Förderung von Energietechnologien

Eine kontinuierliche Energieversorgung zu garantieren, das ist eine Gemeinschaftsaufgabe und gehört daher in den Zuständigkeitsbereich des Staats. Falls ein Staat die Grundlagen seiner Energieversorgung verändert, muss er dafür sorgen, dass diese Veränderungen auch prinzipiell machbar und ökonomisch durchführbar sind, insbesondere dann, wenn die Gesetzesänderungen als Basis bisher unerprobte Energietechnologien benutzen. Das Energiekonzept der deutschen Bundesregierung verlangt z.B., dass durch Verbesserung der Energieeffizienz der deutsche PEB bis 2050 um die Hälfte verringert wird, ohne das sich der deutsche Wohlstand verringert und ohne dass der Weg zu diesen Verbesserungen in dem Konzept erkennbar wird. Innovationen in Energietechnologien sind also Voraussetzung für den Erfolg des Energiekonzepts und diese müssen mit entsprechenden Programmen von Seiten des Staats gefördert, d.h. diese Programme müssen vom Staat bezahlt werden. Staatliche Energieförderung wird somit zum impliziten Bestandteil jeden Gesetzes, welches die Basis unserer bisherigen Energieversorgung verändert1)

Genügt der Umfang der deutschen Förderung in Energietechnologien diesem Anspruch? Ich bezweifle das, im wesentlichen aus 2 Gründen:
  1. Es fehlt eine bis ins Detail entwickelte Strategie, wie durch Fördermaßnahmen die Energiewende erreicht werden soll.
  2. Die Höhe der Finanzmittel für die Förderung von Energietechnologien ist zu gering.
Die Strategie der Energieförderung

Es gibt einen Bericht der deutschen Bundesregierung über die geplanten Fördermaßnahmen bis zum Jahr 2014, in dem die möglichen Projekte erläutert werden. Aber dieser Bericht entspricht mehr einer Wunschliste, als dass er schildern würde, wer in welchem Zeitraum mit welchen Mitteln diese Projekte verwirklichen könnte. Auch fehlt ein tabellarischer Überblick über solche Projekte, denen die Bundesregierung die höchste Priorität einräumt, die also essentiell für den Erfolg der Energiewende sind. Oder geht die Bundesregierung davon aus, dass alle im Bericht erwähnten Projektwünsche auch wirklich gefördert und realisiert werden könnten? Dazu sind die eingeplanten Finanzierungsmittel zu gering, ein Mangel, auf den ich unten wieder zurückkommen werde.

Eine vom oben genannten Bericht unabhängige Liste der Förderprogramme und Finanzhilfen des Bundes und der Länder (die sog. Förderdatenbank) zeigt, dass unter dem Eintrag "Energieeffizienz und erneuerbare Energien" im Jahr 2013 noch 175 Projekte gefördert wurden, diese Anzahl jedoch bis Anfang 2015 auf 74 Projekte zurückging. Dies ist ein bemerkenswerter Rückgang: Nur noch ca. 20% aller geförderten Programme laufen z.Z. unter diesem Eintrag. Die Liste selbst erscheint seltsam zusammengewürfelt, es fehlt jegliches Ordnungsprinzip, wie z.B. nach Fördervolumen oder nach Förderempfänger (Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Industrieunternehmen, etc), oder nach Förderbereich. Insgesamt muss man feststellen, dass die Förderpolitik der Bundesregierung wenig transparent ist. Sie sollte sich ein Beispiel nehmen an der USamerikanischen Förderpolitik, welche in einer Liste die z.Z.  geförderten Projekte mit Angabe von Projektpartner, Thema und Fördersumme ausweist, also den notwendigen Informationen, um ein Regierungsvorhaben beurteilen zu können.

