Das Elektrofahrzeug (EV)

Zur Zeit (2010) scheint sich anzudeuten, dass ein wesentlicher Fortschritt in der Akkumulatorentwicklung für Elektrofahrzeugen nur bei den Lithium-Polymer-Akkus (LiPo)  erwarten werden kann. Dass das Alkalimetall Li als chemisch aktive Substanz besonders geeignet ist, ist nicht überraschend: Es steht in der elektrochemischen Spannungsreihe am weitesten links auf der negativen Seite, d.h. es verliert besonders leicht Elektronen gemäß der Reaktion
Li -> Li+ + e-.

Bei den meisten LiPo-Akkus wird auf der Anodenseite das Lithium in eine Grafitmatrix eingebettet. Besonders leistungsstark scheinen aber Akkus zu sein, wenn die Anode (meistens  Kupfer) mit reinem Lithium beschichtet wird. Derartige Akkus werden als LMP-Akkumulatoren (Lithium-Metall-Polymer) bezeichnet. Die Elektroden werden geladen mithilfe einer elektrochemischen Reaktion, wie z.B.
Anode (Cu):
xLi
 ->
xLi+ + xe-
Separator:
Li+ leitend


Kathode (Al):
Li1-xCoO2 + xLi+
->
LiCoO2 - xe-
Als Li+ leitender Separator wird ein Polymerelektrolyt verwendet, z.B. Polyethylenoxid. Der LMP-Akku ist daher ein Feststoffakkumulator. Seine Vorteile sind, dass er ausschließlich aus Werkstoffen besteht, die leicht erhältlich und ungefährlich für unsere Umwelt sind. Außerdem ist dieser Typ der  LiPo-Akkus sehr betriebssicher, auch dann, wenn er beschädigt wird. Der Separator wird im allgemeinen aber erst bei höheren als der Zimmertemperatur leitend. Der Akku muss in diesem Fall geheizt werden und sein Speicherwirkungsgrad nimmt ab.
Bis 2021 wurden LiPo-Akkus für in der EU verkaufte EVs in wesentlichen in Korea und Japan hergestellt: Z.B. hatten der Renault ZOE, der VW ID.3 und der Audi e-tron alle Akkus des koreanischen Herstellers LG, der Akku des Tesla Model 3 wurden vom japanischen Hersteller Sumitomo geliefert. In Zukunft soll sich das ändern. In Deutschland allein sollen Werke in Grünheide (Tesla), Salzgitter(Notrhvolt Zwei), Bitterfeld(Farasis), Erfurt(CATL), Kaiserslautern(ACC) und Überherrn(SVOLT Energy) entstehen. Denn bisher wurde der Markt für derartige Akkumulatoren in Europa offensichtlich beherrscht von nur 2 Herstellern, Bastcap in Frankreich und DBM1) in Deutschland, deren Entwicklungsarbeiten besonders auf den EV-Sektor zielten. Die für diesen Sektor kritischen Daten sind in der Tabelle unten zusammengestellt.
Hersteller gespeicherte
Energie (kWh)
spez. Energie
(kWh kg-1)
Temperatur
(oC)
Lade/Entlade-
Zyklen
Fahrtstrecke
pro Zyklus (km)
Bascap 30
0.10
60 - 80
3300
200
DBM
99
0.30
Umgebung?
2500
600
Über die Kosten für diese Akkumulatoren ist nichts bekannt, man kann bei  Akkumulatoren auf Li Basis aber wohl mit 100 € pro gespeicherter kWh rechnen. Die Besonderheit von DBM scheint zu sein, dass es dieser Firma gelungen ist, einen Separator zu entwickeln, der schon bei Umgebungstemperatur für Li+ Ionen sehr gut leitend ist. Und dieser Akkumulator besitzt eine extrem große spezifische Energie. Natürlich lässt die angegebene Fahrtstrecke von 600 km bei einer Akkumulatorfüllung aufhorchen. Aber diese Angabe lässt sich anhand eines Beispiels nachprüfen.

Als Beispiel habe ich den Audi A2 gewählt, der auch von DBM bei der Fahrt von München nach Berlin benutzt wurde. Die minimale Leistung, die der Akkumulator erbringen muss, wird benötigt, um den Fahrwiderstand ( Luftwiderstand Fw und Rollwiderstand FR) zu überwinden2).
  • Luftwiderstand: = 0.4 v2 N (Newton mit [v] = m s-1)
  • Rollwiderstand: = 185 N (Newton)
Die Zahlenangaben wurden aus den Herstellerdaten berechnet, der Fahrwiderstand nimmt mit der Fahrgeschwindigkeit v quadratisch zu.
Aus dem Fahrwiderstand ergibt sich die minimal3) zu erbringende Leistung Pmin :
Pmin = (Fw + FR) v,
welche mit der gespeicherten Energie W verglichen werden muss:
Pmin = (W/R) v ->
Fahrstrecke R = (W/Pmin) v.    (1)
Falls in dieser Beziehung für W die Einheit kWh, für Pmin die Einheit kW und für v die Einheit km h-1 gewählt werden, ergibt sich R mit der Einheit km. Das Ergebnis für W = 99 kWh, in Abhängigkeit von v, ist in der Abbildung rechts dargestellt.

Die Abhängigkeit der Fahrstrecke von der Fahrgeschwindigkeit bei minimaler Leistungsabgabe eines elektrischen Audi A2
Nach dieser Abbildung ist es nicht ausgeschlossen, dass der Audi A2 mit dem oben spezifizierten DBM-Akkumulator in der Tat die Strecke München - Berlin (600 km) ohne erneute Aufladung geschafft hat. Natürlich bei Geschwindigkeiten v < 100 km/h und ohne zusätzliche Ausstattung - z.B. darf die Klimaanlage bei dieser Fahrt nicht eingeschaltet gewesen sein.

Die Beziehung (1) macht eindeutige Aussagen darüber, welche Anforderungen das Elektroauto der Zukunft wird erfüllen müssen, um eine Fahrstrecke von mehr als 500 km zu erreichen:
  • Die Akkumulatorkapazität muss von der Größenordnung 100 kWh sein und der Preis für den Akkumulator sollte 50 € pro kWh nicht überschreiten,
  • die zu erbringende Leistung muss minimal sein (möglichst geringer Fahrwiderstand und wenig zusätzliche Leistung für den Fahrkomfort),
  • die Fahrgeschwindigkeit wird nur in der Größenordnung von 100 km/h liegen.
Ganz unabhängig davon gilt natürlich, dass ein Elektroauto seinen Energiebedarf  auch decken muss, es bezieht seine Energie nur aus einer anderen Quelle als von der Benzinsäule. Über die Aussicht, dass das Elektroauto schon bald Realität werden könnte, wird nicht jeder glücklich sein. Denn für den Lebensstil der Menschen bedeutet dies ein "weiter so", obwohl die zu erwartende Energieverknappung eigentlich die Veränderung des gewohnten Lebensstils erfordert.


1) Offensichtlich existiert diese Firma nicht mehr - ein weiteres Beispiel für die unlauteren Geschäftspraktiken in dieser Branche für erneuerbare Energien.
2) Die Bedeutung der Symbole, die in den folgenden Beziehungen verwendet werden, sind in Energie2 erklärt.
3) Dies gilt für die Fahrt auf einer Ebene und bei Windstille. Bei der Fahrt auf einer Steigung mit Steigungswinkel muss die folgende Beziehung erweitert werden zu Pmin = (Fw + k FR) v
mit . Da immer  k > 1 für 0o < < 90o, muss bei konstantem Pmin die Geschwindigkeit auf der Steigung kleiner werden.