Die kinetische Energie,
welche im fließenden Wasser steckt, kann auf verschiedene
Arten und mit verschiedenen Methoden genutzt werden (siehe
Energie2):
- Wasserkraftwerke,
- Wellenkraftwerke
- Gezeitenkraftwerke.
Nur die erste dieser Methoden ist aber von praktischer
Bedeutung, die beiden anderen Methoden tragen nur in
vernachlässigbarem Umfang zu unserer heutigen
Energieversorgung bei. Auch ihre Zukunftsperspektiven sind
äußerst gering, wie in Energie2 berechnet. Aus besonderen Gründen
wird aber unten auf die Probleme der Wellenkraftwerke
eingegangen.
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1. Wasserkraftwerke
|
Dagegen stellt die
elektrische Energie, die mithilfe von Wasserkraftwerken
aus den strömenden Abwässern gewandelt wird, auch heute
noch den dominanten Anteil in der Liste aller uns zur
Verfügung stehenden erneuerbaren Energien. Man
unterscheidet bei den Wasserkraftwerken zwischen großen
Anlagen, welche eine installierte elektrische Leistung von
über 105
kWh a-1 besitzen und überwiegend eine Staustufe
aufweisen, und den kleinen Anlagen, deren installierte
elektrische Leistung unter dieser Grenze liegt. Bei der
Versorgung der Welt mit elektrischer Energie sind
allein die großen Anlagen von wesentlicher Bedeutung.
Wir
werden zur Charakterisierung der verfügbaren
Wasserenergie in der Abbildung rechts das Substitutionsverfahren
anwenden, das heißt, die gewandelte elektrische
Energie wird als Primärenergieäquivalent
angegeben. Die Details der Berechnung des
Äquivalents aller erneuerbarer Energien und
insbesondere des darin enthaltenen Anteils an
elektrischer Energie sind in Kap. 3.1 beschrieben. In
der Abbildung rechts ist gezeigt, welchen
relativen Beitrag erneuerbare Energien am globalen
Primärenergiebedarf in den Jahren von 2000 bis
2019 lieferten und wie groß der Teilbeitrag der
elektrischen Energie war. Letzterer ist noch
einmal getrennt nach dem Beitrag aus
Wasserkraftwerken allein (WKW, hellblau) und dem
aus allen anderen Quellen erneuerbarer Energien,
hauptsächlich aus Windkraftwerken (WKA,
dunkelblau).
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
Der prozentuale
Anteil (100*Versorgungsgrad) erneuerbarer
Energien an der Versorgung der Welt mit
Primärenergie (grün) und welchen Beitrag die
elektrische Energie dabei leistete, aus
Wasserkraftwerken (hellblau) und aus allen
restlichen erneuerbaren Quellen (dunkelblau).
Die Daten wurden der BP-Statistik1) entnommen.
|
Demnach ist der Versorgungsgrad mit erneuerbaren
Energien in dem betrachteten Zeitraum langsam von 5.5% auf
10.0% gestiegen und wird im Jahr 2025 wahrscheinlich eine
Höhe von ca. 14% erreichen. Damit war der Zuwachs in der
Nutzung erneuerbarer Energien nur geringfügig größer als
der des Primärenergiebedarfs insgesamt (siehe Kap.1). Dagegen hat sich
der Anteil der elektrischen Energie aus Wasserkraftwerken
praktisch nicht verändert, er lag in dem betrachteten
Zeitraum konstant bei etwa 4%. Die Bedeutung der
Wasserenergie im Kanon aller erneuerbarer Energien geht
damit langsam zurück.
Dies ist nicht allzu verwunderlich: Die Wasserenergie ist,
abgesehen von der Biomasse, die älteste genutzte Form der
erneuerbaren Energien, sie ist weltweit stark ausgebaut
und ihrer weiteren Entwicklung sind Grenzen gesetzt.
