Netz-unterstützter Hybridantrieb (PHEV)

Mit dem Netz-unterstützten Hybridantrieb ist ein Hybridfahrzeug gemeint, dessen Akkumulator nicht allein durch die ungenutzte Energie seines Verbrennungsmotors wieder aufgeladen wird, sondern durch den Anschluss an das öffentliche Elektrizitätsnetz. Im Englischen wird dieser Fahrzeugtyp mit der Abkürzung PHEV belegt. Dass die USAmerikanische Regierung im September 2007 beschlossen hat, diesen Typ besonders zu fördern, hat Gründe, die ebenso auch für andere ve-Länder Gültigkeit besitzen. Sie lassen sich in folgenden 3 Hauptpunkten zusammenfassen:
  • Die Abhängigkeit von Erdölimporten muss reduziert werden.
  • Die CO2 Emissionen aufgrund des Individualverkehrs müssen verringert werden.
  • Das Bedürfnis nach individueller Mobilität muss anerkannt werden.
Bei dem letzten Punkt ist zu berücksichtigen, dass dieses Bedürfnis im Wesentlichen durch den städtischen Verkehr innerhalb eines Radius von weniger als 10 km verursacht ist. Um dieses Bedürfnis zu befriedigen, werden keine Kraftfahrzeuge benötigt, die mit einer Tankfüllung eine Wegstrecke von mehr als 500 km zurücklegen können. Vielmehr bietet sich als Lösung ein Elektrofahrzeug an, das aufgrund seiner Akkumulatorkapazität eine Reichweite von 15 bis 60 km besitzt und dessen Akkumulator sich in der Nacht mithilfe des öffentlichen Netzes wieder aufladen lässt, wenn der Bedarf nach elektrischer Energie besonders gering (und daher billig) ist. Um auch bei längeren Wegstrecken nicht plötzlich ohne Antrieb zu sein, muss dieses Fahrzeug als zusätzlichen Antrieb einen Verbrennungsmotor besitzen, dessen ungenutzte Energie dann, wie beim HEV, ebenfalls zur Aufladung des Akkumulators verwendet werden könnte, was die Fahrzeugtechnik allerdings zusätzlich kompliziert.
Das Förderprogramm der USA bezieht sich hauptsächlich auf die Entwicklung der geeigneten Akkumulatoren und der Realisierung dieser komplizierten Antriebstechnik, bestehend  aus zwei Energiewandlungsanlagen, einem Elektro- und einem Verbrennungsmotor, welche elektrische bzw. chemische Energie in kinetische Energie wandeln. Um die Anforderungen an die gewünschte Akkumulatorkapazität zu erfüllen, kommen eigentlich nur zwei Akkumulatortypen in Frage:

1. Der Li-Ion Akkumulator.

Die augenblicklich beim Bau dieses Typs erzielten Ergebnisse sind in der Tabelle unten zusammengefasst1). Dieser Typ ist relativ teuer in der Herstellung, außerdem tauchten in letzter Zeit Spekulationen auf, dass die abbaubaren Li Vorräte auf der Erde zu gering seien, um die Massenproduktion dieses Akkumulatortyps zu gewährleisten. Diese Befürchtung scheint allerdings unbegründet: Die Hälfte der Li Vorräte (ca. 107 t) würden den Bau von mehr als 1 Mrd. Li-Ion Akkumulatoren gestatten, also jeder 10te Erdbewohner könnte im Jahr 2050 einen PHEV besitzen, wenn er sich diesen leisten könnte. Allerdings kann diese Vision auch an den anderen Materialien scheitern, z.B. am Kobalt.

2. Der Pb Akkumulator.

Dieser Typ, allerdings mit einer zu geringen Kapazität, befindet sich heute schon fast in jedem Kraftfahrzeug. Es existiert daher genügend Blei auf der Erde, um die Massenproduktion eines Pb Akkumulators zu gestatten, und dieser Typ ist auch preisgünstig. Allerdings muss seine Kapazität bei gleichem Gewicht um etwa das 5fache vergrößert werden, und die Entwicklungen in diese Richtung scheinen auch erfolgreich zu sein.

In der folgenden Tabelle1) sind die bisher erzielten Ergebnisse für diese beiden Akkumulatortypen zusammengefasst und auch beispielhaft die Firmen angegeben, die sich mit der Entwicklung und dem Bau der Akkumulatoren beschäftigen.



1
2
3
4
5
6
7
Firma
Li-Ion
+
Kobalt
Oxid
0.15 - 0.20


400 - 600
500 - 1000
Tesla2)
Mangan
Oxid
0.11 - 0.12 270

1200 LGchem
Eisen
Phosphat
0.095 - 0.14
170

600 - 1400
> 2000
Valence
A1233)
-
Nano
Titanate
0.09

87 - 95
1000 - 2000
9000 - 15000
Altair
Ener1
Si Nano-
drähte
0.5




Stanford
university4)

Polymer
0.13 - 0.2
300

> 3000
200
YOK
Hyperpower
Pb
+
-
C Nano-
röhrchen
0.1
200
> 90
200 - 400
> 2000
Firefly
Benzin
12
11
30




1: Modifikation der Anode (+) bzw Kathode (-)
2: Anoden- bzw Kathodenmaterial
3: Spezifische Energie in kWh kg-1
4: Energiedichte in kWh m-3
5: Nutzungsgrad in %
6: Herstellungskosten in US$ kWh-1
7: Anzahl der erlaubten Auf- und Entladezyklen
Übersicht über die wichtigsten Akkumulatortypen, welche bei der Realisierung des PHEV-Konzepts eine Rolle spielen könnten. In der letzten Zeile dieser Übersicht befinden sich zum Vergleich die entsprechenden Daten für den chemischen Energieträger Benzin.

