Rohöl aus Schieferformationen in den USA
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In den USA wird Rohöl aus Schiefergestein hauptsächlich
gefördert in der Bakken-Formation
(Montana) und in 3 weiteren, in Texas gelegenen
Lagerstätten: der Eagle-Ford, Wolfcamp und Spraberry. Die dort gelagerten Vorräte werden auf
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Bakken: |
14 · 1012 kWh |
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Eagle-Ford: |
12 · 1012 kWh |
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Wolfcamp:
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585 · 1012 kWh |
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Spraberry:
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10 · 1012 kWh |
geschätzt. Ob diese Menge aber auch wirklich gefördert
werden kann, ist sehr fraglich. Nach der neuesten Analyse
des US
geoligical survey beträgt die förderwürdige
Erdölmenge aus z.B. der Bakken-Formation nur 11.7 · 1012
kWh und ist damit nur unwesentlich größer als der
jährliche Erdölbedarf der USA in Höhe von 10.7 · 1012
kWh im Jahr 2019.
Denn der größte Nachteil der Förderung nach der
"fracking"-Methode ist, dass nach Niederbringung der
Bohrung die geförderte Erdölmenge sehr schnell abnimmt. In
der Bakken-Formation, die hier als Beispiel betrachtet
werden soll, beträgt die Abnahme
der Ölförderung aus einer einzelnen Bohrung etwa 40%
jährlich. Ähnliches findet man auch bei allen anderen
shale-oil-Formationen in den USA, wie eine Abbildung in
dieser Publikation zeigt. Daher kann Rohöl
aus Schiefergestein überhaupt nur dann einen Beitrag über
mehrere Jahre erbringen, wenn die Formation kontinuierlich
durch immer neue Bohrungen erschlossen wird1).
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Weil das Niederbringen einer
Bohrung Investitionen erfordert, werden viele Bohrungen nur
dann erfolgen, wenn der Erdölpreis hoch genug ist, d.h. eine
Voraussage über die zu erwartende
Fördermengen ist verknüpft mit einer Voraussage über die in
Zukunft zu erwartende Ölpreisentwicklung.
Dies stellt ein erhöhtes Risiko für die notwendigen
Investitionen dar. Offenbar erzielten bis 2018 die meisten
der an den Bohrungen beteiligten Unternehmen einen negativen "cash flow", d.h. sie haben
mehr Geld ausgegeben als eingenommen und überlebten nur
aufgrund finanzieller Reserven: Ein Horrorszenarium für
Investoren!
Bezüglich der speziellen Situation in der
Bakken-Formation sollen 2 Voraussagen über die zukünftigen
Fördermengen (Extraktion) gegenübergestellt werden:
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Der dunkelrote Bereich stellt die Förderung
aus bis Ende 2012 niedergebrachten Bohrungen unter
Berücksichtigung der gemessen Förderabnahmen dar.
Der hellrote Förderbereich ergibt sich aus ca.
2300 neuen Bohrungen bis 2015.
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
Die Zunahme der Anzahl von Bohrungen bis Ende
2020 ist als rote Kurve gezeigt, die daraus
geförderten Rohölmengen als grüne Kurve. Die
blauen Punkte entsprechen den tatsächlichen
Fördermengen bis Mitte 2012.
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- Die
Voraussage
von R. Likvern nimmt an, dass im Jahr 2013 ca. 1200 -
1300 und im Jahr 2014 ca. 1000 - 1100 neue Bohrungen
niedergebracht werden. Anschließend fällt die geförderte
Menge etwa exponentiell ab.
- Die
Voraussage
von D. Coyne nimmt an, dass ab 2010 bis 2020 jährlich
2000 neue Bohrungen niedergebracht werden, so dass ihre
Gesamtzahl 20000 nach 2020 beträgt2). Danach
nimmt die Extraktionsrate sehr schnell ab.
Die größere Anzahl von Bohrungen bedeutet, dass die
Rohölextraktion bis zum Jahr 2019 auf etwa konstant hohem
Niveau gehalten werden kann. Ist die Anzahl der Bohrungen
geringer, ist das Niveau kleiner und nur bis 2015 konstant.
Beide Voraussagen kommen aber zu dem Ergebnis, dass die
jährliche Fördermenge nicht ein Niveau von ca. 0.4 · 1012
kWh a-1 übersteigen wird, was etwa 4% des
jährlichen Erdölbedarfs der USA (2019) entspricht.