Ausreichend große Wasserströmungen sind nur in den Ländern
anzutreffen, über denen sich große Regengebiete entwickeln
können und in welchen sich außerdem Gebiete mit großen
Höhendifferenzen befinden, die also große Gebirge
besitzen. Um dies zu erläutern, sind in der Tabelle2)
unten die Länder zusammengestellt, welche die theoretisch
größten Reserven an Wasserenergie besitzen.
|
|
theoret.
Leistung
|
installierte
Leistung
|
gewandelte
Leistung
|
Kapazitäts-
faktor
|
Nutzungs-
grad
|
Versorgungs-
grad3) |
Land |
(109
kWh a-1) |
|
|
|
VRChina |
16175 |
2182 (3122)
|
714 (1270)
|
0.33 (0.41)
|
0.25 (0.31)
|
0.036 (0.028)
|
USA |
12254 |
679 (900)
|
319 (271)
|
0.47 (0.30)
|
0.35 (0.23)
|
0.017 (0.019)
|
Brasilien |
8306 |
722 (955)
|
429 (399)
|
0.59 (0.42)
|
0.44 (0.32)
|
0.186 (0.191)
|
Russland
|
7650
|
435 (437)
|
180 (194)
|
0.41 (0.44)
|
0.31 (0.33)
|
0.032 (0.033)
|
Indien |
7208 |
334 (439)
|
131 (162)
|
0.39 (0.37)
|
0.29 (0.28)
|
0.029 (0.021)
|
Kanada
|
3522
|
658 (713)
|
348 (382)
|
0.53 (0.54)
|
0.40 (0.41)
|
0.135 (0.136)
|
Norwegen |
1639 |
133 (286)
|
68.0 (125)
|
0.51 (0.44)
|
0.38 (0.33)
|
0.195 (0.214)
|
Türkei
|
1128
|
151 (250)
|
57.5 (89.2)
|
0.38 (0.36)
|
0.29 (0.27)
|
0.062 (0.049)
|
....
|
....
|
....
|
....
|
|
....
|
|
Deutschland
|
328
|
41.5 (49.0)
|
18.9 (20.2)
|
0.44 (0.41)
|
0.33 (0.31)
|
0.007 (0.008)
|
....
|
....
|
....
|
....
|
|
....
|
|
Welt
|
111200
|
7656 (11458)
|
3119 (4222)
|
0.41 (0.37)
|
0.31 (0.28)
|
0.033 (0.030)
|
Die Länder mit
dem größten Potenzial an Wasserenergie und wie
viel davon für die Energieversorgung im Jahr 2011 und
2019 (Zahlen in roten
Klammern) genutzt wurden. Dies wird
ausgedrückt durch den Kapazitätsfaktor und den
Versorgungsgrad relativ zu dem
Primärenergiebedarf.
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Theoretisch in diesem Kontext bedeutet, dass alle
politischen, ökologischen, ökonomischen und
technischen Probleme, die sich der Wandlung der
Wasserenergie in elektrische Energie entgegenstellen,
außer Acht gelassen werden. Im Wesentlichen sagt dieser
Wert nur aus, mit wie viel Regen pro Jahr dieses Land
rechnen kann und wie hoch das mittlere Gefälle der
beregneten Fläche bis zum Meeresspiegel ist. Wie viel von
dieser theoretisch vorhandenen Energie durch
Wasserkraftwerke tatsächlich genutzt werden kann, das ist
in der nächsten Spalte "installierte Leistung" gezeigt.
Der Unterschied zwischen theoretischer und installierter
Leistung macht also deutlich, wie groß die bei der Nutzung
der Wasserenergie zu überwindenden Schwierigkeiten sind.
Wegen dieser Schwierigkeiten sind in der obigen Tabelle
auch einige Länder nicht vertreten, obwohl sie über
theoretisch große Leistungsreserven verfügen. Dazu
gehören:
Indonesien mit |
5866 · 109
kWh a-1, |
Peru mit |
4311 · 109
kWh a-1, |
DRKongo mit |
3817 · 109
kWh a-1, |
Kolumbien mit |
2732 · 109
kWh a-1, |
Myanmar mit |
2396 · 109
kWh a-1. |
Diese Länder zählen alle zur Klasse der we-Länder. Dass sie
die Wasserkraft nicht stärker nutzen, liegt wahrscheinlich
an der fehlenden Infrastruktur und mangelnden
Investitionen.
