Zur Bedeutung der
Fotovoltaik
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Im Prinzip besitzt die
Fotovoltaik ein ausreichendes Entwicklungspotenzial, um in
Zukunft die Versorgung der Welt mit Primärenergie zu
übernehmen. Der Grund dafür ist, und darauf wurde in Energie2 mehrfach
hingewiesen, dass die Erde über genügend ungenutzte
Flächen verfügt, auf denen die entsprechenden
Wandlungsanlagen aufgebaut werden könnten. Wegen der hohen
Sonneneinstrahlung mit einer Leistungsflächendichte von
mehr als = 2500 kWh a-1
m-2, die fast ausschließlich aus der direkten
Komponente des Sonnenlichts besteht, sind die
Wüstengebiete für diese Aufgabe besonders geeignet, falls
zunächst einmal die Auswirkungen auf unsere Umwelt nicht beachtet
werden1).
Von allen europäischen Ländern gibt es nur über
Spanien eine solare Einstrahlung, die ähnlich groß
ist zu der über der Sahara (siehe Abbildung auf
der rechten Seite). Der spanische Staat hat daher
in den letzten Jahren viel Geld in die Entwicklung
der Fotovoltaik investiert, in einem Extrakapitel werden
die Ergebnisse dieser Investitionen diskutiert.
Deutschland
dagegen ist für die Anwendung der Fotovoltaik nur
sehr eingeschränkt geeignet. Das gilt auch dann,
wenn sich bei der industriellen Anwendung neue Technologien
durchsetzen sollten. Warum deutsche Investoren mit
dem DESERTC-Projekt
aber die Länder der Sahara (die politisch nicht
stabil sind) als Gebiet für die Fotovoltaik
ausgesucht haben und nicht das zur EU gehörende
Spanien, ist mir rätselhaft.
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Der Solaratlas
über Europa
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In der Tat, wie man in Presseberichten
lesen kann, gibt es erhebliche Streitigkeiten zwischen den
einzelnen Gruppen, die bei DESERTEC entscheiden. Und 2014
wurde das Projekt ganz beerdigt.
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Daher ist es
verständlich, dass Deutschland bei der Nutzung
der Fotovoltaik im Jahr 2019 seine Spitzenstellung
eingebüßt hatte, die es im Jahr 2012 noch besaß.
In der Tabelle rechts sind die 5 Länder mit der
höchsten Nutzung aufgeführt. Daneben findet sich
der prozentuale Anteil an der globalen Nutzung und
wie hoch der Anteil an der Deckung des nationalen
Primärenergiebedarfs PEB war. Daraus
ergibt sich eine bemerkenswerte Korrelation: Je
höher der globale Anteil ist, um so geringer ist
oft der nationale Versorgungsgrad. U.U sind
ökonomische Gründe dafür verantwortlich. Denn der
Preis
für elektrische Energie aus Fotovoltaik ist hoch,
nur reiche Länder können sich die
Subventionskosten leisten. |
Land
|
Nutzung
(TWh/a)
|
global
%
|
PEB
%
|
1. China
|
223.8
|
30.3
|
0.57
|
2. USA
|
108.4
|
15.0
|
0.41
|
3. Japan
|
75.3
|
10.4
|
1.45
|
4. Deutschland2)
|
47.5
|
6.6
|
1.30
|
5. Indien
|
46.3
|
6.4
|
0.49
|
Die 5 wichtigsten (2019) Nutzer der
Fotovoltaik, ihr Anteil an der globalen Nutzung
und wie hoch der prozentuale Beitrag zur Deckung
des nationalen Primärenergiebedarfs PEB
ist. |
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Aber
nicht alle Wüstengebiete eignen sich gleichermaßen. Eine
weitere Bedingung dafür, dass großflächige
Fotovoltaikanlagen die Versorgung mit elektrischer Energie
auch praktisch übernehmen können, ist:
- Die Fotovoltaikanlage muss sich in der Nachbarschaft
von industrialisierten Regionen mit der entsprechenden
technischen Infrastruktur befinden.