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Diese, im Jahr 2013
gemachten Voraussagen sind nicht so falsch, wenn man
sie mit den neuesten Daten der EIA
vergleicht (siehe rechte Abbildung). In dieser
Abbildung sind die Produktionsmengen aller
shale-oil-Formationen in den USA gezeigt, nicht nur
die der Bakken Formation. Die 3 zu oberst gezeigten
Formationen (Eagle-Ford, Spraberry, Bakken) besitzen
laut Tab. oben etwa die gleichen Vorratsmengen, im
Jahr 2019 trugen sie zusammen etwa die Hälfte der
shale-oil-Förderung (ca. 2 PWh/a).
Offen bleibt aber die Frage, ob die Förderung in
Zukunft abnehmen wird und ob das allein aufgrund der
abnehmenden Vorräte geschieht, oder auch durch den
sinkenden Erdölpreis
verursacht sind. |
Entwicklung der Fördermengen aus
verschiedenen "shale oil" Formationen der USA.
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Vergleicht man die tatsächlichen Fördermengen
aus shale-oil-Formationen mit dem Erdölbedarf der USA von 10.7 ·
1012 kWh a-1 (10.7 PWh a-1)
im Jahr 2019, so konnte die Bakken-Formation nur ca. 8 %
dieses Bedarfs decken (doppelt so viel wie vorhergesagt),
alle Formationen zusammen nur ca. 40%. Zwar geht der
Erdölbedarf der USA langsam zurück, es
kann aber wohl keine Rede davon sein, dass die Fördermengen
von Rohöl aus den Schieferformationen der USA diese
demnächst zu einem Rohölexportland machen könnten, wie Medien
uns glauben machen wollen3).
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Nach einer neueren Veröffentlichung
hat seit Anfang 2015 die Anzahl der noch aktiven
Ölbohrplattformen in den USA sehr schnell wieder
abgenommen, nachdem sie seit 2010 stark angestiegen
war, siehe Abbildung rechts (eine neuere Abbildung
findet man hier). Dies entspricht ungefähr
der Voraussage von R. Likvern (siehe oben). Der
Grund für die Abnahme ist höchst wahrscheinlich aber
nicht die Erschöpfung der Reserven an noch
vorhandenem Schieferöl, sondern die Abnahme des Erdölpreises
auf dem Weltmarkt, der es unwirtschaftlich macht,
neue Bohrungen nach Schieferöl niederzubringen. Das
bedeutet, die Förderung könnte
wieder aufgenommen werden, wenn sich der Erdölpreis
erholt, womit längerfristig zu rechnen ist.
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
Anzahl
der aktiven Öl- und Gasbohrplattformen
(sog. Rigs) in
den USA
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Und in der Tat, wir haben nicht lange warten müssen: Nachdem
die OPEC-Staaten 2016 ihre Fördermengen reduziert
hatten, erhöhte sich der Erdölpreis kurzfristig auf über 60
USD/bbl. Gleichzeitig sind aber die Förderkosten
pro Bohrung für das Schieferöl in den USA von 80 auf 35
USD/bbl gefallen mit der Folge, dass die Schieferölförderung
(und damit die Anzahl der Bohrtürme) seit Ende 2016 wieder
angestiegen ist und ein weiterer Anstieg des Erdölpreises
vermieden wurde. Heute (2019) liegt der Erdölpreis bei etwa
65 USD/bbl.
Beim Schiefergas
ist eine ähnliche, wenn auch nicht so abrupte Entwicklung zu
beobachten. Allerdings ist die Anzahl der Bohrtürme für die
reine Erdgasförderung seit 2011 immer kleiner gewesen als
die für die Erdölförderung. Denn heute werden Bohrungen fast
nur noch für letztere niedergebracht - Erdgas ist ein
Beiprodukt der Erdölförderung.
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1) Das ist der
wesentliche Unterschied zu einem konventionellen Ölfeld, wo
mithilfe einer einzigen Bohrung über viele Jahre Rohöl
gefördert werden kann, indem die geförderte Ölmenge ersetzt
wird durch andere Substanzen, z.B. Meerwasser.
2) Dies ist die Gesamtanzahl der niedergebrachten
Bohrungen, von denen die meisten aber kein
Erdöl mehr fördern. Tatsächlich wird z.Z. nur aus ca. 1000
Bohrungen noch Erdöl gefördert und die vorgelegten Zahlen
zeigen, dass die Förderperiode einer Bohrung im Mittel nur
etwa 2.5 a beträgt.
3) Warum dann diese unglaubwürdigen Berichte? Ich
vermute, dass damit bewusst oder unbewusst die
Investitionsbereitschaft uninformierter Anleger angestachelt
werden soll.
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