Der Staat wird gebildet durch
die Gesamtheit seiner Bürger und jede Aussage über
diese
Bürger ist daher gleichzeitig eine Aussage über
ihren Staat.
Eine Aussage, wie: 'In Zeiten eines sich abschwächenden
Wachstums
erhöht sich die Gefahr, dass unterprivilegierte
Bürger im
Alter verarmen' gilt sowohl für jeden einzelnen dieser
Bürger, wie auch für ihren Staat. Was verschieden
ist, sind
die jeweiligen Zeitskalen, die mit Bedacht in den
Abbildungen des
vorhergehenden Kap. 4.1
als "a.u." (arbitrary units) angegeben wurden. Für den
Bürger
ist die Zeitskala von der Größe der Lebenszeit,
für den
Staat hingegen kann sie viel Generationen umfassen. |
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Dass eine logische
Verknüpfung für einzelne Glieder der Kette Bürger ---> Staat
---> Kontinent ---> Erde
besteht, hat seinen Grund in der Tatsache, dass jedes dieser
Glieder
denselben physikalischen Gesetzen unterliegt. Das wurde
evident durch
das Gaia-Modell
der
Erde, mit dessen Hilfe die Prozesse auf der Erde abgebildet
werden auf
die Lebensprozesse des Menschen. Ihre fundamentale
Gleichheit besteht
in ihrer Irreversibilität, welche die Produktion von
Entropie und
damit die Anwesenheit von hochwertiger Energie erfordert.
Hier
beschäftigen wir uns mit der Frage, was geschehen wird,
wenn der
Zugang zu diesen Energien in Zukunft immer schwieriger wird.
Ist es
unvermeidbar, dass dann unterprivilegierte Bürger und
ganze
Staaten verarmen? |
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Für
viele Menschen (ich zähle zu ihnen) besteht die Antwort
darin, auf
die "Kräfte des freien Markts" zu vertrauen, also das
System sich
selbst zu überlassen, bis es die beste und stabilste
Gleichgewichtslage erreicht hat. Dies ist die Grundlage
für das
Postulat des "Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage", das
in der
Vergangenheit tatsächlich den Erfolg des
Wirtschaftssystems
demokratisch verfasster Staaten garantiert hat. Aber diese
Grundlage
gerät ins Wanken, wenn das Wachstum seine Grenze
erreicht, und
z.B. in Kap
2.1 habe ich mich den Konsequenzen dieser Entwicklung
auseinandergesetzt. Die Schlussfolgerung lautet, dass die
Marktmechanismen allein nicht in der Lage sein werden, die
Ungleichgewichte im Sozialsystem von Staaten auszugleichen.
Auf der
anderen Seite kann es ein Staat nicht zulassen, dass
derartige
Ungleichgewichte sich verfestigen, denn sie würden mit
hoher
Wahrscheinlichkeit zu seiner Auflösung führen.
Also muss der
Staat die Kräfte des freien Markts in derartigen
Situationen
ergänzen, um seinen eigenen Bestand zu sichern. |
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Blicken
wir
auf die Ergebnisse des vorhergehenden Kap. 4.1, so
läge es nahe,
dass der Staat die Unterschiede in den Entwicklungen der
Klassen "+"
und "-" dadurch verringert, dass er die relevanten Parameter
a+ , b+
und a_ , b_ aneinander angleicht. Dies würde erfolgen
gemäß einer Politik, welche gleiche Chancen
für
jeden Bürger
zum Ziel hat, sowohl zu Beginn bei der Ausbildung, wie auch
später
beim Zugang zu dem nur noch begrenzt vorhandenen Wohlstand.
Dieses Ziel
zu erreichen, ist eine selbstverständliche
Notwendigkeit für
jeden Staat, der seine Aufgaben für alle Bürger
erfüllen
will. Es ist jedoch nicht vorstellbar, dass diese Politik zu
der
Gleichheit von a+ = a_ bzw. b+ = b_ führen könnte,
denn
Menschen sind zu unterschiedlich und schon kleine
Abweichungen von der
Gleichheit führt in die soziale Ungleichheit. Einen
Einheitsmenschen zu konstruieren, sollte gar nicht erst
versucht werden. |
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Als staatliche Maßnahme
bleibt dann die Umverteilung übrig, also muss ein Teil
des
Wohlstands der Klasse "+" durch staatliche Gesetzgebung
transferiert
werden zur Klasse "-", so dass sich deren Armut verringert.