Unter diesem Aspekt sind nur wenige der möglichen
Wüstengebiete wirklich attraktiv. Auch die an die EU
grenzenden Gebiete im nördlichen Afrika scheiden wohl aus,
hauptsächlich wegen der geopolitischen Gegebenheiten dort.
Günstige Rahmenbedingungen, ohne Berücksichtigung der
ökonomischen Gründe, bieten dagegen prinzipiell
- die Vereinigten Staaten von Amerika,
- Australien.
Mit den Möglichkeiten in den USA werden wir uns jetzt
beschäftigen und wir werden, wie auch im letzten Kapitel
über die Biomasse, erkennen, dass die USA sehr
vorteilhafte Standortbedingungen für einen nationalen
Fotovoltaikmarkt bieten, falls sich diese Vorteile
realisieren lassen.
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Der nationale Fotovoltaikmarkt in den Vereinigten
Staaten von Amerika
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In den USA befinden sich
Wüstengebiete mit einer Gesamtfläche von ca. 1.39 · 1012
m2, die ausschließlich im Süden und Süd-Westen
der USA liegen. Wir wollen annehmen, dass sich 10% dieser
Gebiete prinzipiell für den Aufbau von Fotovoltaikanlagen
eignen. Dies entspricht einer Fläche von
A = 1.4 · 10 11
m 2.
Wie viel elektrische Energie lässt sich auf dieser Fläche
wandeln?
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Wir werden hier eine
Technik besprechen, die von der Firma Pyron-Solar3)
entwickelt wurde und die vor kurzem auch in der deutschen
Presse
und Öffentlichkeit großes Interesse erregt hat, obwohl sie
unter deutschen Verhältnissen nicht genutzt werden kann.
Denn sie verlangt, dass das Sonnenlicht im Wesentlichen
aus der direkten Komponente besteht, wie es auf der Erde
eigentlich nur in den Wüstengebieten der Fall ist. Ich
diskutiere die Pläne von Pyron-Solar trotzdem in diesem
Kapitel, einmal als Rechenbeispiel und dann aber als
Demonstration, wie weit Theorie und Praxis auseinander
liegen können.
Denn
irreführend ist es, wenn "wissenschaftlich
bewiesen" nur für "theoretisch möglich" steht
und sich dann als "praktisch undurchführbar"
erweist. |
Das Besondere an der Technik von Pyron-Solar ist:
- Die direkte Komponente des Sonnenlichts wird
mithilfe von Fresnellinsen auf eine kleinere
Fläche
konzentriert.
Das bedeutet:
- Die lichtempfindlichen Elemente der Anlage müssen
nach dem Stand der Sonne ausgerichtet werden und den
täglichen Veränderungen des Sonnenstands folgen
können. Die lichtempfindlichen Elemente sind:
- Mehrschichtige Fotodioden, die einen größeren Teil
des Sonnenspektrums in elektrische Energie wandeln,
als es bei normalen Fotodioden der Fall ist, die aus
einer amorphen oder monokristallinen Si-Schicht
bestehen. Diese Zellen wurden von der Firma Boeing für
die Nutzung auf Satelliten im Weltraum entwickelt, sie
besitzen nach Angaben der Herstellerfirma einen
außerordentlich großen Wirkungsgrad von
= 0.373.
Wir wollen zunächst die Gültigkeit dieser Angaben und die
Durchführbarkeit des Wandlungskonzepts voraussetzen, aber
auch berücksichtigen, dass die elektrische Energie aus der
Fotovoltaik immer nur für gewisse Zeiten zur Verfügung
steht und, auch wegen des Energietransports über sehr
lange Strecken, zwischengespeichert werden muss. Die beste
Speicher- und Transportmöglichkeit bietet Wasserstoff,
diese Möglichkeit wird auch von Pyron-Solar als
notwendiger Schritt in der Versorgungskette
berücksichtigt. Die Speichernotwendigkeit reduziert den
Wirkungsgrad um einen Faktor = 0.4. Daher ergibt sich die Menge der
auf der Fläche A
aus der Sonnenenergie gewandelten elektrischen Energie zu
Dies sind bereits ca. 25% des gesamten
Primärenergiebedarfs der Welt im Jahr 2050, wobei noch
nicht einmal berücksichtigt ist, dass es sich bei
der elektrischen Energie nicht um eine Form der Primär-,
sondern der Endenergie handelt (siehe Kap.
