Teersände in Kanada

1. Vorkommen

Die größten Lagerstätten für Teersände befinden sich in
  • Venezuela (Orinocco-Becken mit einer Mächtigkeit von 2.8 · 1015 kWh, welches z.Z. allerdings noch nicht ausgebeutet wird),
  • Kanada (Athabaska-Becken mit einer Mächtigkeit von 2.6 · 1015 kWh, welches z.Z. in großem Umfang abgebaut wird).
Man schätzt, dass die weltweiten Lagerstätten insgesamt eine Mächtigkeit von 8.4 · 1015 kWh besitzen. Selbst wenn nur 10% davon abgebaut werden könnte, würde das trotzdem etwa 50% der im Jahr 2000 noch vorhandenen Erdölvorräte entsprechen.

Im Athabaska-Becken haben die Lagerstätten i.A. eine Dicke von 50 m und ruhen auf einer Schicht von Tonerde. Ihre Tiefe ist unterschiedlich: Flache Lagerstätten beginnen bereits bei einer Tiefe von nur 30 m und sind bedeckt von einer Humusschicht, auf der meistens unbewirtschaftete Urwälder wachsen.


Die Teersandvorkommen im Athabasca-Becken der Provinz Alberta/Kanada.

Der eigentlich interessante Bestandteil der Teersände ist das Bitumen, ein Gemisch aus verschiedenen Kohlenwasserstoffen, deren Moleküle eine hohe Anzahl des Kohlenstoffatoms enthalten, auf jeden Fall mehr als im normalem Erdöl vorhanden sind, wo die Moleküle nur 5 bis 20 Kohlenstoffatome enthalten. Die große Anzahl der Kohlenstoffatome verursacht die abweichenden physikalischen Eigenschaften des Bitumens: Dieses besitzt eine sehr große Viskosität und ist bei einer Temperatur von 15 oC praktisch nicht mehr flüssig, im Gegensatz zu Erdöl. Daher kann das Bitumen nicht so ohne Weiteres durch ein vertikales Bohrloch gefördert oder abgepumpt werden, der Abbau ist wesentlich aufwändiger. Die Firmen, die daran seit dem Jahr 2002 beteiligt sind, sind mehrheitlich Shell, ConocoPhillips, Chevron und ExxonMobil, also die privatwirtschaftlichen Firmen, welche auch an der Erdölförderung beteiligt sind.

2. Abbau und Verarbeitung

Die Abbaumethode richtet sich nach der Tiefe der Lagerstätte. Sehr flache Lagerstätten können im Tagebau abgebaut werden. Dazu muss vorher die bewaldete Oberschicht entfernt werden (der Wald muss also gerodet werden), bevor man zu dem Teersand vorstößt, der dann mit Baggern abgeräumt wird. Das Bitumen (ca. 10% des Volumens des Abraums) wird aus dem anderen Material mithilfe von heißem Wasser ausgewaschen und anschließend abgeschöpft. Bei diesem Prozess entsteht eine große Menge von verunreinigtem Wasser, das nicht entsorgt werden kann (siehe später).

Liegt die Lagerstätte so tief, dass der Tageabbau unmöglich ist, wird das Bitumen gewöhnlich mithilfe einer horizontalen Bohrung gefördert, analog zur Erdölförderung. Allerdings muss es vorher erhitzt werden, um seine Viskosität zu reduzieren. Dies geschieht mithilfe von Heißdampf bei ca. 200 oC, welcher durch eine parallel, aber höher gelegene Horizontalbohrung strömt. Das Bitumen kann dann aufgrund seines Gewichts in die darunter gelegene Bohrung fließen und abgepumpt werden. Dieses Verfahren wird SAGD (steam assistet gravity drainage) genannt, es ist ein relativ teures Verfahren. Als billigeres Verfahren wurde vor Kurzem von der Universität Bath/England eine Methode entwickelt, bei dem die Verflüssigung des Bitumens durch den teilweisen Abbrand des Bitumens selbst erfolgt. Damit für den Abbrand genügend Sauerstoff vorhanden ist, wird dieser durch vertikale Bohrlöcher in den Teersand gepresst. Zur Zeit befindet sich dieses Verfahren noch in der Erprobungsphase.

