Die Vorstellung, dass sich
der Energiebedarf der Welt bis zum Ende des 21. Jahrhunderts
allein mithilfe erneuerbarer Energien befriedigen lässt, ist
weiterhin fest verankert in den Medien und damit zum
Glaubensbekenntnis unserer politischen Klasse geworden. Im Kap. 2.5 habe ich die
physikalischen Gründe dargelegt, welche diese Vorstellung
als reines Wunschdenken entlarven. Für Viele sind
physikalische Argumente allerdings nicht durchschaubar,
deshalb soll in diesem Kapitel gezeigt werden, dass auch
wirtschaftliche Argumente dagegen sprechen, dass diese
Vorstellung je Realität werden könnte.
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Denn die Umstellung der globalen
Energieversorgung kostet Geld, wie wir selbst in Deutschland
anhand der ständig steigenden Strompreise leidvoll erfahren
müssen. Im Jahr 2014 wurden mehr als 350000 Haushalten
zeitweise der Strom abgeschaltet,
weil sie die Stromkosten nicht mehr bezahlen konnten. Und
auch 2016 muss damit gerechnet werden, dass der Strompreis
in Deutschland weiter stiegt. Mit anderen Worten: Um
erneuerbare Energien einzuführen, muss ein Land reich sein,
seine Einwohner müssen über einen ausreichenden Wohlstand
verfügen, der als Bruttoinlandprodukt (BIP) pro
Einwohner gemessen wird.
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Diese Erkenntnis ist nicht
neu und sie lässt sich anhand von Daten belegen. Will man
abschätzen, wie reich ein Land wirklich sein muss, muss man
natürlich wissen, wie hoch der Energiebedarf am Ende des 21.
Jahrhunderts sein wird. In meinem Buch "Die Zukunft unserer
Energieversorgung" ist dies untersucht worden mit dem
Ergebnis, dass selbst unter günstigsten Bedingungen (kein
wirtschaftliches Wachstum und unbegrenzte Entwicklung
der Energieeffizienz)
jeder Erdeinwohner einen Bedarf von etwa 20000 kWh a-1
haben wird, der dann vollständig aus erneuerbaren Energien
gedeckt werden müsste. Wie aber haben sich Wohlstand und
Nutzung erneuerbarer Energien in dem Zeitraum von 2006 bis
2014 tatsächlich entwickelt?
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Zunächst beschränke ich die erneuerbaren
Energien auf Windkraft und Fotovoltaik - sie spielen in
Deutschland die wichtigsten Rolle und auch global ist die
Nutzung anderer Quellen (z.B. Wasserkraft, Biomasse, etc)
durch Naturgesetze limitiert und sie werden am Ende des 21.
Jahrhunderts keine große Rolle mehr spielen können. Dies
steht im Gegensatz zur augenblicklichen
Situation, wo die Wasserkraft noch den größten Beitrag
pro Einwohner mit ca. 0.5 kWh a-1 liefert.
Außerdem betrachte ich neben der Welt als weitere Beispiele
2 ve-Länder (USA, BRD) und 2 we-Länder
(China, Indien). Man bedenke, dass ca. 40% der Welteinwohner
z.Z. in den beiden ausgewählten we-Ländern leben,
sich also ihre Entwicklung nicht wesentlich von der
Entwicklung der Welt insgesamt unterscheiden kann.
Die verwendeten Daten entstammen den Zusammenstellungen der
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Die rechte Abbildung
zeigt zunächst die Korrelation zwischen der Nutzung
erneuerbarer Energien und dem Wohlstand in den
ausgewählten Regionen. Jeder Datenpunkt gehört zu
einem Jahr im Zeitraum zwischen 2006 und 2014 (neun
Jahre), die Pfeile resultieren aus linearen
Anpassungen an die 9 Datenpunkte und zeigen den
Entwicklungstrend während dieses Zeitraums. Demnach
erforderte in allen Regionen die Zunahme der Nutzung
erneuerbarer Energien auch immer eine Zunahme des
Wohlstands. Wie stark die Wohlstandszunahme zu sein
hatte, ergibt sich aus der Steigung1) der
Pfeile: Je geringer die Steigung, um so mehr muss
der Wohlstand zunehmen, um das angestrebt Ziel (100%
Versorgung mit erneuerbaren Energien) zu erreichen. |
Die Abhängigkeit der Nutzung erneuerbarer
Energien vom Wohlstand in ausgewählten
Regionen der Welt. |
Wie erwartet, erlaubt der Wohlstand und die Steigung der
Pfeile die Einordnung der Regionen in 2 verschiedene Klassen
(A und B) und macht eine Aussage darüber, wie hoch der
Wohlstand in den Klassen zu sein hätte, damit erneuerbare
Energien tatsächlich einen Anteil von 20000 kWh a-1
am Ende des 21. Jahrhunderts erreichen:
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Ausgangslage
2014
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Zielvorgabe
2100
|
Klasse
|
|
Wohlstand
(USD/a)
|
EE-Nutzung
(kWh/a)
|
Steigung
Wh/USD
|
Wohlstand
(USD/a) |
EE-Nutzung
(kWh/a) |
A
|
USA
|
5420
|
0.7
|
0.657
|
30 · 106
|
20000
|
BRD
|
5000
|
1.1
|
0.567
|
35 · 106 |
20000
|
B
|
China
|
760
|
0.14
|
0.246
|
81 · 106 |
20000
|
Indien
|
170
|
0.03
|
0.309
|
65 · 106 |
20000
|
Welt
|
1140
|
0.12
|
0.311
|
64 · 106 |
20000
|
|
Demnach müsste sich der Wohlstand, gemessen
im heutigen Geldwert (2014), bis zum Ende des 21.