3.1). Auf jeden Fall würde diese Menge vollkommen
ausreichen, um den gesamten Bedarf der USA nach
elektrischer Energie zu befriedigen, der z.Z. (2020) nur
etwa 28 · 1012 kWh/a beträgt. Aber sind diese
Rechnungen auch realistisch? Wir wollen diese Frage
untersuchen anhand von 2 Parametern, den
Energiebereitstellungskosten und der technischen
Lebensdauer der Wandlungsanlage.
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- Energiebereitstellungskosten
Die Lebensdauer L
der Wandlungsanlage ist entscheidend dafür, zu welchem
Preis die elektrische Energie an den Abnehmer verkauft
werden muss: Je größer L
um so kleiner kann der Preis sein. Für konventionelle
Wandlungsanlagen, wie z.B. Kernkraftwerke, werden als
Lebensdauer allgemein 40 Jahre zugrunde gelegt. Auf dieser
Basis wollen wir auch den Energiepreis der Anlage von
Pyron-Solar berechnen, wobei zunächst ganz
unberücksichtigt bleiben soll, dass auch Kosten durch die
Zwischenspeicherung entstehen.
Pyron-Solar gibt als Herstellungskosten ihrer Anlage einen
Preis von ca. 3 USD/W an4). In den hier
verwendeten Einheiten entspricht dies einem Wert von ca.
0.34 USD (kWh/a)-1. Soll mit der Anlage der
gesamte Bedarf der USA an elektrischer Energie im Jahr
2020 gedeckt werden, dann sind also Investitionsmittel in
Höhe von
Ktot = 9.8 · 1012
USD (9.8 Billionen USD)
erforderlich, die über den Kapitalmarkt aufgebracht werden
müssen. Wir nehmen an, dass dies zu einem relativ geringen
Zinssatz von x =
5% möglich ist. Falls diese Investitionsmittel über die
Lebensdauer von L
= 40 a zurückgezahlt werden, dann beträgt die jährliche
Tilgungsrate
Ka = Ktot x (1 + x)L ( (1 +
x)L -1 )-1
=
5.7 · 1011 USD a-1,
oder umgerechnet auf die gelieferte elektrische Energie
ergibt sich ein Preis von ca. 0.02 USD/kWh. Dies
beinhaltet noch nicht den Gewinn, den Pyron-Solar
sicherlich auch erzielen will und, wie bereits erwähnt,
die Kosten für die Energiespeicherung und den
Energietransport. Es ist nicht abwegig anzunehmen, dass
dies den Preis verdoppelt. Selbst dann sind die Kosten für
die elektrische Energie aus der Fotovoltaik-Anlage von
Pyron-Solar immer noch nur etwa 1/4 so hoch, wie sie im
Jahr 2020 in den USA
wirklich waren5).
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Auch wenn wir davon
ausgehen, dass der Zinssatz als vielleicht zu günstig
angenommen wurde und dass u.U. die angenommenen Kosten für
die Energiespeicherung zu klein sind, kommt man bei
Gültigkeit der im Internet zur Verfügung gestellten Daten
zu dem Schluss:
In den USA kann der gesamte Bedarf
nach elektrischer Energie mithilfe eines nationalen
Fotovoltaikmarkts gedeckt werden, während das in
Deutschland nicht möglich ist.
Unter diesen Umständen fragt man sich natürlich, warum der
Fotovoltaik nicht die herausragende Stellung in den
offiziellen Planungen der USA für die zukünftige
Energieversorgung des Lands eingeräumt wird. Und man
vermutet, dass die Angaben im Internet nicht die ganze
Wahrheit über die Vorteile und Nachteile dieser
Wandlungstechnik widerspiegeln.
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Aus den Angaben bzw.
Nicht-Angaben der Firma Pyron-Solar im Internet lässt sich
bereits ein gravierendes Problem erkennen:
- Nutzungsgrad und Lebensdauer
Die Firma gibt an, dass sich mithilfe der von ihr
entwickelten Technik eine Sonnenleistung von 2850 kWh/a in
eine elektrische Leistung von 450 kWh/a wandeln lässt.
