Kohlendioxid, das ja nur mit einem Volumenanteil von ca. 0.035% in der Erdatmosphäre vorhanden ist, bedeutet dies ein gravierendes Problem. Die Lösung, Kohle oder kohlehaltige Substanzen zu verbrennen, um genügend Kohlendioxid zur Verfügung zu stellen, ist sehr problematisch. Einmal wir dadurch der CO2 Eintrag in die Atmosphäre erhöht, zum anderen auch wegen der Frage, auf welche Art wirklich der größere Nutzungsgrad erreichbar ist. |
Dem gemäß verlangt der Report, dass die Forschung über den engen Bereich der Mikrobiologie ausgedehnt wird in entferntere Bereiche wie die Materialforschung, die Informationstechnologie und die Ingenieurwissenschaften, wobei man auch fundamentalere Gebiete wie angewandte Mathematik, Physik und Chemie einbeziehen sollte. Und schließlich muss sich die Gesellschaft besser der Tatsache bewusst werden, dass enorme Probleme auf sie zukommen und dass eine Lösung nur in einem verstärkten Interesse besonders der jungen Generation in technischen Fächern und einer besseren Ausbildung in diesen Fächern liegen kann. |
1) Zu einem ganz ähnlichen Resultat kam eine Konferenz an der University of Massachusetts, welches in einem Extrakapitel zusammengefasst ist (auf englisch!). 2) Obwohl es sich bei diesem Weg nicht um eine mikrobiologische Methode handelt, wird er wegen der ähnlichen Eingangs- und Ausgangsmaterialien hier erwähnt. 3) Aerobe Bakterien benötigen Sauerstoff für ihren Stoffwechsel, bei anaeroben Bakterien geschieht dieser ohne Sauerstoff. |