Zur Bedeutung von Biomasse
|
|
Die Bedeutung der Biomasse
ergibt sich überwiegend aus ihrer Rolle als Lebensmittel,
sowohl für den Menschen als auch für alle anderen
Lebewesen. Die Lebensmittel bleiben jedoch bei der
Berechnung des menschlichen Primärenergiebedarfs in meinen
Publikationen unberücksichtigt. In diesen geht es allein
um jenen Energiebedarf, welcher durch alle menschlichen
Aktivitäten entsteht, die außerhalb der eigentlichen
Ernährung liegen. Zu diesen Aktivitäten werden aber
natürlich auch jene gezählt, die für die Erzeugung
der Lebensmittel benötigt werden. Diese Definition
von Biomasse scheint notwendig, weil in der Literatur
Unsicherheit darüber besteht, was der Biomasse als
Energieträger zugerechnet werden soll.
Abgesehen von ihrer Bedeutung als Lebensmittel ist die
Biomasse aber auch eine Form von erneuerbarer Energie,
die besonders oft erwähnt wird, wenn es um die
zukünftige Energieversorgung der Welt geht. Das hat gute
Gründe:
- Biomasse enthält im Wesentlichen chemische Energie,
sie befindet sich daher in enger Nachbarschaft zu den
anderen chemischen Energieträgern (Erdöl, Erdgas,
Kohle), welche die Basis unserer jetzigen
Energieversorgung bilden. Die Prozesskette von der
Primär- zur Endenergie muss technisch am wenigsten
modifiziert werden, wenn diese fossil-biogenen
Energieträger durch Biomasse ersetzt werden.
- Biomasse lässt sich ebenso leicht speichern und
transportieren wie die oben erwähnten fossil-biogenen
Energieträger. Daher entfällt in der Energiebilanz der
Aufwand für den Transport und die Speicherung, der bei
anderen Formen erneuerbarer Energien (z.B. Windenergie
oder Fotovoltaik) immer zu berücksichtigen ist.
Aufgrund dieser Vorteile wird
Biomasse global hauptsächlich als
"biofuel"(Biotreibstoff) verwendet. Im Jahr 2019
hat sich die Produktion
im Vergleich zum Jahr 2016 nur wenig verändert
(mit Ausnahme von Indonesien, das
Deutschland vom 3. Platz verdrängt hat) und
sie ist, verglichen mit dem nationalen
Primärenergiebedarf PEB, immer noch
vernachlässigbar klein. Spitzenreiter ist
Brasilien, wo der Anteil fast 10% erreicht. Die 5
wichtigsten Produzenten für Biotreibstoffe sind in
der Tabelle rechts zu sehen.
|
Land
|
Produktion
(1012 kWh/a)
|
global
%
|
PEB
%
|
1. USA
|
0.436
|
38.1
|
1.7
|
2. Brasilien
|
0.276
|
24.1
|
8.0
|
3. Indonesien
|
0.076
|
6.7
|
3.1
|
4. Deutschland
|
0.040
|
3.5
|
1.1
|
5. Argentinien
|
0.029
|
2.5
|
3.0
|
Die 5 wichtigsten Produzenten für
Biotreibstoffe, ihr Anteil an der globalen
Produktion und wie hoch der prozentuale Beitrag
zur Deckung des nationalen Primärenergiebedarfs
PEB ist.
|
Immer noch hängen manche Leute der irrigen Vorstellung
nach, dass die energetische Nutzung von Biomasse " nachhaltig"
sei.Vielleicht ändern sie ihre Meinung, wenn sie lernen,
dass gerade die Länder ( USA
, Brasilien)
mit der weltweit größten Biomassenutzung auch die Länder
sind, welche die klimatischen Folgen am stärksten spüren.
