Wie hoch ist der Preis für unseren
Wohlstand?
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Ökonomisches Lehrwissen
postuliert, dass sich der Preis für eine Ware ergibt aus
der Gleichheit von Angebot und Nachfrage. Dieses
Postulat ist aber nur dann richtig, wenn sich Angebot
und Nachfrage ungehemmt und unabhängig voneinander
entwickeln können. Dies ist aber für die Ware "Energie"
nicht gegeben, denn:
- Das Angebot ist begrenzt und die Grenze verändert
sich mit der Zeit.
- Angebot und Nachfrage sind nicht unabhängig
voneinander.
Wir müssen davon ausgehen, dass die Gleichheit von
Angebot und Nachfrage keineswegs der einzige Mechanismus
zur Bestimmung des Marktpreises für Energie - und damit
für unseren Wohlstand - ist. Was sind also also die
wirklich entscheidenden Mechanismen?
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Aus
naturwissenschaftlicher Sicht erwächst unser Wohlstand aus der
Fähigkeit, Entropie
erzeugen zu können. Entropie S entsteht bei der Umwandlung von
Energie nach dem prinzipiellen Schema (unter
gleichzeitiger Berücksichtigung der Energieerhaltung):
vollwertige
Energie (Exergie) ---> minderwertiger
Energie (Anergie) + Entropie. |
Folgerichtig sollte ein Maß
für unseren Wohlstand
die Menge an erzeugter Entropie sein. Praktisch
allerdings wird unser Wohlstand gemessen mithilfe eines
Geldwerts, i.A. mithilfe des Bruttoinlandprodukts BIP. Und es gibt
noch einen weiteren Unterschied zwischen S und BIP: Während die
minderwertige Energie und mit ihr die Entropie
fortlaufend durch Abstrahlung von der Erde entfernt
werden, bleiben der Wohlstand und damit die Geldmenge
auf der Erde erhalten.
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Die beiden letzten Größen
können aber nicht beliebig anwachsen, sie besitzen eine
obere Grenze, die erreicht wird, wenn der Vorrat an
vollwertiger Energie, welcher zur Entropieerzeugung
benötigt wird, vollständig erschöpft ist, wie es z.B.
bei den fossilen Energieträgern, insbesondere beim
Erdöl, der Fall sein wird. Da es sich im Folgenden
allein um eine grundsätzliche Diskussion handelt, wollen
wir beim Beispiel des Erdöls verbleiben. In diesem
Szenarium wird sich die Geldmenge Gv gemäß
der natürlichen Funktion f( )
entwickeln, welche im Kap. 1 als " epidemische
Wachstumsfunktion" bezeichnet wurde, kurz
Wachstumsfunktion:
 mit 1)
 ,
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Bei
natürlicher Entwicklung folgt Wv ( )
also der Funktion und
besitzt daher die Form1)
 .
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Um Erdöl anbieten zu
können, müssen die Förderkosten und alle weiteren
Kosten mithilfe des Erdölpreises gedeckt sein.
Dieser Preis K
wird aus der verfügbaren Geldmenge bezahlt, die
Kosten pro Energieeinheit ergeben sich daher aus dem
Verhältnis  ,
sind also proportional zu
 .
(1)
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Natürlich
beruhen diese Überlegungen auf sehr
vereinfachenden Annahmen und berechnet wird
nur das prinzipielle Verhalten von Gv( ), Wv( ) und K( ) mit
anwachsender Zeit. Eine nahe liegende
Erweiterung wäre z.B. die, dass nicht nur das
Erdöl, sondern auch andere Energieträger in
die Überlegungen mit einbezogen werden.
Darüber hinaus verlangen Einführung neuer bzw.
Modernisierung bekannter Energieträger
in die/der Energieversorgung immer auch eine
Strukturveränderung, welche letztlich wiederum
Energie erfordert. Dies gilt natürlich
insbesondere für die erneuerbaren Energien.