Jahrhunderts so entwickeln, dass er pro Einwohner
- in der Klasse A etwa 35 Mio. USD beträgt und
- in der Klasse B doppelt so hoch ist und etwa 70 Mio.
USD beträgt.
Das heißt, alle Erdbewohner wären zu dieser Zeit mehrfache
Millionäre - ein unglaubliches Ergebnis dieser Extrapolation
in die Zukunft! Aber es ist nicht total unrealistisch, wenn
man die jährlichen Wachstumsraten des BIP
betrachtet.
Für den Zeitraum 2006 -
2014 hat die Weltbank
die Wachstumsraten publiziert. Die zeitlichen
Mittelwerte dieser Daten sind in der Abbildung
rechts dargestellt, zusammen mit den Mittelwerten
der jährlichen Zunahme des CO2 Gehalts
der Luft - beide sind korreliert, wie in energie3
diskutiert wird. Die Korrelation impliziert, dass
eine Zunahme des BIP, und damit des
Wohlstands, nur mithilfe einer weiteren Nutzung
fossiler Brennstoffe (falls die Kernkraft nicht
berücksichtigt wird) erreicht werden kann. Im
Prinzip ist dies nur ein Teil des irreversiblen
Kreisprozesses, der in Kap. 2.3 dargestellt und
erläutert wird.
Regionen in der Klasse B erreichen die höchsten
Wachstumsraten. China z.B. erreichte laut Weltbank
eine mittlere Wachstumsrate von 18%. Bei diesen
Wachstum würde der Wohlstand des Jahrs 2014 bis zum
Jahr 2100 auf über 1000 Mio. USD/a anwachsen.
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Die mittleren jährlichen Wachstumsraten des BIP
in den ausgewählten Regionen und
die damit korrelierte jährliche Zunahme der
CO2 Emissionen in die Luft. Die
Fehlerbalken entsprechen den Schwankungen der
Datenpunkte im Zeitraum 2006 - 2014. |
Die Wachstumsraten aller anderen Regionen sind jedoch zu
gering, um an das angestrebte Wohlstandsziel von 35 bzw. 70
Mio. USD/a zu gelangen. Der geneigte Leser möge das selbst
nachrechnen, denn es ist nach meiner Meinung auch völlig
illusorisch anzunehmen, dass sich die anvisierten Höhen des
Wohlstands je erreichen ließen:
- Alle fossilen Brennstoffe werden, trotz wachsender
Energieeffizienz, vorher schon verbraucht sein.
- Der CO2 Gehalt der Luft wird so stark
angewachsen sein (Chinas CO2 Emissionen
werden um einen Faktor 66 steigen), dass ein Leben auf
der Erde unmöglich wird.
Es ist ganz offensichtlich: Das Versprechen, man könne die
Energieversorgung der Welt allein mithilfe erneuerbarer
Energien erreichen, entspringt reinem Wunschdenken, oder es
ist gar nicht so ernst gemeint. Politiker, welches dieses
Versprechen für das Ende des 21. Jahrhunderts als Ziel
vorgeben, wissen ganz genau, sie werden das Ziel nicht
lebend erreichen. Damit sind sie ihre Verantwortung los,
nicht entziehen der Verantwortung können sich aber die
Medien, welche derartige Illusionen als realistisches Ziel
unter ihrer Leser-/Hörerschaft verbreiten.
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1) Die
Daten sind mit dem in der Abbildung angegebenen Faktoren
skaliert worden, damit die Abbildung nicht zu
unübersichtlich wird. Diese Skalierung beeinflusst jedoch nicht
die Steigung der Pfeile!
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