Ergänzungen | |
Ende 2019: | Projektstatus alternative Projekte |
Unter der
Kernfusion verstehen wir die Fusion von 4 Nukleonen zu
einem 4He-Kern, ein Prozess, der auch in der
Sonne abläuft und Ursache für die auf die Erdoberfläche
einfallende Sonnenstrahlung ist. Technisch lässt sich
dieser Prozess auf der Erde allein mithilfe der
Kernreaktion |
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2H
+ 3H -> 4He +
n
(1) |
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nachbilden, wie ausführlich
in Energie2
beschrieben. Es gibt 2 Möglichkeiten, die Deuterium(d=2H)
- Tritium(t=3H) - Fusion in einem extrem heißen
Plasma durchzuführen, den magnetischen Einschluss und den
Trägheitseinschluss. Mit beiden Möglichkeiten und den
Planungen für ihre technische Realisierung werden wir uns
jetzt beschäftigen. |
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Magnetischer
Einschluss
(ITER) |
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ITER
(International Thermonuclear Experimental Reactor) ist
ein Projekt, an dem zunächst 6 Länder bzw.
Ländergruppen beteiligt waren. In alphabetischer
Reihenfolge sind dies:
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Als
Konstruktionsort für ITER
wurde von der Gemeinschaft im Jahr 2005 ein Ort in
Frankreich, Cardarache
in der Provence,
ausgewählt. |
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Über ITER existiert eine
ausführliche Dokumentation
in englischer Sprache im Internet. Die physikalischen
Grundlagen der Kernfusion und ihre Durchführung im ITER wurden auch in Energie2
besprochen. Wir werden diese Besprechung hier nicht
wiederholen, wollen aber noch einmal auf einige der
Schwierigkeiten bei der Durchführung hinweisen. |
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Der Brennstoff der
Fusionsanlage besteht aus einer Mischung von Deuterium und
Tritium. Allein Deuterium ist als stabiles
Wasserstoffisotop mit einem Anteil von 0.0015% chemisch
gebunden im Wasser (schweres Wasser) vorhanden. Das
Wasserstoffisotop Tritium dagegen ist radioaktiv und muss
erst "erbrütet" werden mithilfe des Neutroneneinfangs |
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n + 6Li
->
4He + t
(2) |
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Das Lithiumisotop 6Li
kommt
mit einem Anteil von 7.5% in natürlichem Lithium vor. Die
größten Lithiumvorkommen befinden sich in Australien,
Chile, Kanada, Simbabwe und den USA. Wegen der extrem
großen Energiedichte der Kernenergie, die bei der Fusion
gewandelt wird, besteht kein Zweifel, dass die vorhandenen
Brennstoffreserven für alle absehbaren Zeiten ausreichen,
um die Welt mit genügend Primärenergie zu versorgen. |
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Die Energieform, die aus
der Kernenergie mithilfe der Kernfusion gewandelt wird,
ist zum größten Teil die kinetische Energie des Neutrons n
in der Reaktionsgleichung (1). Die kinetische Energie der
Neutronen lässt sich nicht so leicht in einem Absorber in
thermische Energie umwandeln, wie das z.B. für die
Atomkerne aus der Kernspaltung in einem Spaltungsreaktor
gelingt. Als Zwischenschritt sind zunächst immer die
Streuung des Neutrons an den Atomkernen des Absorbers oder
die Reaktion mit diesen Atomkernen notwendig. Dabei
entsteht i.A. Radioaktivität, wie ja auch das zur Fusion
benötigte Tritium t in der Reaktionsgleichung (2)
radioaktiv ist. Natürlich wird angestrebt, im ITER nur solche
Materialien zu verwenden, in denen die entstehende
Radioaktivität möglichst gering ist. Aber ein gewisser
Teil des Absorbers muss aus 6Li bestehen und
auch die restlichen Materialien im Fusionsreaktor werden
durch den Neutronenbeschuss radioaktiv werden. Ein
weiteres wichtiges Kriterium ist, dass diese Materialien
auch bei den hohen Neutronenflüssen im ITER nicht ihre
mechanische und thermische Stabilität verlieren. Welche
Materialien dies sind, scheint zum jetzigen Zeitpunkt
keineswegs klar zu sein. |
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Wie bereits erwähnt,
handelt es sich bei ITER
zunächst nur um ein "Experiment" und noch nicht um den
endgültigen "Energieversorger". Es ist geplant, dass im
Jahr 2007 mit dem Bau von ITER begonnen wird und dass 12 Jahre
später die ersten Versuche zur Wasserstofffusion
stattfinden werden. Diese und die sich anschließenden
Versuche der eigentlichen Betriebsphase werden zeigen, wie
ein tatsächlicher Energieversorger zu konstruieren ist.