Und folgerichtig hat die USamerikanische
Umweltbehörde (EPA) in einem Bericht
jetzt(2018) entschieden, dass die Produktion von
Biotreibstoffen die Umwelt schädigt.
|
Biomasse hat eben den schwerwiegenden
Nachteil, dass sie nicht in ausreichender Menge für eine
zukünftige Energieversorgung der Welt zur Verfügung
stehen wird. Schon im Jahr 2000 mit einer Weltbevölkerung
von nur 6 · 109 wurden bereits ca.
25% der gesamten Vegetation auf der Erde im
Wesentlichen zur Deckung des Grundumsatzes der Menschheit
benötigt. Steigt die Bevölkerungszahl, muss auch dieser
Anteil weiter steigen,
mit unbekannten Folgen für die Biovielfalt. Es scheint
daher ganz ausgeschlossen, dass auch noch der wesentlich
höhere Primärenergiebedarf, wenn auch nur teilweise, aus
dieser Quelle gedeckt werden könnte. Auf diese
Schlussfolgerung wurde in Energie2 ausführlich eingegangen und die
Rechnung, welche dies am einfachsten verdeutlicht, ist der
Vergleich zwischen dem menschlichen Grundumsatz, dem
zukünftigen Primärenergiebedarf und der zur
Verfügung stehenden Landfläche. Bei diesem Vergleich gehe
ich davon aus, dass der Nutzungsgrad für die Wandlung von
Solarenergie in chemische Energie der Nahrungspflanzen
gleich groß ist wie der für die Wandlung in
Biokraftstoffe. Tatsächlich ist letzterer aber kleiner
als ersterer, was die Nutzung von Biomasse als Ersatz für
fossile Energien zusätzlich erschwert.
|
Im Jahr
2050 werden auf der Erde ca. 1010 Menschen
leben, die einen Primärenergiebedarf von
ca. 2 · 10 14
kWh
a -1,
aber einen Grundumsatz
von nur
ca. 1 · 1013
kWh
a-1
besitzen. Wenn der Nutzungsgrad der heutigen
Landwirtschaft, die auf einer Fläche von 41 · 10 12
m 2 Ackerland im Wesentlichen Biomasse
produziert, fast verdoppelt wird, dann besteht
berechtigte Hoffnung, dass der Grundumsatz auch der
zukünftigen Menschheit auf dieser Fläche gedeckt
werden kann. Und diese Hoffnung ist nicht ganz
unbegründet, denn seit 1950 steigt die globale
Getreidemittelproduktion ( hier und hier), u.U gefördert durch den
Anstieg des CO 2 Anteils in der Atmosphäre.
Ich werde auf diese Vermutung gesondert eingehen. Auf jeden
Fall ist es ein Unding, wenn CO 2 als
"Umweltgift" abgestempelt wird (wie z.B. von dem IPCC), wenn seit
Jahrzehnten bekannt ist und auch nirgendwo geleugnet
wird, dass CO 2 ein Grundbestandteil der Fotosynthese
und damit Grundlage unserer Nahrungsmittelversorgung
ist.
Neben der zur Nahrungsmittelversorgung benötigten
Flächen existieren aber keine weiteren Flächen auf der
Erde, auf denen dann noch einmal eine mehr als 20fache
Menge an Biomasse produziert werden kann, die
zur Deckung des Primärenergiebedarfs der Menschheit
eingesetzt werden könnte. Ganz vergessen wird dabei
oft, dass ein Teil
der Primärenergie, etwa 25%, auch zur Produktion
der Nahrungsmittel für den Grundumsatz benötigt wird.
In Energie2
kamen wir zu dem Schluss, dass sich nicht mehr als 5%
des Primärenergiebedarfs des Jahrs 2050 aus Biomasse
decken ließe, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft
werden, welche die Biomasse samt ihren Folgeprodukten
bietet. Auch neue Technologien, wie die mikrobiologische
Energiewandlung von nichtessbarer Biomasse,
werden an dieser Einschätzung nur wenig ändern. In der
Tat, einer der Pioniere auf diesem Gebiet hat Anfang
2013 eingestanden,
dass er unter heutigen Bedingungen keine
Erfolgsaussichten für diese Technologien erkennen
kann.
|
Dieses Argument gilt dann nicht mehr uneingeschränkt, wenn
man von einem globalen zu einen nationalen und
abgeschotteten Energiemarkt übergeht. Der Anstieg der
Bevölkerungszahlen und des Energiebedarfs vollzieht sich
weitgehend in den we-Ländern.
