Hinter der
Abkürzung EROI
verbirgt sich das Verhältnis "energy recovered over
invested (energy)", also ein Parameter, der angibt, wie
viel Energie benötigt wird, um eine gegebene Energiemenge
zu wandeln bzw. zu Verfügung zu stellen. In deutscher
Sprache ist dies - einfach ausgedrückt - das Verhältnis
von Nutzenergie zu Energieaufwand. Insofern ist dieser
Parameter eng verwandt zu dem physikalischen Begriff des
Wirkungsgrads , siehe energie2.
Dieser Begriff ist allerdings eindeutig definiert und hat,
gemäß des 2. Hauptsatzes der
Thermodynamik (Entropiezunahme) immer einen Wert < 1.
Dagegen erwartet man für das EROI Verhältnis einen
Wert EROI > 1 und das steht zunächst im
Widerspruch zum 1. Hauptsatz der
Thermodynamik (Energieerhaltung). Und entsprechend
ist seine Definition auch keineswegs so eindeutig, denn
was bedeuten "recovered" und "invested"? Erst der in der
amerikanischen Literatur angegebene Wertebereich 1 < EROI < lässt eine eindeutige
Definition zu: Wenn für die Energie W = W0 + W1 gilt,
dann muss
EROI = W/ W1
sein und
W = "energy
recovered",
W1
= "energy invested",
W0
= "net energy" (= Energiegewinn).
Eigentlich sollte das EROI-Verhältnis
bei
der Behandlung von zukünftigen Energieproblemen nicht
diese Bedeutung besitzen, welche ihm in der amerikanischen
Literatur zugeschrieben wird, siehe z.B. den Beitrag von
Tom Murphy. Dies gilt dann, wenn bei der Berechnung
des Primärenergiebedarfs die Energie W verwendet wird, wie
das in meinen Prognosen
geschieht. Auf der anderen Seite wird aber offensichtlich
statt dessen die Beziehung1)
PEB = W0(i)
verwendet, wobei mit W0(i) die
verschiedenen Formen i
der uns zur Verfügung stehenden "net energy" bezeichnet
werden. Falls diese Formen in 2 Klassen, fossile und
erneuerbare Energien, eingeteilt werden, gilt also
PEB = W0(foss)
+ W0(ernb).
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(1)
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Die
Eigenschaften der EROI-Verhältnisse
in diesen beiden Klassen sind recht verschieden. Der Grund
liegt im Wesentlichen an der Energie W1, die
investiert werden muss, um eine Energiequelle zu nutzen.
Bei festem W0
ist W1
heute noch für
erneuerbare Energien wesentlich größer als für fossile
Energie, besonders dann, wenn im 1. Fall auch die
Notwendigkeit der Energiespeicherung in die Rechnung
einbezogen wird.
- Fossile Energie: Das EROI(foss) Verhältnis
hat i.A. einen Wert EROI(foss)
> 10 und W1(foss)
muss mit einem gewissen Anteil während der gesamten
Betriebsdauer
einer Anlage
zur Verfügung stehen.
- Erneuerbare Energien: Das EROI(ernb) Verhältnis hat
i.A. einen Wert EROI(ernb)
< 10 (mit Ausnahme der Wasserkraft) und W1(ernb)
muss im Wesentlichen nur bei der Installation
einer Anlage zur Verfügung stehen.
Falls in der
Gleichung (1) die Energie W0
durch die tatsächlich in der Natur vorhandene
Energie W
ersetzt werden soll, so findet man
W0
= W
- W1
= W
(EROI-1)/EROI
= W
.
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(2)
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Den Parameter bezeichne
ich als Wertigkeit
der Energie, sie ist in diesem einfachen
Fall allein abhängig von dem EROI-Verhältnis.
Die Abhängigkeit ist in der rechten Abbildung
dargestellt, allgemein gilt im Wertebereich des EROI-Verhältnisses
0
<
< 1.