Bis zu diesem Zeitpunkt sind aber noch andere Experimente
notwendig, nämlich:
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Die Kosten für das ITER-Projekt beziehen
sich auf die Kaufkraft des US$ im Januar 1989. Aufgrund
der Inflation sollten sich die angegebenen Kosten bis 2019
um 212% mehr als verdoppelt haben. Nach den offiziellen
Angaben von ITER beliefen
sich die Kosten im Jahr 1989 auf
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Es ist schwierig, objektive Berichte über
den augenblickliche Stand des ITER-Projekts im Internet zu
finden. Die mediale Ruhe kann man sowohl positiv wie auch
negativ sehen: Entweder läuft der Aufbau wie geplant, oder
es besteht kaum noch Hoffnung, dass das Projekt
verwirklicht wird. Schaut man sich die offizielle web-Seite von ITER an, erkennt man,
dass Probleme existieren, die sowohl den zeitlichen Rahmen
wie auch die Finanzierung betreffen: 1. Der Zeitpunkt der ersten Plasmaerzeugung wurde auf das Jahr 2025 verschoben, der erste Nachweis einer d-t Fusion auf 2035. 2. Die Investitionskosten werden jetzt auf 17 Mrd. € geschätzt - wahrscheinlich sind ca. 20 Mrd. € realistischer. Die geschätzten Betriebskosten belaufen sich jetzt auf ca. 318 Mio. € jährlich, für den Rückbau und die Entsorgung der Anlage werden ca 810 Mio. € angesetzt. Da die Kosten zu einem wesentlichen Teil von der EU übernommen werden müssen, plant die Kommission, diese Kosten dem Klimaschutzbudget zu entnehmen. |
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Eines des wichtigsten Argumente, das gegen
die Realisierbarkeit des ITER-Projekts spricht, ist die
direkte Nachbarschaft
des extrem heißen Fusionsplasmas (ca. 10 Mio. oC)
zu der supraleitende Magnetspule (ca. -270 oC).
In den Laboratorien von MIT(USA)
wird daher an dem Versuch gearbeitet, das supraleitende
Material durch ein Material (REBCO)
zu ersetzen, das bereits bei der Verdampfungstemperatur
von flüssigem Stickstoff (-196 oC)
supraleitend wird. Obwohl der Temperaturunterschied von
nur 74 oC nicht sehr groß erscheint, bringt er
den enormen Vorteil, dass zur Kühlung nicht mehr flüssiges
Helium, sondern flüssiger Stickstoff verwendet werden
kann, der heute schon großindustriell erzeugt wird.
Dadurch wird die Gesamtanlage kleiner, ihr Wirkungsgrad
steigt und die Kosten verringern sich. Anfang 2018 wurde
vom MIT berichtet, dass inzwischen eine Gesellschaft (CFS)
gegründet wurde, um dieses Projekt innerhalb von 10-20
Jahren zu verwirklichen. Dabei wurde auch klar, für was
REBCO steht: Rare Earth Barium Copper Oxyd, wobei es sich
bei der seltenen Erde wohl um Yttrium handelt. Ein
Nachteil ist: Die seltenen Erden werden z.Z.(2018) fast
nur noch in China
gefördert. Sei 2006 wird ein ähnliches Projekt mit supra-leitenden Magnetspulen auch in China vom "Institute of Plasma Physics" entwickelt (EAST). Dort gelang es 2018 zum ersten Mal, ein Plasma mit einer Temperatur von > 100 Mio. oC zu erzeugen. Und obwohl China behauptet, diese Arbeiten im Rahmen des ITER-Projekts durchzuführen, erscheint es mir durchaus plausibel, dass China seinen nationalen Fusionsreaktor(CFETR) bauen wird, falls die EAST-Resultate die Grundlage dafür gelegt haben. |
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Trägheitseinschluss |
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Eigentlich wurden dem
Trägheitseinschluss noch vor einigen Jahren keine Chancen
eingeräumt, hauptsächlich wegen der technischen Probleme,
welche zu überwinden sind (siehe Energie2). Eine Folge war, dass
z.B. die GSI in Deutschland die
Arbeiten an der Entwicklung des für den Einschluss
benötigten Atomkernbeschleunigers eingestellt hat. Am Ende