In den ve-Ländern,
die eine Nahrungsmittelüberproduktion besitzen, kann man
mit einem Primärenergiebedarf rechnen, der trotz der
Steigerung der Bruttoinlandprodukte im Wesentlichen
konstant bleibt, weil auch die Energieeffizienz
in den ve-Ländern
in gleichem Maß zunimmt.
Das hieße, dass man die we-Länder
ihrem Schicksal überließe. Aber eine Politik des
Isolationismus kann eigentlich nur Furcht einflößen. Durch
Isolation werden keine Probleme gelöst, sondern es werden
nur neue geschaffen, wie z.B. ein enormer Anstieg des
Migrationsdrucks von den we-Länder in die ve-Länder. Trotzdem
werden wir uns weiter unten mit mit dem nationalen Markt
für Bioenergie in Brasilien, Deutschland und den USA
auseinandersetzen.
|
Der nationale
Bioenergiemarkt in Brasilien
|
Als Beispiel für den
Einsatz der Biomasse in der Energieversorgung wird sehr
oft das Beispiel "Brasilien" genannt, in dem der Saft von
Zuckerrohr zu Ethanol vergärt wird. Das Ethanol wird dem
Benzin für die PKW beigemischt und verkleinert so die
Abhängigkeit Brasiliens vom Erdöl. In geringerem Maß
stellt Ethanol auch ein Exportprodukt für dieses Land dar.
Eine umfassende Darstellung der Fakten zur Biomassenutzung
in Brasilien findet sich in einer kürzlich herausgegebenen
Studie des Fachbereichs
Wirtschaftswissenschaften
der Freien Universität Berlin. Wir wollen hier nur
einige dieser Fakten besprechen.
Brasilien ist bezüglich des Anbaus von Zuckerrohr und
Sojabohnen wegen seiner geografischen Lage begünstigt. In
weiter nördlich gelegenen Ländern, wie z.B. Deutschland,
müssen diese durch andere Pflanzen, wie z.B. Zuckerrüben,
ersetzt werden. Eine Zusammenstellung der in Frage
kommenden Pflanzen mit ihren Eigenschaften findet man z.B.
in Wikipedia.
Im Gegensatz zu diesen ist Zuckerrohr eine C4-Pflanze,
deren Nutzungsgrad etwa 3mal größer ist als der von z.B.
Zuckerrüben.
Das aus dem Zuckerrohr hergestellte Ethanol lässt sich
allein in Otto-Motoren verwenden, also für den Betrieb von
PKW, die mit diesem Motor ausgerüstet sind. Die
Fahrzeugdichte dieser PKW pro Einwohner beträgt in
Brasilien 0.115 , bei einer Bevölkerungszahl von 178 · 106
ergibt dies eine Gesamtfahrzeugzahl von ca. 2.0 · 107
mit einer mittleren Fahrstrecke von ca. 20000 km pro PKW.
Daher beträgt die gesamte Fahrstrecke aller PKW in
Brasilien l =
4.0 · 1014 m.
Werden die PKW ausschließlich mit Ethanol betrieben, muss
Brasilien ca. 10% seiner landwirtschaftlichen
Produktionsfläche von 5.5 · 1011 m2
für die Ethanolproduktion zur Verfügung stellen, also A = 5.5 ·
1010 m2 . Der Verkauf von solchen
Fahrzeugen ist aber seit 1990 fast vollständig zum
Erliegen gekommen. Heute werden fast ausschließlich
sog. "Fuel-Flex-PKW" verkauft, die mit einer beliebigen
Mischung aus Benzin und Ethanol betrieben werden können,
wobei das normale Mischungsverhältnis 3:1 beträgt. Unter
diesen Umständen beträgt die benötigte Fläche 3.5% der
landwirtschaftlichen Produktionsfläche.