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(3)
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Die Werte von nahe 0
ergeben sich aber nur für kleine Werte von EROI, schon
ab EROI >10
gilt > 0.9
und das ist ungefähr auch die untere Grenze,
welche die Wirtschaftlichkeit
einer Energiequelle kennzeichnet.
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Die Abhängigkeit
der Energiewertigkeit von dem Parameter
EROI.
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Die Wertigkeit ist ein entscheidender Parameter, um die
Nutzbarkeit einer Energieform zu quantifizieren. Sie ist
nicht nur eine Funktion von EROI, sondern abhängig auch von
weiteren Eigenschaften einer Energieform W(i), welche
die in Gleichung (3) angegebene obere Grenze durchaus
verändern werden. Einflüsse werden entstehen durch die
Abhängigkeit:
- Von der Stellung von W(i) in der
Versorgungskette.
Erneuerbare Energien repräsentieren oft eine Form von
Endenergie EEB,
ausgedrückt durch den Nutzungsgrad der Wandlung PEB -> EEB.
- Von der
Energiedichte
von W(i).
Erneuerbare Energien haben oft eine extrem geringe
Energiedichte.
- Von der
Speicherfähigkeit
von W(i).
Erneuerbare Energien lassen sich oft nur schwer
speichern.
Während Punkt 1 den Wert von (ernb) vergrößert, wird
er durch die Punkte 2 und 3 stark verkleinert. Wie alle
diese Abhängigkeiten mathematisch in die -Funktion eingeführt werden
müssen, ist bisher nicht untersucht, so weit ich die
entsprechende Literatur überblicke. Aber man geht i.A.
davon aus, das (foss) in Zukunft
abnehmen wird, weil die Extraktion der verbliebenen
fossilen Energieträger immer aufwändiger wird. Auf der
anderen Seite wird (ernb) aufgrund
technischer Innovationen zukünftig ansteigen.
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Interessant werden diese
Überlegungen natürlich im Zusammenhang mit der Frage:
Wie groß muss der Beitrag
erneuerbarer Energien werden, um unseren
Primärenergiebedarf auch dann zu decken, wenn zukünftig
der Beitrag der fossilen Energien immer geringer wird?
Der
Beitrag lässt sich mithilfe der Gleichung (1)
berechnen zu
W(ernb)
= (PEB
- W(foss)
(foss))/ (ernb),
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(4)
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wenn die zeitliche Abhängigkeit t der
Wertigkeiten bekannt ist. Die Gleichung (3) setzt
aber dem funktionalen Zusammenhang sehr enge
Grenzen, die einfachsten Annahmen lauten
(foss)
= exp(- at)
mit a
> 0,
(ernb)
= 1 - b
exp(- at)
mit 0 < b
< 1.
Von PEB
wissen wir aus den Daten, dass sich
dieser Bedarf in den nächsten 50 a etwa
verdoppeln wird. Dagegen wird W(foss)
abnehmen und diese Abnahme, nach Erreichen des
Maximums, ist exponentiell, wenn die
Gültigkeit eines epidemischen
Wachstums angenommen wird. In der
rechten Abbildung sind diese Zusammenhänge
grafisch dargestellt.
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
Die zeitlichen
Abhängigkeiten des Primärenergiebedarfs PEB und
von W0(foss), normiert auf 100
für t = 0 (linke Skala). Die zeitlichen
Abhängigkeiten der Wertigkeiten
(foss) und
(ernb)
(rechte Skala).
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Unter diesen Voraussetzungen müsste der Beitrag
erneuerbarer Energien nach 50 a größer sein als der
Primärenergiebedarf selbst zu diesem Zeitpunkt. Und das,
obwohl sich unsere Verfügbarkeit über fossile Energien W(foss)
während dieses Zeitraums nur um 46% verringert hat, wie
sich aus meinen Prognosen
ergibt. Grund ist offensichtlich der Einfluss der
Wertigkeiten (foss) und
(ernb),
der in meinen Prognosen zwar nicht direkt berücksichtigt
wurde, aber indirekt in die Berechnung des möglichen W(ernb) mit
einging. Wer daher daran zweifelt, dass die zukünftige
Energieversorgung uns mit einem essentiellen Problem
konfrontiert, hat jetzt eine definierte Aufgabe vor sich:
Er muss zeigen und begründen, welche zeitlichen
Abhängigkeiten die Funktionen PEB, W(foss)
und (foss)
bzw. (ernb)
in Zukunft haben werden, und wie die Leistungen,
finanziell und materiell, erbracht werden können, um die
notwendigen Anlagen zur Wandlung von W(ernb) zu
errichten.