Dies Alles würde aber nur die mathematische
Behandlung unseres Problems komplizieren, es
würde nichts an dem prinzipiellen Verhalten
ändern, welches in halblogarithmischer
Darstellung in der Abbildung rechts gezeigt
ist. Anhand dieser Darstellung lassen sich
zwei wesentliche Verhaltensmuster erkennen,
welche sich auch bei Verwendung komplexerer
Beschreibungen ergäben:
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
Zeitliche
Veränderungen von Gv( ), Wv( ) und K( ) in
halblogarithmischer Darstellung. |
- In den Zeiten nach dem größten Energieangebot
wächst der Wohlstand nur noch langsam und
erreicht schließlich seinen Grenzwert. Diese
Entwicklung wird begleitet von einem stetigen
Anstieg des Energiepreises.
- In den Zeiten vor dem größten Energieangebot
blieb der Energiepreis näherungsweise konstant,
obwohl zu diesen frühen Zeiten der Wohlstand
weiter zunahm. Die ideale Situation, bei der
Wohlstand selbst weiteren Wohlstand generiert.
Aber leider sind diese Zeiten jetzt vorüber, obwohl
viele Leute meinen, sie ließen sich zurückbringen
und der Wohlstand hätte keine Grenze!
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Ich
kann jetzt schon den heftigen Widerspruch zu diesen
Aussagen von jenen Leuten hören, welche glauben, dass
erneuerbare Energien die Lösung für alle derartige
Probleme ergeben. Gegen diese Argumente sprechen allein
schon die Daten.
Ich bin aber auch prinzipiell nicht davon überzeugt,
dass erneuerbare Energien ohne gravierende
Einschränkungen, also bei Fortführung unseres gewohnten
Lebensstils, einen gangbaren Weg in die Zukunft
eröffnen. Ich habe dies in meinem Buch aus
allgemeiner Sicht, und im Detail z.B. hier begründet. Und diese
Untersuchungen ergaben das Resultat, dass der Beitrag erneuerbarer
Energien zur Deckung des globalen Primärenergiebedarfs
in der Mitte des 21. Jahrhunderts
wohl nicht mehr als 15% ausmachen dürfte.
Auf der anderen Seite zeigt der tatsächliche Verlauf des
Energiepreises keineswegs den glatten Verlauf, wie er in
der Abbildung oben dargestellt ist. Gemäß der Gleichung
(1) oben gibt es dafür zwei wesentliche Gründe:
- Das Energieangebot Wv(
) kann künstlich von Kartellen
gesteuert werden. Erfahrungsgemäß führt dies zu
kurzfristigen Fluktuationen
der Energiepreise. Eine künstliche
Energieregulierung lässt sich über längere Zeiten
aber nicht aufrecht erhalten.
- Die Geldmenge Gv(
) kann künstlich vergrößert
werden. Dies wird dadurch ermöglicht. dass die
Kontrolle über die Geldmenge auch von Zentralbanken
ausgeübt wird, deren Geldpolitik von Außen, also
i.A. von der Politik, gesteuert wird.
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Diese,
auf künstliche Art erzeugte Geldmenge ist nicht mehr an
den Fortschritt des BIP
gekoppelt, sie stellt daher eine minderwertige Geldmenge
Gm
dar. Das eigentliche Problem entsteht dadurch, dass Gm nicht
von der vollwertigen Geldmenge Gv unterschieden werden
kann. So lange Gm
klein ist im Vergleich zu Gv, macht sich die
Vergrößerung der Geldmenge allein bemerkbar durch das
Phänomen der Inflation, d.h., ein Teil unseres
Wohlstands ist virtuell2)
und sprachlich wird das reale Bruttoinlandprodukt durch das nominelle
Bruttoinlandprodukt ersetzt - ein Paradebeispiel dafür,
wie die Sprache benutzt wird zur Verschleierung des
tatsächlichen Geschehens.