Wichtig ist, wie groß die mit Zuckerrohr bebaute Fläche
ist, die für eine PKW-Fahrleistung von 1 m benötigt wird.
Diese sog. streckennormierte Fläche hat in Brasilien die
Größe
Al = A / l
= 1.38
· 10 -4 m.
So viel zur Biomassenutzung in Brasilien, sie resultiert
in steigenden Klimaproblemen.
Wir werden jetzt diese Informationen in Beziehung setzen
zu den Gegebenheiten in Deutschland und in den USA.
|
Der nationale
Bioenergiemarkt in Deutschland
|
Deutschland besitzt ca. 43
· 106 PKW, die im Mittel eine jährlich
Fahrstrecke von 11500 km zurücklegen. Wir wollen
unberücksichtigt lassen, dass ein Teil dieser PKW, im
Gegensatz zu Brasilien, mit Diesel-Motoren ausgerüstet
ist. Auch für diese PKW, wie auch für die LKW oder Busse,
müsste das Dieselöl z.B. aus Raps erzeugt werden, was die
Frage nach der erforderlichen landwirtschaftlichen
Produktionsfläche zwar kompliziert, die Antwort darauf
aber nur unwesentlich verändert.
Die gesamte Fahrstrecke aller PKW in Deutschland beträgt daher l = 5.0 · 1014
m und ist somit nur unwesentlich größer als die in
Brasilien. Setzt man brasilianische Verhältnisse voraus,
wobei allerdings der Anbau von Zuckerrohr durch den Anbau
von Zuckerrüben ersetzt werden muss, dann beträgt die
erforderliche landwirtschaftliche Produktionsfläche in
Deutschland
A = 3 l Al
= 2.1
· 10 11 m 2.
Der Faktor 3 berücksichtigt, dass bei dem Übergang von
Zuckerrohr auf Zuckerrüben der Nutzungsgrad der Biomasse
um einen Faktor von ca. 1/3 sinkt. Da der
Primärenergiebedarf für die PKW in Deutschland ca. 5.3 ·
1011 kWh a-1 beträgt, muss die
Leistungsflächendichte1), die zur Deckung
dieses Bedarfs benötigt wird, einen Wert von
I = 2.5 kWh a -1
m -2
erreichen. Das entspricht einem Nutzungsgrad von = 0.0025, mit
dem die einfallende Sonnenenergie in die chemische
Energie der Zuckerrüben gewandelt wird, und ist im
Einklang2) mit den Aussagen in Energie2.
Die gesamte landwirtschaftliche Produktionsfläche in
Deutschland beträgt nach den Angaben des Statistischen Bundesamts
nur ca. 1.9 · 1011
m2, ist also geringer als die zur Produktion
von ausreichend Biomasse erforderliche Fläche. Zudem wird
ein Großteil der vorhandenen Fläche für die Deckung des
Grundumsatzes der in Deutschland lebenden Menschen
benötigt. Zur Zeit könnten in Deutschland, wegen der
Lebensmittelüberproduktion in der EU, etwa 1.4 · 1010 m2
landwirtschaftliche Flächen energetisch genutzt werden und
darauf ließen sich nur 6.7% der Menge des benötigten
PKW-Kraftstoffs produzieren. Besteht die Möglichkeit, wie
manchmal angenommen wird, diese Fläche zukünftig auf 4 · 1010 m2
zu erhöhen, dann steigt der Deckungsgrad auf 19.1%, ist
also immer noch weit entfernt von dem Ziel, Deutschland
unabhängig von Erdölimporten zu machen. Ganz zu schweigen
von dem Energiebedarf der anderen Verkehrssektoren,
insbesondere von dem Güterverkehr mithilfe der LKW, die in
Deutschland eine Gesamtfahrstrecke von 0.6 · 1014
m zurücklegen, den Energiebedarf also um mehr als das
1,3fache erhöhen, weil sie pro gefahrenen km mehr
Treibstoff benötigen als ein PKW.