Als nächstes muss das verflüssigte Bitumen dann zu einem  Erdöl ähnlichen Produkt (Syntheseöl) aufbereitet werden. Dies geschieht schon in der Nähe des Abbaugebiets in "Crackern", in denen katalytisch bei einer Temperatur von ca. 500 oC die Anzahl der Kohlenstoffatome in den Kohlenwasserstoffen reduziert wird. Das Syntheseöl kann in Rohrleitungen transportiert werden, seine Verarbeitung zu Benzin oder Diesel geschieht dann in Raffinerien, die sich, ähnlich wie beim Erdöl, in der Nachbarschaft der Abnehmer befinden.

Die Verarbeitung der Teersände erzeugt einen hohen Energiebedarf, unabhängig von der Abbaumethode. Dieser Bedarf entspricht etwa 15% der abgebauten Energie im Fall des Tagebaus und bis zu 25% im Fall der SAGD-Technik. Zur Zeit wird dieser Energiebedarf meistens durch Erdgas gedeckt, welches daher in der Nähe des Abbaugebiets vorhanden sein muss. Es wird geschätzt, dass bereits 2012 der Erdgasbedarf so hoch sein wird, dass die Menge ausreichte, um alle Privathaushalte in Kanada mit Heizenergie zu versorgen. Daher existieren auch Pläne, anstelle von Erdgas für den Teersandabbau die Kernenergie zu verwenden, d,h. neue Kernkraftwerke in der Nachbarschaft der Lagerstätten zu errichten.

3. Umweltrisiken

Schon erwähnt wurde, dass beim Tageabbau der Teersände große Mengen an verschmutzten Wasser entstehen, welches neben der Ölverunreinigung auch mit Quecksilber und anderen Umweltgiften belastet ist. Dieses Wasser kann nicht in den Athabasca abgeleitet werden, es muss in künstlichen Becken aufgefangen werden. Jährlich entstehen z.Z. etwa 450 · 106 m3 des belasteten Wassers. Damit sich nicht Vögel zufällig mit diesem Wasser vergiften, werden sie mithilfe von automatischen Schussanlagen am Anflug zu den Auffangbecken gehindert. Trotzdem gibt es Anzeichen, dass das giftige Wasser durch den Untergrund in andere Seen gelangt. Unter der indianischen Urbevölkerung (Chipewyan und Cree), welche dort vom Fischfang lebt, treten jedenfalls seit einiger Zeit eine hohe Anzahl von selten vorkommenden Krebskrankheiten auf.

Weiterhin verursacht der hohe Energiebedarf, der beim Abbau der Teersände entsteht, auch erhöhte CO2 Emissionen. Verglichen mit dem im Verkehr eingesetzten Erdöl, erhöhen sich bei der Verwendung von Teersänden als Basis der Treibstoffe die Emissionen um das bis zu 1.4fache. Projiziert in die Zukunft wird erwartet, dass bis zum Jahr 2100 eine zusätzliche Menge von ca. 2· 1014 kg an CO2 in die Erdatmosphäre entlassen wird. Auch das ist einer der Gründe, warum Erdgas durch Kernenergie ersetzt werden soll. Denn Kanada hat das Kyoto-Protokoll unterschrieben und sich verpflichtet, bis zum Jahr 2012 seine CO2 Emissionen um 6% zu reduzieren. Tatsächlich aber haben sie allein im Jahr 2002 um 24% zugenommen. Und das von Kanada beschlossene Konzept für seine zukünftige Energieversorgung hat zur Folge, dass die Emissionen bis 2020 weiter zunehmen werden.