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Wächst aber Gm zu
stark und überschreitet eine, für jeden Zeitpunkt neu zu
definierende Schwelle, so wird das Konzept der
schleichenden Geldentwertung untragbar und ein Teil des
virtuellen Wohlstands wird schlagartig vernichtet3). Dies kann man
durchaus ähnlich sehen zu dem Abtransport minderwertiger
Energie von der Erde, obwohl es sicherlich besser wäre,
das minderwertige Geld selbst würde vernichtet. So
aber wird versucht, minderwertiges Geld in realen Werten
anzulegen, z.B. in Erdölreserven und andere Güter (siehe
später), mit dem Hintergedanken, dass der Erdölpreis,
nachdem die Förderung ihren Höhepunkt überschritten hat,
nur noch ansteigen kann. Diese spekulative
Erdölnachfrage erhöht den Preis so stark, dass in
Folge die Erdölnachfrage und damit das BIP bzw. unser
Wohlstand sinkt. Das geringere wirtschaftliche Wachstum
lässt den Erdölpreis darauf hin wieder auf das erwartete
Niveau sinken. Im Prinzip entspricht dieser
Mechanismus einer vorweggenommen Energieverknappung,
denn Erdöl wird auf Vorrat gekauft, ohne dass
tatsächlich ein Bedarf besteht.
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Was
aber bestimmt den Zeitpunkt, zu dem die
Zuwachsraten von Gm
unverhältnismäßig stark ansteigen? Sicherlich
ist die Hauptursache ein zu starker politischer
Einfluss auf die Zentralbanken, die gezwungen
sind, Staatsschulden mit frisch gedrucktem Geld
Gm aufzukaufen (wie z.B. in Venezuela, wo
es sich glücklicherweise wohl um einen extremen
Einzelfall gehandelt hat). Ein wesentlicher
Grund dafür wird im Umfeld von Kriegshandlungen
(Irak, Afghanistan, Ukraine) zu suchen sein. Es
besteht wohl allgemeine Übereinstimmung darin,
dass die Durchführung eines Kriegs extrem hohe
Kosten verursacht und damit die Verfügungsgewalt
über große Geldmengen verlangt, welche nicht aus
dem Zuwachs des realen Wohlstands gedeckt werden
können. Aber auch Spekulation an Finanzmärkten
(Finanzkrise) und globale Pandemien
(Coronakrise) spielen eine Rolle. In allen
Fällen erhöht sich die Menge des minderwertigen
Gelds Gm (Staatsschulden)
relativ zu der Menge des vollwertigen Gelds Gv
(BIP).
Das Verhältnis Gm / Gv
ist beispielhaft für die USA und BRD in
der Abbildung rechts gezeigt.5)
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
Die jährliche
Entwicklung
der relativen Staatsverschuldung Gm/Gv
von USA und BRD in den Jahren von 1990 bis
2020. Ebenso gezeigt ist das Auftreten von
Kriegen (blau) und von globalen Krisen
(Finanz- und Corona-).
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Zu viel minderwertiges Geld wurde gedruckt und damit
später virtueller Wohlstand vernichtet. In den Zeiten
eines globalen Finanzmarkts werden die Auswirkungen auch
global bemerkbar und führen zu einem weltweiten Absinken
des Wohlstands. In diesem Kontext ist es durchaus
fragwürdig, ob eine, von der Politik empfohlene
Strategie zur Krisenvermeidung, nämlich die Menge
minderwertigen Gelds durch den Ankauf von Schuldtiteln
noch weiter zu erhöhen, wirklich aus der Krise führt.
Denn diese Politik beruht auf der Hoffnung, dass in
Zukunft die minderwertige Geldmenge Gm durch
einen Teil der vollwertigen Geldmenge Gv
wieder ersetzt werden könnte. Dieses Vorhaben aber, wenn
es ernst gemeint ist, setzt ein kräftiges
wirtschaftliches Wachstum voraus, welches nicht zu
erwarten ist, aus zwei wesentlichen Gründen:
- Wirtschaftliches Wachstum in Zeiten hoher Schulden
ist ein
Widerspruch in sich
selbst.
