Ländervergleich: Brasilien





Wie bei allen hier betrachteten Schwellenländern, trägt auch im Falle Brasiliens die elektrische Energie aus Wasserkraftwerken die Hauptlast an der Versorgung mit erneuerbaren Energien, siehe Abbildung rechts mit logarithmischer Ordinate. Dieser Beitrag nimmt prozentual aber ständig ab, was eigentlich nur durch eine wachsende Wasserknappheit in Brasilien erklärt werden kann.

Von weit geringerer Bedeutung ist die elektrische Energie aus der Wandlung von Biomasse, wobei es sich überwiegend um die Verbrennung von organischen und anorganischen Abfallstoffen handelt. Bei allen Schwellenländern liegt dieser Anteil bei nur wenigen Prozenten. Dagegen ist überraschend, dass die Nutzung der Windkraft im Falle Brasiliens zunächst eine derart geringe Bedeutung besaß, seit 2010 aber stark angewachsen ist.

Die prozentualen Anteile verschiedener Energieträger an der Versorgung Brasiliens mit erneuerbaren Energien im Zeitraum von 2000 bis 2018. Die Daten wurden den Veröffentlichungen der EIA und der BP entnommen. Der Sektor Biomasse enthält auch Beiträge von der Geothermie, die in Brasilien aber praktisch bedeutungslos ist.
Weiterhin ist es überraschend, das die Wandlung der Solarenergie (Fotovoltaik und thermische Solarkraftwerke) fast  überhaupt keinen Beitrag liefert, obwohl Brasilien ein Land mit hoher Sonneneinstrahlung ist. Aber Brasilien befindet hier in guter Gesellschaft: Auch weltweit war dieser Beitrag bis 2019 vernachlässigbar klein.

Dass Brasilien innerhalb der we-Länder die Führungsposition in der Nutzung erneuerbarer Energien einnimmt, beruht auf dem außergewöhnlich starken Ausbau der Anlagen zur Produktion von Biokraftstoffen (Ethanol und Diesel), auf den bereits im Kap. 3.2 eingegangen wurde. Aber die Gefährlichkeit dieser Entwicklung sollte nicht verkannt werden: Die Produktion von Biokraftstoffen erfordert die Bereitstellung von entsprechend großen landwirtschaftlichen Nutzflächen, die wahrscheinlich nur mithilfe der Rodung des Regenwalds im Amazonasbecken geschaffen werden konnten. Zwar wird dies von der brasilianischen Regierung bestritten, aber unabhängige Quellen bestätigen diese Entwicklung. Denn an der prinzipiellen Gültigkeit der Beziehung
mehr Biokraftstoff --> mehr Landwirtschaftsfläche
kommt auch die brasilianische Regierung nicht vorbei, sie ist Ausdruck eines Naturgesetzes. Und dieses verlangt, dass (neben der Fläche selbst) auch eine ausreichende Wasserversorgung der Energiepflanzen gewährleistet sein muss: Ein Regengebiet mit einer Anzahl von großen Flüssen bietet hierfür ideale Bedingungen. Allerdings fehlt das Wasser dann in den Wasserkraftwerken (siehe oben).

Daher kann man durchaus daran zweifeln, ob die brasilianische Entwicklung zukunftsfähig und beispielhaft ist: Die Bevölkerungsdichte in Brasilien beträgt nur etwa 2.2 · 10-5 m-2, die in Deutschland dagegen 2.3 · 10-4 m-2, ist also mehr als 10mal so groß. Sollte das brasilianische Modell tatsächlich einen Blick in die Zukunft der Welt erlauben, kann man nur erschrecken vor dem, was erkennbar ist:
  • Ein Rückgang der Biodiversität in der Welt.
  • Ein Rückgang der Bevölkerungszahl in der Welt.