Die letzte Zeile in der obigen Tabelle zeigt die relevanten Daten für Benzin, dem heute fast ausschließlich verwendeten Treibstoff in Verbrennungsmotoren. Falls der Treibstoffbedarf des "Prius" von Toyota zugrunde gelegt wird (0.07 l km-1), dann müssten bei einer maximalen Reichweite von 60 km die heute in der Entwicklung sich befindenden Akkumulatoren folgende Größenordnungen besitzen:
  • Energiekapazität = 1.5 kWh
  • Akkumulatormasse = 15 kg
  • Akkumulatorvolumen = 7.5 l
  • Herstellungskosten = 3000 US$
  • Akkumulatorlebensdauer = 5 a - 8 a
Dies sind Werte, welche die Einführung des PHEV Konzepts im städtischen Individualverkehr keineswegs ausschließen, wenn man einmal von den etwas überhöhten Herstellungskosten für die Akkumulatoren absieht. Und diese Aussicht hat wahrscheinlich die USAmerikanische Regierung auch dazu bewogen, das PHEV Konzept jetzt mit einem besonderen Programm zu fördern. Und in der Tat: Auf der Automobilausstellung 2008 in Detroit/USA wurde ein PHEV vorgestellt, der gekauft werden kann, nachdem die Zulassung erteilt wurde.

Es ist daher nicht überraschend, dass sich sehr schnell fast alle japanischen Automobilhersteller an der Eroberung des PHEV Markts beteiligt haben. Deutsche Firmen benötigen längere Entwicklungszeiten, sind aber dann, wie im Automobilbau gewohnt, besonders innovativ. Der Maßstab wird z.Z. vorgegeben durch den VW XL1 mit folgenden Fahrzeugdaten:
Antrieb:
35 KW (48 PS) 2-Zylinder Turbodiesel
20 kW Elektromotor
7-Gang Direktschaltgetriebe
Hinterachsantrieb
Höchstgeschwindigkeit:
160 km/h
Beschleunigung:
0 - 100 km/h in 11.9 s
Leergewicht:
795 kg
Verbrauch:
0.9 L/100 km
Tankinhalt:
10 L Diesel
CO2 Emissionen:
25 g/km
Ausstattung:
Karbonfaserzelle und -karosserie
Aluminiumräder
Elektrische Scheibenheber
GPS Navigation
Klimaanlage
Preis:
geschätzt ca. 42000 €
Die geringen CO2 Emissionen dieses Fahrzeugs sind beeindruckend und bemerkenswert. Denn dass bei einem PHEV die elektrische Energie aus der Steckdose kommt, bedeutet ja noch nicht, dass dieses Auto einen geringen Energiebedarf besitzt oder emissionsfrei ist, auch wenn der Nutzer die Emissionen nicht bemerkt. Die Emissionen des VW XL1 ließen sich sicherlich noch weiter reduzieren, wenn Biodiesel als Treibstoff verwendet wird. Damit ergibt sich auch eine Alternative zu einem reinen EV Fahrzeug, die wahrscheinlich billiger ist und eine größere Reichweite besitzt. Aber Leuten, die auf reine EV Fahrzeuge setzen, gefällt das natürlich nicht. Daher hat mein ein neues Schreckgespenst aus dem Hut gezaubert: Die Produktion von Stickoxiden(NOx) durch den Dieselmotor. Man muss tatsächlich an ein Gespenst glauben, wenn man die Faktenlage dazu hier und hier studiert.


1) Die Daten in dieser Tabelle wurden mithilfe umfangreicher Recherchen im Internet gewonnen. Sie sind wahrscheinlich mehr repräsentativ als genau, denn die Firmen, welche die Entwicklung und den Bau von Akkumulatoren betreiben, publizieren meistens nicht die wirklichen Daten bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Entwicklung abgeschlossen und das Produkt auf dem Markt ist. Eine gute Übersicht über die z.Z. gängige Typen von Li-Ionen-Akkumulatoren findet man z.B. hier.
2) Diese Akkumulatoren wurden eigentlich für mobile Kleingeräte (smartphone, etc) entwickelt, Tesla packt ca. 7000 von ihnen in seine Autobatterie und hat dafür eigens ein Unternehmen gegründet.
3) Diese Firma zur Herstellung von PKW-Akkumulatoren ist 2012 in Konkurs gegangen.
4) Bei diesem Li-Ion Akkumulatortyp handelt sich um ein reines Forschungsprojekt mit einer Entwicklungszeit von mindestens 5 Jahren.