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Durch die Analyse der Energiewertigkeiten (foss)
und (ernb) wird also
erkennbar, welche Schwierigkeiten zu überwinden sind, um
eine zukünftige Energieversorgung allein auf der Basis
erneuerbarer Energien aufzubauen, falls dies überhaupt
möglich ist. Dieses Ergebnis ergibt aber nicht nur diese
Analyse, sondern es folgt schon aus der Berechnung der EROI-Verhältnisse,
wenn diese vollständig und korrekt vorgenommen wird2).
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Die einfache Annahme, dass ein Verhältnis EROI > 1 allein
schon ausreiche, um eine Versorgungstechnik praktikabel zu
machen, ist in einer neueren Veröffentlichung
hinterfragt worden. Diese untere Grenze ist vielleicht
physikalisch begründbar, um wirtschaftliches Wachstum zu
erzeugen, muss die untere Grenze aber bei EROI > 7 liegen.
Untersucht man darauf hin die verschiedenen
Versorgungstechniken auf der Basis erneuerbarer Energien,
kommen die Autoren zu folgenden Ergebnissen für den Standort
Deutschland:
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Foto-
voltaik
|
Biomasse
|
Wind
|
konz.
Solar
|
Wasser
|
EROI
ungesp.
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3.9
|
3.5
|
16
|
19
|
49
|
EROI
gespeich.
|
1.6
|
3.5
|
3.9
|
9
|
35
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Die EROI-Verhältnisse von erneuerbaren
Energien für Deutschland und für
die 2 Fälle, dass die gewandelte
elektrische Energie nicht gespeichert (obere
Zeile) oder zwischengespeichert (untere Zeile)
wird.3)
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Die Segmente "konzentrierte
Solarenergie" und "Wasserenergie" stellen für
Deutschland keine wirkliche Option dar, weil
einerseits der Anteil der direkten
Sonnenstrahlung, andererseits die Menge der
Fließwässer aus größeren Höhen zu gering ist.
Eigentlich verfügt Deutschland nur über die
Option "Windenergie", wenn die daraus gewandelte
elektrische Energie nicht zwischengespeichert
werden muss.
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Das muss aber geschehen wegen der natürlichen
Energiefluktuationen, wenn man auf den Einsatz fossiler
Energien, insbesondere der Kernenergie, dauerhaft
verzichten will.
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1) Die
Beziehung PEB =
W bzw. PEB = W0 geht
von der Voraussetzung aus, dass (nach ökonomischem
Sprachgebrauch) die Nachfrage PEB im Gleichgewicht ist zum Angebot W bzw. W0. Dies
wird in diesem Kapitel vorausgesetzt, obwohl meine
Prognosen in energie2 zeigen,
dass in Zukunft PEB
> W bzw. PEB > W0 gelten
wird, wenn die wirtschaftliche Entwicklung sich so
fortsetzt, wie wir es erwarten und fordern.
2) Dies scheint in der Tat ein Problem
zu sein!
3) Es erscheint mir verwunderlich, dass EROI
für ungespeicherte Energie höhere Werte hat als für
gespeicherte Energie. Formal ergibt sich dies dadurch,
dass ein Teil der von einer Anlage gewandelten Energie
nicht zum Nutzer, sondern zum Speichermedium fließt.
Dass aber dem Nutzer letztendlich auch die gespeicherte
Energie zugute kommt, wird in der Analyse offenbar nicht
berücksichtigt. |