Die Korrelation Ölangebot-Wohlstand





Die Forderung nach der Gleichheit von Erdölbedarf und Erdölangebot bildet nicht den einzigen Mechanismus, welcher unsere Energiepreise diktiert, obwohl z.Z. das Erdöl noch der wichtigste unserer Energieträger ist. Das Erdöl aus dieser Stellung zu verdrängen, ist äußerst schwierig, denn Alternativen müssen ebenfalls diese 2 wesentlichen Eigenschaften besitzen:
  • Eine Energiedichte von mehr als 10000 kWh m-3.
  • Eine ausreichende Speicher- und Transportfähigkeit.
Im Augenblick erscheinen unkonventionelle Energieträger die einzig mögliche Alternative zu sein. Die USA decken z.B. schon heute den größten Teil ihres Ölbedarfs aus den kanadischen Teersänden, obwohl diese Alternative einen entscheidenden Nachteil gegenüber dem normalen Erdöl besitzt:
  • Eine wesentlich höhere Umweltbelastung bei der Ölförderung.
Wichtiger für das in diesem Kapitel behandelte Thema ist jedoch die Feststellung, dass das zusätzliche Angebot an Öl aus unkonventionellen Quellen bereits bei der Festlegung des Erdölpreises mit eingepreist ist und damit die Korrelation zwischen Erdölpreis und Wohlstand, wie sie im Kap.2.2.2 analysiert wurde, nicht verändert.

Auf der anderen Seite verändert sich durch die unkonventionellen Quellen das Ölangebot insgesamt und man kann sich die berechtigte Frage stellen, ob eine Korrelation auch zwischen dem Ölangebot und dem Wohlstand besteht. Eine ähnliche Frage wurde kürzlich in einem Artikel untersucht, meine Untersuchungen sind diesem sehr ähnlich und kommen zum gleichen Ergebnis.

Die Grundlage bilden die relativen Veränderungen des globalen Ölangebots OEL(t) und des globalen Bruttoinlandprodukts BIP(t) in der Zeit zwischen 1970 und 2011, wie sie in der Abbildung unten links dargestellt sind.


 Die prozentualen Veränderungen von globalem Bruttoinlandprodukt BIP und globalem Ölangebot OEL während der Zeitperiode von 1070 bis 2011.



Die Kreuzkorrelation von BIP und OEL aus der der Abbildung links. Ist die Zeitverschiebung positiv, ist die Veränderung von BIP eine Folge der Veränderung von OEL. Ist die Zeitverschiebung aber negativ, ist die Veränderung von BIP die Ursache für die Veränderung von OEL.
Schon ein kurzer Blick auf diese Darstellung deutet an, dass beide Variablen korreliert sind:
Nimmt das Ölangebot zu, dann vergrößert sich auch das Bruttoinlandprodukt.
Nimmt ersteres ab, so verringert sich auch letzteres

Eine derartige Vermutung lässt sich auch mit statistischen Verfahren untermauern, und zwar mithilfe der Kreuzkorrelation corrX,Y(). Diese Funktion misst die Ähnlichkeit von zwei zeitabhängigen und diskreten Variablen Xt und Yt in Abhängigkeit von der Zeitverschiebung . Ihre normierte Form ist definiert als
,
wobei N den Umfang der Datenmenge angibt und, wie üblich, den Mittelwert von X (bzw. Y) und die Standardabweichung von X (bzw. Y). Diese sind definiert als:
.
Die Kreuzkorrelation bezüglich des Bruttoinlandprodukts (d.h. X = OEL) und des Ölangebots (d.h. Y = BIP) ist in der Abbildung oben rechts gezeigt, die rote Kurve zeigt die Anpassung mithilfe der Gaussfunktion im Zeitbereich maximaler Korrelation. Statt des maximal möglichen Korrelationswerts von R = 1 wird nur ein Wert von R = 0.62 erreicht, trotzdem ist die Reaktionszeit1) mit S = 0.68 a außerordentlich gering. Diese Anpassung weist darauf hin, dass praktisch keine Zeitverzögerung zwischen der Veränderung des Ölangebots und des Bruttoinlandprodukts auftritt. Anders lautete das Resultat für die Korrelation zwischen Erdölpreis OP und Bruttoinlandprodukt BIP: Zwischen der Zunahme des OP und der Abnahme des BIP verging i.A. eine Zeitspanne von etwa 1.5 a.