Es ist
relativ einfach, den Umverteilungsmechanismus in den
Differentialgleichungen (2) des Kap. 4.1
zu berücksichtigen, also einen Umverteilungsterm Dw
einzuführen. Er
besitzt die Form Dw
= w+
- w_,
seine Wirkung wird bestimmt durch 2 Parameter:
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Dieses Gleichungssystem ist
einfach zu lösen und wir wollen das Ergebnis für
einige
Fälle betrachten und analysieren. Vorausgesetzt wird
immer, dass
es unterprivilegierten Menschen nicht gelingt, von selbst
ihre
Situation so zu verbessern, dass sie mit einem angemessenen
Anteil am
Wohlstand beteiligt sind, besonders nicht im Alter. Dies
entspricht dem
1. Fall in Kap.
4.1.
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Es ist wahrscheinlich nicht
erstrebenswert, eine Situation ohne jegliche sozialen
Unterschiede
erreichen zu wollen. Denn dann gewinnt ein neuer Aspekt an
zunehmender
Bedeutung, nämlich die Frage nach sozialer
Gerechtigkeit. Soziale
Gerechtigkeit ist das Gefühl, trotz eigener
Anstrengungen sozial
benachteiligt zu sein. Dieses Gefühl besitzen Menschen
in der
Klasse "-", wenn cT
zu groß wird. Es wird aber auch die Menschen in der
Klasse "+"
erfassen, wenn aufgrund staatlicher Intervention cT = 0 wird.
Vollständige Gleichheit raubt dem Staat jegliche
Dynamik1)
und das Wachstum kommt zum Erliegen, auch ohne dass die
energetische
Grenze dafür verantwortlich ist. Und das kann nicht
Ziel
staatlichen Handelns sein. Aber es existiert auch kein
allgemein
geltendes Gesetz, welches dem Staat einen optimalen Wert
für cT
vorgibt, so dass
unter den gegebenen Umständen das größt
mögliche
Wachstum erreichbar ist und trotzdem das Gefühl
sozialer
Gerechtigkeit in beiden Klassen vorhanden ist. |
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Wie schwierig diese Situation
ist, wird am Beispiel "Griechenland" sichtbar, das die EU
seit ca.
einem Jahr beschäftigt. Zwar nehme ich als Beispiel
für
verschiedene Klassen immer die Klasse der Bürger, aber
es wurde
schon darauf hingewiesen, dass sich die hier vorgestellten
Ergebnisse
auch auf andere Klassen übertragen lassen. Zum Beispiel
auf die
Klasse der Länder in der BRD, auf die Klasse der
Staaten in der EU
oder in den USA, oder auf die Klasse der Kontinente auf der
Erde. In
all diesen Fällen kennen wir den Mechanismus der
Umverteilung, sei
es als Finanzausgleich zwischen den Ländern oder als
Entwicklungshilfe zwischen Kontinenten. Die Umverteilung
zwischen den
Staaten der EU wurde ausdrücklich nicht zugelassen, man
wollte die
Entwicklung zu einer "Transferunnion" unmöglich machen.
Das ist
nicht gelungen und das überrascht nicht, wenn die in
diesem
Kapitel gezogenen Schlussfolgerungen
Gültigkeit
besitzen. Hoffen wir, dass sich eine andere Schlussfolgerng
nicht
bewahrheitet: Der Kollaps der EU aufgrund zu großer
Differenzen
in den Sozialsystemen ihre Mitgliedstaaten. |
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1) Selbst wenn Soziologen das bestreiten möchten, physikalisch entspricht es einem Naturgesetz: Ein Gleichgewichtszustand besitzt maximale Entropie und kann sich somit nicht weiter verändern. Entwicklungen werden dagegen ausgelöst durch Ungleichgewichte. |