Anhand dieser Überlegungen kann es nur 3
Schlussfolgerungen geben:
- Der Energiebedarf im PKW-Verkehrssektor muss
drastisch reduziert werden (siehe Energie2), entweder durch
eine Verringerung der Gesamtfahrstrecke, oder durch
die Einführung energiesparender PKW, wobei die sog.
Hybrid-Fahrzeuge (sog.
HEV) nur einen sehr
kleinen Schritt auf diesem Weg bilden.
- Deutschland setzt daher eher auf reine
Elektrofahrzeuge (sog.
BEV). Aber auch das ist
keine Lösung: Für die Wandlung von Wind-/Sonnenenergie
in elektrische Energie werden ebenfalls große Flächen
benötigt.
- Deutschland ist angewiesen auf einen globalen,
funktionierenden Energiemarkt. Die Idee, wir könnten
unsere Energieprobleme auf nationaler Ebene lösen,
führt in die Sackgasse.
|
Der nationale Bioenergiemarkt in den Vereinigten
Staaten von Amerika
|
Die USA besaßen, nach
Angaben der BP, im Jahr 2019 einen Primärenergiebedarf von
ca. 2.9 · 1013 kWh a-1,
übertrafen also den Primärenergiebedarf von Deutschland um
mehr als das 8fache. Fast 40% des amerikanischen
Primärenergiebedarfs, also etwa 11 · 1012
kWh a-1, werden mithilfe des Erdöls gedeckt.
Und damit sind die Verhältnisse in den USA vergleichbar
mit den deutschen Verhältnissen. Aber die USA deckten 2019
ihren Erdölbedarf i.W. durch Eigenproduktion (9.8 · 1012
kWh a-1), sie sind also weitaus geringer
von Erdölimporten abhängig als Deutschland, wo praktisch
kein Erdöl gefördert wird. Ich bezweifele aber, dass
dieser Standortvorteil auf Dauer bestehen bleibt: Fossile
Erdölquellen (auch die unkonventionellen)
müssen versiegen. Und dann haben die USA ähnliche Probleme
wie Deutschland schon heute. Werden auch die Lösungen
ähnlich sein?
|
Dazu
muss man sich die Bedarfssektoren für Erdöl
anschauen, wie sie in der Abbildung rechts
dargestellt sind: Der größte Bedarf wird durch den
Sektor Verkehr verursacht. In der gleichen
Abbildung ist auch gezeigt, wie der Sektor Verkehr
gegliedert ist. Von den 76% Anteil, die den
Landverkehr ausmachen, müssen 34% dem Pkw-Verkehr
und 25% dem Verkehr mit leichten LKW zugerechnet
werden. Zu letzterem zählen auch die in den
USA so beliebten SUV ("Sports Utility Vehicle").
Etwa 2/3 der leichten LKW werden, ebenso wie
die PKW, mit Otto-Motoren angetrieben. Die
restlichen 17% beziehen sich auf den Verkehr mit
schweren LKW, die fast ausschließlich mit
Diesel-Motoren angetrieben werden. Aus diesen
Angaben lässt sich ableiten, dass ca.