- Wirtschaftliches Wachstum ist unmöglich in Zeiten
einer wachsenden Energieverknappung.
Und insofern wird die Zukunft wohl eher davon geprägt
sein, dass Zentralbanken nicht mehr versuchen, die
Inflation (Geldentwertung) zu bekämpfen, sondern
mithilfe der Inflation den virtuellen Wohlstand zu
vernichten. Eine andere Methode ist zu versuchen,
minderwertiges Geld Gm
durch vollwertiges Geld Gv auf Kosten andere
Staaten zu ersetzen, indem in reale Werte, z.B. in deren
Bodenschätze oder Industrien oder Landbesitz,
investiert wird. Denn dass Investitionen allein wegen
hoher Zinserwartungen nicht erfolgreich sein müssen,
zeigt z.Z. die europäische Schuldenkrise und hat die
Immobilienkrise in den USA gezeigt: Letztere war der
eigentliche Auslöser der Finanzkrise in den Jahren
2007/10 mit all ihren Folgen.
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Betrachten
wir
die Entwicklung der vollwertigen
Geldmenge Gv,
so sprechen alle Anzeichen
dafür, dass wir uns der Zeit eines Nullwachstums nähern,
d.h., der reale Wohlstand wird seinen maximalen
Grenzwert erreichen. Man trifft immer wieder auf Apologeten,
die ein wirtschaftliches Nullwachstum für durchaus
erstrebenswert halten, denn erstens sei Wachstum nicht
gleichzusetzen mit hoher Lebensqualität, und zweitens
würde damit die Belastung der Umwelt durch den Menschen
nicht weiter steigen. Dabei vergessen diese Befürworter
des Nullwachstums (welche größtenteils der Klasse mit
hohem Wohlstand angehören) geflissentlich die Menschen
der nachwachsenden Generationen, deren Zahl noch weiter
wachsen wird. Auch ihnen steht ein fairer Anteil des
globalen Wohlstands zu, also wäre eine Umverteilung
dieses Wohlstands unumgänglich in Zeiten eines
Nullwachstums. Habe das jene Nullwachstumsanhänger
bedacht und sind sie bereit, ihren Wohlstand und den
ihrer Kinder mit ihren ärmeren Mitmenschen in der Welt
zu teilen?
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1)
Aufgrund dieser Definition besitzt die Größe für die Zeit t keine Einheit und
die Größen "Energie" und "Leistung" besitzen identische
Einheiten6). Wir benutzten hier zur
Vereinfachung denselben Zeitparameter a für alle
Funktionen in diesem Abschnitt.
2) Zum Beispiel besteht der Buchwert von
Banken teilweise aus nur virtuellem Wohlstand.
3) Die Inflationsraten der ve-Staaten
waren 2022 besonders hoch, so dass die Kluft zwischen Arm & Reich immer
größer wird. Die Akkumulation von Wohlstand bei nur
wenigen (sog. Wohlstandsblase) macht sich z.B. bemerkbar
an steigenden Aktienkursen und muss letztendlich zur
Vernichtung von - auch realem - Wohlstand führen.
Natürlich lässt sich realer Wohlstand auch anders
vernichten, z.B. in Kriegen oder durch
Naturkatastrophen. Dies sind aber ganz andere
Mechanismen als eine selektive Inflation.
4) Das Verhalten des Energiepreises wird in
Zeiten << 0 wesentlich
durch die verfügbaren, vollwertigen und minderwertigen
Geldmengen bestimmt, aber für >> 0 ist die Abnahme des
Energieangebots der entscheidende Faktor.
5) Die EU-Richtlinien erlauben nur eine
relative Staatsverschuldung von maximal 60%, die von der
BRD und besonders den USA 2020 überschritten wurde.
6) In der Physik sind Alternativen zum SI-Maßsystem
durchaus üblich, siehe z.B. hier.
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