Dies ergibt einem Nutzungsgrad von nur
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und entspricht weniger
als der Hälfte des angegebenen (wohl theoretischen)
Wirkungsgrads  .
Es kann spekuliert werden, ob diese Reduktion auf die
Erwärmung
der Fotodioden zurückzuführen ist, welche die
Ausgangsspannung der Fotodioden vermindert. Noch
schlimmer wäre die Vermutung, dass die Fotodioden ohne
Kühlung nur eine relativ kurze Lebensdauer in dem
konzentrierten Sonnenlicht besitzen. Ebenfalls muss
angenommen werden, dass das Problem, die Fotodioden
gegen Umwelteinflüsse zu schützen, wie z.B.
gegen die Verschmutzung durch Sandstürme, bisher
nicht gelöst ist. Die Sicherheit gegen Umweltgefahren
muss aber gewährleistet sein, wenn eine
Fotovoltaikanlage von den erforderlichen Ausmaßen die
genügend lange Lebensdauer von ca. 40 Jahren besitzen
soll, die einen konkurrenzfähigen Energiepreis
garantiert.
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Es sei noch einmal darauf
hingewiesen, dass es sich bei diesen Bemerkungen um reine
Vermutungen handelt, die ausgelöst werden durch den
Umstand, dass Fotovoltaikanlagen auch in den USA keine Rolle in der
Energieversorgung spielen. Falls sich die
Fotovoltaikanlagen von Pyron-Solar aber großtechnisch
einsetzen ließen, wäre dies der erhoffte Durchbruch für
die erneuerbaren Energien:
Die Fotovoltaik wäre die
dominante Energiequelle der Zukunft.
Bis wir aber soweit sind, ist noch eine weitere wichtige
Frage zu beantworten (siehe Energie2 und Kap. 6.2):
Wie verändert sich das
Klima auf der Erde, wenn große Flächen in den
Wüstengebieten mit Fotodioden belegt werden, welche die
einfallende Exergie der Sonne hauptsächlich in Anergie -
d.h. thermische und nicht
elektrische Energie - wandeln?
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1) Ein
Hinweis darauf, dass diese Auswirkungen jetzt wirklich
ernst genommen werden, ist die Tatsache, dass die
USAmerikanische Regierung Mitte 2008 alle Anträge für die
Zuteilung von Staatsland zum Zwecke der Errichtung von
Solaranlagen gestoppt
hat.
2) Die Daten sind der BP
Statistik 2020 entnommen. Im Falle Deutschlands
weichen sie unübersehbar von den Angaben des BMWi mit 6.4% ab - ein
weiteres Beispiel dafür, dass sich nationale und
internationale Statistiken durchaus unterscheiden (siehe
auch Kap. 3.1).
3) Anfang 2008 war die Original-Homepage von
Pyron-Solar aus dem Internet verschwunden und eine neue
Homepage wurde angekündigt. Hoffen wir, dass sich die
Ankündigung auch bewahrheitet und die gemachten
Versprechungen nicht zurückgenommen werden. 2010 war die
Homepage wieder da, die Versprechungen sind nicht
zurückgenommen, aber sie sind einfach nicht mehr
vorhanden! Und Mitte 2017 hatte sich Pyron-Solar von der
Fotovoltaik offensichtlich total verabschiedet - ein
weiteres Beispiel für ein start-up auf dem Gebiet
erneuerbarer Energie, das es nicht
geschafft hat.
4) Als Investitionskosten werden die gesamten
Herstellungskosten pro installierter Leistung bezeichnet.
Diese Kosten werden jährlich getilgt, die Tilgungskosten
sind daher die Kosten pro gelieferter Energie.
5) In Deutschland werden für elektrische
Energie, die mithilfe der Fotovoltaik gewandelt wird, etwa
10mal höhere Investitionskosten veranschlagt.
Dass die dadurch verursachten hohen Preise überhaupt
durchsetzbar sind, liegt allein an den staatlichen
Subventionen und der Tatsache, dass die Fotovoltaik
praktisch keinen Beitrag zu unserer Energieversorgung
leistet (siehe Kap. 3.1).
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