3.8 · 10 12
kWh
a -1
an Primärenergie
in den USA benötigt werden, um den mit
Otto-Motoren angetriebenen Verkehr aufrecht zu
erhalten.
|
![](3-2-01.gif)
Derzeitige
Struktur des Erdölbedarfs und des
Verkehrssektors in den USA |
Ist
dieser Bedarf für den Verkehr exzessiv? In der
Tabelle rechts ist angegeben, wie groß die Anzahl
der Kraftfahrzeuge in den USA ist, welche
Streckenlänge jedes Fahrzeug im Mittel jährlich
zurücklegt und wie hoch der dabei entstehende
Treibstoffbedarf ist. Die Fahrleistungen sind
ähnlich zu denen in Brasilien und sicherlich höher
als die in Deutschland. Dies liegt natürlich an
den viel längeren Distanzen, die in solch großen
Flächenstaaten wie den USA oder Brasilien
zurückzulegen sind.
|
Fahrzeugtyp
|
Anzahl
|
Fahrleistung
pro Kfz (m a-1)
|
Treibstoffbedarf
(l pro 100 km)
|
PKW
|
140 · 106 |
19.6 · 106 |
10.4
|
leichte LKW
|
85· 106 |
18.3 · 106 |
13.4
|
schwere LKW
|
8 · 106 |
43.6 · 106 |
40.1
|
Der Treibstoffbedarf ist nur wenig höher als der
in Deutschland, wo ein PKW im Mittel eine
Benzinmenge von 8,8 l pro 100 km oder eine
Dieselmenge von 7,3 l pro 100 km benötigt.
|
|
Die Gegebenheiten im
Kraftfahrzeugverkehr der USA sind keineswegs so
verschieden von denen in Deutschland, dass man nicht
versucht sein könnte, die amerikanischen Energieprobleme
dadurch zu lösen, dass man die deutschen Verhaltensweisen
übernimmt, wie es von so manchem Repräsentanten deutscher
Überheblichkeit propagiert wird. Denn auch die Vorschläge,
um diese Probleme zu lösen, sind in beiden Ländern sehr
ähnlich. In einer Senatsanhörung im November 2005 wurden
die amerikanischen Vorschläge wie folgt definiert:
- Energiesparmaßnahmen, die eine Reduktion des
Kraftfahrzeugbestands und seines Energiebedarfs zum
Ziel haben. Letzteres verlangt neue Techniken im
Kraftfahrzeugbau, durch die eine wesentliche
Gewichtsreduktion der Fahrzeuge erreicht wird.
- Förderung des Umstiegs vom Kraftstoff auf Erdölbasis
zu einem auf Alkoholbasis, der sich aus Biomasse
produzieren lässt.
- Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der
Kernenergie mit folgenden Zielen:
- Umstellung des Kraftstoff getriebenen
Individualverkehrs auf einen elektrisch getriebenen
Kollektivverkehr.
- Ersatz von mineralischen Treibstoffen durch
Wasserstoff, der sich mithilfe von Elektrolyse aus
Wasser erzeugen lässt.
Bis auf den 3. Punkt sind diese Vorschläge ähnlich zu den
Überlegungen, die auch in Deutschland angestellt werden.
Aber bieten die USA auch eine Basis, und zwar eine bessere
Basis, für die Verwirklichung dieser Pläne?
|
Wir gehen davon aus, dass die klimatischen Verhältnisse in
den USA nicht sehr verschieden von denen in Deutschland
sind und dass für die Produktion von Ethanol die gleichen
Methoden verwendet werden wie in Deutschland. Nimmt man
als Methode z.B. den Zuckerrübenanbau, dann wird eine
Anbaufläche von
A = 3.8 · 10 12
/ I = 1.5
· 10 12 m 2
benötigt, um den gesamten Treibstoff für die Otto-Motoren
in den USA zu decken.
Die Landoberfläche der USA beträgt ca. 9.2 · 1012 m2,
von denen 3.6 · 1012
m2 als landwirtschaftliche Produktionsfläche
(41% Ackerland und 59% Weide- und Grünland) und 1.6 · 1012 m2
als Waldfläche ausgewiesen sind. Diese Zahlen machen
sofort deutlich:
Die
USA sind einer Lösung ihres Energieproblems auf
nationaler Ebene viel näher als Deutschland.