Im Prinzip sind die USA bezüglich ihrer Energieversorgung in einer ähnlichen Lage, wie die BRD - sie sind allerdings nicht ganz so importabhängig - und daher ist es auch für uns interessant zu sehen, wo sie die Prioritäten setzen. Im Jahr 2013 sollen die aufgeführten Energieprojekte ca. 120 Mio. USD an staatlichen Fördermitteln erhalten, sie gliedern sich in 11 Themenbereiche:
  1. Zukünftige Treibstoffe (13 Mio. USD)
  2. Zukünftige Fahrzeugkonzepte und -materialien (5.5 Mio. USD)
  3. Gebäudeeffizienz (5.5 Mio. USD)
  4. Carbon-Capture-Storage (CCS) Technologie (10 Mio. USD)
  5. Netzmodernisierung (24 Mio. USD)
  6. Erneuerbare Energien (19 Mio. USD)
  7. Stationäre Energiespeicher (12 Mio. USD)
  8. Stationäre Energiewandler (1.5 Mio. USD)
  9. Thermische Energiespeicher (9.5 Mio. USD)
  10. Mobile Energiespeicher (15.5 Mio. USD)
  11. Andere Projekte (4 Mio. USD)
Falls die Fördersummen proportional zur Priorität sind, dann besitzen in den USA Projekte zur Modernisierung des Verkehrs (1+2+10) die höchste Priorität, gefolgt von der Modernisierung des Elektrizitätsnetzes (5). In Deutschland ist diese Reihenfolge eher umgekehrt, wohl auch deswegen, weil der öffentliche Verkehr hier eine höhere Bedeutung besitzt. Dagegen fließen nur ca. 16% der USamerikanischen Fördermittel in erneuerbare Energien, eine u.U. weise Entscheidung, wenn man sieht, wie die deutschen Erneuerbare-Energien-Unternehmen, trotz enormer Subventionen (welche größtenteils vom privaten Energieabnehmer bezahlt werden müssen!), um das Überleben kämpfen.

Die Finanzmittel zur Energieförderung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veröffentlicht jährlich eine Liste der Fördermittel, die seit 1997 in die Entwicklung von Energietechnologien geflossen sind. Neben der BRD sind u.a. auch die Daten aus den USA und Japan in diese Liste aufgenommen worden, eine grafische Darstellung ist rechts zu sehen. Demnach haben Japan und die USA noch bis 2005 etwa 7mal mehr Finanzmittel für die Entwicklung von Energietechnologien bereitgestellt als die BRD. Darüber hinaus haben die USA ihre Mittel stetig erhöht und Japan ab dem Jahr 2007 überholt. Auch in der BRD wurde im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms geplant, diese Mittel merklich zu erhöhen. Dieses Programm begann 2011 und lief bis 2014, ein Nachfolgeprogramm wurde 2016 veröffentlicht. Demnach hatte sich bis 2015 die Fördersumme auf ca. 860 Mio. € nur unwesentlich erhöht, zu wenig im Vergleich mit den USA oder Japan.

Die realen Fördermittel, die von Japan (rot), den USA (blau) und der BRD (grün) von 1997 bis 2013 für die Entwicklung von Energietechnologien ausgegeben wurden.
Denn bei der Technologieförderung kann man sich nicht mit dem Hinweis auf eine geringere Einwohnerzahl oder ein geringeres BIP entschuldigen: Die Kosten für die Entwicklung von neuen Technologien sind von beiden unabhängig. Eine Regierung, welche eine Energiewende initiiert, sollte eigentlich vorher sicher gestellt haben, dass die dafür benötigten Finanzmittel auch vorhanden sind.

Unklar ist, wenn man die in der USamerikanischen Liste angegebenen Projekte und die dafür ausgewiesenen Mittel betrachtet, aus welchen Quellen die veranschlagten Fördermittel stammen. Ich vermute, dass diese Summen auch Beiträge der Industrie und von privaten Investoren enthält, welche in den USA eine wesentlich größere Rolle spielen, als in Deutschland2). Und sicherlich partizipieren nicht nur erneuerbare Energien an diesen Zuwendungen, wie z.B. Punkt 4 in der Liste.

