Schulden und Wachstum





Investiert der Staat in Wachstum, benötigt er das Investitionskapital in den meisten Fällen 'up front', d.h. die größten Investitionen fallen zu Beginn an. Das erforderliche Kapital muss der Kapitalmarkt, also i.A. die Banken, bereitstellen. Der Staat verschuldet sich dadurch und die Frage ist: Wie hoch muss das so erzeugte Wachstum sein, damit der Staat seine Schulden bedienen kann?

Unter der Annahme, dass das Investitionskapital Ginv beträgt und der Staat diese Summe als Kredit mit einem Zinssatz z und einer Laufzeit L erhält, beträgt das vollständig verzinste Investitionskapital aus diesem Geschäft
Gmax = Ginv (1 + z)L.
Wenn eine jährliche Rückzahlung mit fester Quote während der Laufzeit vereinbart wurde, so ergibt sich die jährliche Tilgungsrate zu
Grück = Ginv z (1 + z)L ((1 + z)L -1)-1
Das Verhältnis T = Grück/Ginv in Abhängigkeit von z und L ist in der Abbildung rechts dargestellt. Ein generelle Trend wird daraus ersichtlich:
Die Tilgungsrate T vergrößert sich mit dem Zinssatz z und verkleinert sich mit der Laufzeit L.

Die Tilgungsrate T in Abhängigkeit von Laufzeit L und Zinssatz z.

Die Gesamtschulden des Staats belaufen sich auf S = L T Ginv. Es ist verständlich, dass S < Gmax gilt, denn verzinst wird nur die Restschuld, welche durch die jährliche Tilgung kontinuierlich abnimmt. Das Verhältnis von Schulden zur Investition, also RS = S/Ginv, ist die Größe, welche durch das Wachstum mindestens kompensiert werden muss, also
(1 + )L = RS  --->  = RS1/L - 1.
Für verschiedene Laufzeiten und Zinssätze sind die Werte des minimalen Wachstums in der Tabelle unten gezeigt.
Zinssatz z
Laufzeit L=5 a
Laufzeit L=10 a Laufzeit L=20 a Laufzeit L=40 a
2%
1.2%
1.1%
1.0%
1.0%
4%
2.4%
2.1%
2.0%
1.8%
6%
3.5%
3.1%
2.8%
2.5%
8%
4.6%
4.1%
3.6%
3.1%
10%
5.7%
5.0%
4.4%
3.6%
Die minimale Wachstumsrate in Abhängigkeit von Laufzeit L und Zinssatz z.

 Als grobe Faustregel kann gelten, dass das minimale Wachstum etwa die Hälfte des Zinssatzes betragen muss.

Warum ist dies ein minimaler Wert für das erforderliche Wachstum? Der Grund ist, dass die Tilgungsraten jährlich und während der gesamten Laufzeit zu zahlen sind, die Staatseinnahmen aufgrund des erzeugten Wachstums während dieser Zeit aber nur etwa exponentiell ansteigen.
In der rechten Abbildung ist dieses Missverhältnis für ein Beispiel (z = 4%, L = 20 a) gezeigt. Für etwa das erste Drittel der Laufzeit reichen die zusätzlichen Einnahmen nicht zur Tilgung der Schulden aus, der Staat muss sich das fehlende Geld aus anderen Quellen (wiederum vom Kapitalmarkt?) besorgen. Jedes weitere Prozent an Wachstum verringert diese Notlage. Stets aber gilt:

   Wachstum, das der Staat mithilfe von Krediten finanziert, ist eine Investition in die Zukunft und bedeutet zunächst eine zusätzliche Belastung für den Staatshaushalt.

Und das Kap. 3.1 hatte uns bereits gelehrt:



Ein Vergleich zwischen der jährlichen Tilgungsrate und jährlichen Veränderung des Wachstums bei einer Kreditlaufzeit von 20 Jahren und einem Zinssatz von 4%.
Ab einer gewissen Grenze verhindern Staatsschulden jedes Wachstum.