|
Unter der Annahme, dass die Nahrungsmittelüberproduktion
in den USA, wie im Mittel in allen ve-Ländern, eine
prozentuale Größe von 30% besitzt, könnten die USA schon
heute etwa 70% ihres Ethanolbedarfs auf dieser, im Prinzip
zur Verfügung stehenden Fläche decken. Und weitere
Sparmaßnahmen würden diesen Anteil schnell auf 100%
ansteigen lassen. Die Gründe für diese herausgehobene
Position sind die große Landfläche, die weit
fortgeschrittene Industrialisierung und die geringe
Bevölkerungszahl der USA. Auch bei anderen Formen
erneuerbarer Energien spielen diese Tatsachen eine
bedeutende Rolle und geben den USA einen klaren
Standortvorteil im Energiemarkt gegenüber anderen Ländern,
wie z.B. den Ländern der EU.
Die vorgestellten Ergebnisse machen nur eine Aussage über
die prinzipiellen Möglichkeiten, welche die USA besitzen
und die in dem Lovins-Report3)
des Rocky-Mountain-Institute im Detail diskutiert werden.
Auf diesen Report werden wir an anderer Stelle noch
ausführlicher eingehen. In den USA wurden bis Ende 2008
mehrjährige Erfahrungen mit der Produktion und Verwendung
von Bioethanol gesammelt. Dabei hat sich der anfängliche
Enthusiasmus für diese erneuerbare Energie recht schnell
in tiefe
Skepsis verwandelt. Diese hat ihre Ursache in den
ausgesprochen negativen Eigenschaften von Bioethanol:
- Ethanol ist wasserlöslich. Um reines Ethanol zu
erhalten, muss es von seinem Wasseranteil getrennt
werden, welcher nach der Fermentation immer vorhanden
ist. Dies ist ein Prozess, der sehr viel Energie
erfordert. Außerdem werden dadurch der Transport und
die Lagerung von Bioethanol mithilfe der existierenden
Infrastruktur für Rohölprodukte unmöglich, eine neue
Infrastruktur müsste unter großen Kosten neu errichtet
werden.
- Die
Energiedichte
von Bioethanol ist um ca. 40% kleiner als die von
Benzin. Das bedeutet, Kraftfahrzeuge müssten mit einem
fast doppelt so großen Tank ausgestattet sein, um mit
einer Tankfüllung die gleichen Fahrstrecken zu
bewältigen wie heutige Kraftfahrzeuge.
- Die größten Probleme sind aber wohl ökologischer
Natur. Neben der Verknappung des menschlichen
Nahrungsmittelangebots führt der Pflanzenanbau für die
Ethanolproduktion zu einer Verarmung
landwirtschaftlicher Nutzflächen, verursacht durch die
Reduzierung der
Humusbildung, die Entleerung von
Wasserressourcen und den verstärkten Einsatz von
künstlichen Düngern.
Aufgrund dieser Erfahrungen gibt es in den USA Pläne,
die Produktion von Bioethanol durch die von Biobutanol
zu ersetzen. Denn wenigstens die Punkte 1. und 2. sollten
dann nicht mehr von gleicher Bedeutung sein.
Darüber hinaus kämpfen auch die USA, wie Brasilien,
mit Klimaproblemen,
die sich allerdings hier nicht so einfach mit der
nationalen Biomassenutzung verbinden lassen. Sie könnten
auch auf globale Veränderungen zurückzuführen sein, für
die wir alle verantwortlich sind.
|
1) Wegen
der Konflikte, die zwischen den Worten des alltäglichen
Sprachgebrauchs und denen bestehen, welche die
physikalischen Größen samt ihrer Maßeinheiten eindeutig
definieren, wird auf die entsprechenden Diskussionen in Energie2
verwiesen.
2)
Da der Nutzungsgrad anhand der empirischen Daten von
Brasilien berechnet wurde, berücksichtigt er auch die
Energieanteile, die durch den Anbau und Verarbeitung der
Zuckerrüben entstehen (siehe hierzu auch den folgenden Report).
3) Dieser Report wurde aus dem Internet
genommen, warum wohl? Ersatz findet man hier.
|