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Außerdem wird die
installierte Leistung auch nur dann wirklich genutzt, wenn
die Wasserkraftwerke mit dem maximal möglichen
Wirkungsgrad die Energie wandeln und die Wasserläufe und
Wasserspeicher immer die optimale Wassermenge führen.
Diese Bedingungen sind selten ein ganzes Jahr über erfüllt
und deswegen ist die gewandelte Leistung in der nächsten
Spalte immer kleiner als die installierte Leistung. Aus
beiden Leistungswerten ergibt sich der Kapazitätsfaktor
oder der Nutzungsgrad, den die Wasserkraftwerke eines
Lands im Mittel erreichen, wobei ein theoretischer
Wirkungsgrad von = 0.75 vorausgesetzt wird (siehe Energie2 und Kap.3.3). Die Werte für
den erreichten Nutzungsgrad schwanken von Land zu Land
sehr stark. Einen hohen Nutzungsgrad erreicht eigentlich
nur Kanada: Dieses Land liegt in einer Region mit großen
Niederschlagsmengen (siehe Energie2) und
besitzen hohe Gebirgszüge. Dagegen ist der Nutzungsgrad in
Ländern wie Indien und die Türkei, die in dem
Trockengebiet der Erde zwischen dem 15. und 40.
Breitengrad liegen, sehr viel geringer. Und in 2 Ländern
(USA und Brasilien) hat der Nutzungsgrad zwischen 2011 und
2019 sogar stark abgenommen: Wahrscheinlich eine Folge des
Klimawandels, insbesondere in Brasilien, wo die Ursache die
steigende Abholzung des Regenwalds ist,
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Schließlich können wir aus
der gewandelten Leistung berechnen, mit welchem Versorgungsgrad
die Wasserenergie zur Versorgung der Länder am Ende des
Jahrs 2011 und 2019
mit Primärenergie
beigetragen hat. Auch der Versorgungsgrad schwankt sehr
stark von Land zu Land, er ist in Norwegen mit einem
Versorgungsgrad von fast = 0.21 am größten. Diese
europäische Land kann also mehr als 21% seines
Primärenergiebedarfs aus Wasserkraftwerken decken. Und
daher wurde in der Vergangenheit ein Teil dieser Energie
in andere europäische Länder, wie z.B. Deutschland,
exportiert. Aber Vorsicht:
- Schon 2010 wurde Norwegen vom
Exporteur
zum Importeur elektrischer Energie.
- Seit 1991 ist der norwegische Elektrizitätsmarkt
dereguliert und Energie wird dorthin verkauft, wo die
Preise am höchsten sind.
Und dies gilt ebenso auch für die deutschen Pläne, Norwegen
als geeigneten Ort für Speicherkraftwerke zu gewinnen, um
die Leistungsfluktuationen insbesondere von deutschen
Windkraftwerken auszugleichen.
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2. Wellenkraftwerke
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Über Wellenkraftwerke gibt
es nicht so viele neue Informationen, dass es sich lohnte,
darüber zu berichten. Trotzdem erreichen mich schon seit
längerer Zeit Anfragen, welche sich auf einen Artikel in
der englischen Ausgabe von Wikipedia
beziehen. Mit den dort publizierten Formeln zur
Wellenleistung werden Ergebnisse erzielt, die denen
widersprechen, welche ich berechnet habe.
Aufgabe dieses Abschnitts ist es, auf diese Widersprüche,
auch für die Allgemeinheit sichtbar, einzugehen.
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Die von Wikipedia
publizierte Formel zur Wellenleistung pro Küstenlänge
lautet
 .
(1)
Dagegen lautet die von
mir angegebene Formel
 .
Um meine Formel so umzuformen, dass sie die Größen der
Wikipedia-Formel benutzt, muss man berücksichtigen,
dass für Wasserwellen die Beziehung  gilt. Dann ergibt sich als
modifizierte Formel (wenn noch d durch H ersetzt wird)
 .