Aber auch in der BRD sind die Förderbeträge nicht ausschließlich in "Energieeffizienz und erneuerbare Energien" geflossen, immer noch betrug nach 2005 der Anteil der Förderung von Nukleartechnologien etwa 30% der Gesamtförderung (siehe Abbildung rechts). Diese Mittel flossen zum größten Teil in die Fusionsforschung und (ich vermute) in die Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Abfall. Ähnliche Anteile flossen in erneuerbare Energien und den "Rest", wobei dessen Definition unklar ist.


Anteilige Förderung verschiedener Energietechnologien zwischen 1991 und 2012 in Deutschland (farbige Flächen mit Zuordnung und linke Skala). Die gelbe Kurve zeigt den Anteil der Förderung am deutschen Bruttoinlandprodukt (reales BIP) des jeweiligen Jahrs (rechte Skala). 
Verglichen mit dem realen BIP ist die deutsche Förderung in Energietechnologien erschreckend gering, sie erreichte um die Jahrtausendwende mit 0.00001% ihren minimalen Wert.

Nach dieser Diskussion mag vielleicht der Eindruck entstanden sein, mit neuen Technologien und mit viel mehr Geld ließen sich die Energieprobleme der Welt lösen, d.h. der Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energiequellen gestalten3). Die Anhänger dieses Glaubens an die Allmacht von Technologie ignorieren die natürlichen Rahmenbedingungen, in denen sich Technologie allein entwickeln lässt. Die Offenlegung dieser Rahmenbedingungen ist das eigentliche Thema meines Buchs "Die Zukunft unserer Energieversorgung", ich will dies anhand von nur einem Beispiel verdeutlichen:
  • Fossile Energien
Eine Energieversorgung auf der Basis fossiler Energien lässt sich so lange aufrecht erhalten, so lange neue Lagerstätten gefunden werden und diese sich - auch mithilfe neuer Technologien -  ökonomisch ausbeuten lassen. Der eigentliche Vorteil ist:
Die Lagerstätten sind lokalisiert, die Energieträger sind zuverlässig und besitzen eine hohe Energiedichte.
  • Erneuerbare Energien
Eine Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien muss nicht erst nach Lagerstätten suchen, man findet die erneuerbare Energien überall auf der Erde. Der eigentliche Nachteil ist aber:
Erneuerbare Energien sind nicht lokalisiert, sie sind unzuverlässig und besitzen nur eine geringe Energiedichte.

Neue Technologien werden an diesen Nachteilen von erneuerbaren Energien niemals etwas ändern können, sie sind naturgegeben. Natürlich kann man auf der Erde nach Lokalitäten suchen, an denen erneuerbare Energien ihre maximal mögliche Energiedichte erreichen (z.B. Gebiete mit großer Sonneneinstrahlung oder hohen Windgeschwindigkeiten), aber diese liegen weit weg von den Bevölkerungszentren. Also müssten verlustfreie Transportwege  der Energie zu diesen Zentren entwickelt werden. Und daher verwundert es schon, dass in keinem der hier vorgestellten Förderkataloge die Entwicklung von Hoch-Temperatur-Supraleitern erwähnt, geschweige denn gefördert wird. Ist diese Projekt zu kostspielig, weil zu riskant, oder gibt es ein (mir unbekanntes) Naturgesetz, welches ein derartiges Projekt von vornherein als unmöglich klassifiziert?


1) Das gilt auch dann, wenn eine Veränderung von Außen erzwungen wird, z.B. durch die Unterbrechung des Zugangs zu den bisherigen Energiequellen.
2) Das liegt wahrscheinlich auch an der besseren steuerlichen Behandlung von privaten und industriellen Investitionen in den USA.
3) Siehe hierzu auch die Kostenanalyse in energie4.