Die Daten belegen ziemlich eindeutig, dass eine Veränderung unseres Wohlstands immer verknüpft ist mit einer Veränderung des Ölangebots, und dass beide über den Ölpreis abhängig sind von  Manipulationen, welche auch außerhalb des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage liegen können. Das Öl, entweder aus konventionellen oder aus unkonventionellen Quellen, liefert die vollwertige Energie, welche die Basis unseres Wohlstands ist.

Den Daten ist auch zu entnehmen, wie diese Verknüpfung zwischen Wohlstand und Energie beschaffen ist. Denn trägt man die relative Veränderung des Ölangebots eines Jahres gegen die relative Veränderung des Bruttoinlandprodukts desselben Jahres auf, so ergeben sich für die beiden Zeitspannen von 1970 bis 1990 und von 1991 bis 2011 die beiden Darstellungen auf der rechten Seite. Mithilfe der Methode der kleinsten Quadrate ist für beide Zeitspannen jeweils eine Regressionsgerade an die Datenpunkte angepasst worden, aus der sich die wesentlichen Eigenschaften der Verknüpfung zwischen Wohlstand und Energie erkennen lassen:
  • Eine positive Geradensteigung s = dOEL/dBIP, denn die Kreuzkorrelation ergab einen positiven Wert für R.
  • Aber der Wert von s scheint mit der Zeit abzunehmen, für die frühere Zeitspanne betrug er s = 2.5 = 0.16, für die spätere nur noch s = 0.66 0.15. 


Die Abhängigkeiten der Veränderungen von Bruttoinlandprodukt und Ölangebot während der aufeinander folgenden Zeitperioden von 1970 bis 1990 und von 1991 bis 2011. Die roten Linien stellen die Regressionsgeraden an alle Datenpunkte dar, die blaue Strichlinie im rechten Teil der Abbildung ergibt sich bei linearer Regression ohne den Datenpunkt aus dem Jahr 2009, welcher ein Ausnahmeereignis zu sein scheint, hervorgerufen durch die Finanzkrise. 
Dieses Ergebnis wird nicht verursacht durch die außerordentlichen Ereignisse des Jahrs 2009 (verursacht vermutlich durch die Finanzkrise), denn bleiben die Daten aus diesem Jahr unberücksichtigt, verändert sich die Geradensteigung nur auf  s = 0.69 0.23 (siehe blaue, gestrichelte Gerade in der rechten Abbildung oben), d.h. sie verändert sich nicht im Rahmen der statistischen Fehler. 

Die beobachtete Verkleinerung von dOEL/dBIP mit der Zeit könnte als Anzeichen dafür interpretiert werden, dass in Zeiten einer fortschreitenden Energieverknappung das globale Bruttoinlandprodukt immer empfindlicher auf die Veränderungen des Ölangebots reagiert. Diese Schlussfolgerung wird jedenfalls dann zwingend, wenn man die physikalische - und nicht die ökonomische - Sichtweise akzeptiert, dass sich das reale Bruttoinlandprodukt eines Lands auf die Dauer einzig durch das vorhandene Energieangebot beeinflussen lässt, und eben nicht durch Manipulationen auf den Finanzmärkten.


1) Mit der Reaktionszeit bezeichne ich die Unsicherheit in der Anpassung von Bruttoinlandprodukt und Ölangebot, also die Breite der Gaussverteilung.