(2)
Die Formeln (1) und (2) unterscheiden sich ganz
wesentlich in der Behandlung der Wellenperiode T und dies ist
entscheidend um zu erkennen, dass (1) falsch sein
muss. Denn der Grenzfall "keine Wellen" ( T ->  ) ergibt
für (1) P ->  , aber für (2) P -> 0
und allein das 2. Ergebnis ist verständlich und daher
korrekt.
|
Ein anderer wichtiger Punkt
ist der, dass für die Berechnung der nutzbaren Leistung
von Meereswellen nicht der Bezug auf die Küstenlänge
maßgeblich ist, sondern der Bezug auf die
Meeresoberfläche. Dieser ergibt sich, wenn die
Leistungsformeln durch H
dividiert werden. Also für die in meinem Buch publizierte
Formel ergibt sich
 .
(3)
Seltsamerweise lässt sich dieses Ergebnis auch ableiten
mithilfe der in Wikipedia angegebenen Eigenschaften von
Meereswellen, ohne dass der Widerspruch zu der dort
angegebenen Leistungsformel (1) erkannt wurde. Denn laut
Wikipedia beträgt die auf die Meeresoberfläche normierte
Wellenenergie
 ,
woraus wegen der
fundamentalen Beziehung P = W/ T
folgt, dass für die Wellenleistung gilt
 .
(4)
Die Formeln (3) und (4) unterscheiden sich nur durch
den Vorfaktor f
= 1/6 für (3) und f
= 1/16 für (4). Und dies ist wahrscheinlich darauf
zurückzuführen, dass in (4) die zeitlichen
Fluktuationen der Wellenhöhe H berücksichtigt sind, was wohl der
tatsächlichen Situation in den Meeren angemessen ist.
|
Um die Unterschiede zu
verdeutlichen, folgen hier die Ergebnisse für die in
Wikipedia behandelten Beispiele:
1:
|
H = 3 m, |
T
= 8 s |
ergibt nach (4) P/A = 0.7 kW m-2, |
aber nach (1) P/l = 36 kW m-1. |
2:
|
H = 15 m, |
T = 15 s |
ergibt nach (4) P/A = 9.4 kW m-2, |
aber nach (1) P/l = 1.7 MW m-1. |
Der Pelamis-Schwimmkörper
des gescheiterten Agucadora-Wellenparks vor der Küste
Portugals hatte eine Grundfläche von 120x3.5 m2,
die verfügbare Eingangsenergie pro
Schwimmkörper betrug im Normalfall 1 etwa Wi = 294
kW. Der Nutzungsgrad für die Wandlung in das Primärenergieäquivalent
kann, nach meiner Schätzung, nicht größer als = 0.1 gewesen sein. Dies ergibt einen
Beitrag zur elektrischen Energie aus erneuerbaren
Energien bei der Installation von 3 Schwimmkörpern
von etwa
W(ernb)el = 90
kW.
Wie der Betreiber der Anlage auf W(ernb)el
= 2.25 MW kam, ist mir nicht ersichtlich. Kann es
sein, dass das Scheitern dieser Anlage nicht allein
auf die mechanische Beanspruchung zurückzuführen ist?
Im Mai 2010 soll eine ähnliche Anlage vor
Orkney/Schottland in Betrieb gehen, über ihren Erfolg
liegen bisher keine Berichte vor.
|
Dies sind substantielle
Bedenken und ich habe Wikipedia darauf hingewiesen(subsection
12).
Bisher
ohne Reaktion, aber die kann ja in Zukunft noch kommen, in
welcher Weise auch immer.
|
1) Der
Unterschied zur entsprechenden Abbildung in Kap. 3.1 beruht i.W. darauf, dass
die BP-Statitik nicht den Anteil der thermischen
Energie berücksichtigt.
2) Die Tabelle für 2011 ist im Internet nicht
mehr zu finden.
2) Normiert auf den Primärenergiebedarf am Ende
von 2011, bzw. 2019. Die
Werte werden berechnet mithilfe der Substitutionsmethode ( = 0.65).
|