des Jahrs 2005 wurde aber von einer Reihe von Forschern
der Antrag
gestellt, die Arbeiten an der Entwicklung des
Trägheitseinschlusses wieder aufzunehmen. Grundlage sind
die Versuche mit Hochleistungslasern und der daraus
folgenden Erkenntnis, dass
die Wasserstofffusion u.U. einfacher möglich wird, wenn
der Prozess zur Bildung des Deuterium - Tritium - Plasmas
und der Prozess zur Zündung des Plasmas nicht mit
demselben, sondern verschiedenen Lasern erfolgen, die in
unterschiedlichen Frequenzbereichen arbeiten. Ob dies eine
Option ist, die sich auch bei den nur begrenzt zur
Verfügung stehenden Finanzmitteln realisieren lässt, ist
z.Z. vollkommen unklar. Jedenfalls sind dieser Option,
soweit bekannt, bisher keine Finanzmittel zur Verfügung
gestellt worden. Ganz unabhängig davon arbeiteten die USA auch in der "National Ignition Facility" (NIF) an der Entwicklung des Trägheitseinschlusses mithilfe von Hochleistungslasern. Dieses Programm ist sehr wahrscheinlich nur ein Ableger der für die USA viel wichtigeren Militärforschung gewesen. Es ist daher sehr schwierig, Informationen über den augenblicklichen Stand dieser Entwicklung zu erhalten. Offensichtlich existierte 2009 eine Fusionsversuchsanlage, welche aus 192 Einzellasern bestand und welche eine Gesamtpulsleistung von ca. 1 · 108 kWh a-1 besaß. Die Pulslänge betrug etwa 1 ps, die Wiederholfrequenz war mit 200 s-1 angegeben. Daraus errechnet sich eine Dauerstrichleistung von ca. 4.5 kWh a-1. Diese außerordentlich geringe Leistung weist darauf hin, dass diese Laser einen sehr geringen Nutzungsgrad besitzen dürften. Und das ist der Nachteil, der wohl allen Fusionsanlagen eigen ist, welche die Laser-Kompression benutzen. Offiziell wurde dieses Projekt 2014 für beendet erklärt. |
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Alternative Projekte Erwähnt werden sollen zwei weitere Testanlagen, welche eines der Probleme des magnetischen Einschlusses vermeiden: die Nachbarschaft des > 10 Mio. oC heißen Plasmas zu den supraleitenden Magnetspulen. Die Idee ist, die festen Kammerwände, die das Plasma einschließen, zu ersetzen durch Flüssigkeiten, welche komprimiert werden und damit die Fusion auslösen. Bei der Anlage der Fa. "General Fusion" besteht die Flüssigkeit aus einem Gemisch aus geschmolzenem Pb und Li, in die d und t geschossen werden. Die Kompression erfolgt mechanisch über eine Vielzahl von Kolben. Bei der Anlage der Fa. "TAE Technologies" besteht die Flüssigkeit aus zwei Plasma-Vortices, die Kompression erfolgt durch die Kollision dieser Vortices, die magnetisch auf nahe Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Das Besondere an dieser Anlage ist, dass das Plasma aus den Isotopen 1H (Proton) und 11B (Bor) besteht, welche bei ihrer Fusion keine Neutronen (und damit keine Radioaktivität) erzeugen, sondern 3 4He Kerne (Alpha -Teilchen). Diese beiden Anlagen (und auch die CFS-Anlage) sind offensichtlich nicht Teil des ITER-Projekts, sondern finden unabhängig in privat finanzierten Unternehmen statt. Es würde mich sehr überraschen, wenn in derart relativ billigen und weniger aufwändigen Projekten tatsächlich die Kernfusion gelänge, und zwar eher als in den wesentlich besser finanzierten staatlichen Projekten. |
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1) Und seither sind noch weitere Länder der ITER Gemeinschaft beigetreten. Außerdem haben die USA im Jahr 2007 mitgeteilt, dass ihre Finanzierungsbeiträge zur Gemeinschaft für mindestens ein Jahr ausgesetzt werden. Die Gründe sind zu suchen in der Finanzkrise der USA und in der Tatsache, dass die USA danach ihre eigenen Entwicklungen fortsetzen wollten (NIF, siehe oben). |