Deutschlands
Ausstieg aus der Kohleverstromung
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Anfang
2019 legte die von der Bundesregierung eingesetzte
Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung"
(genannt Kohlekommission) ihren Vorschlag vor, wie
Deutschland bis 2038 aus der Verstromung der (heimischen)
Kohle aussteigen kann, "um das Klima zu retten".
Der zeitliche Verlauf des geplanten
Ausstiegs bis 2038 ist in der Abbildung rechts
gezeigt - sowohl für alle Kohlekraftwerke (schwarze
Linie) wie auch gesondert für Braunkohlekraftwerke
(blaue Linie). Die Zeiten der Reevaluierung, ob der
Ausstieg auch schon bis 2035 erfolgen kann,
sindpdate durch Punkte gekeinzeichnet.
Da bis 2022 auch die Schließung des letzten
Kernkraftwerks erfolgt sein soll, werden spätestens
ab 2038 allein die erneuerbaren Energien (i.W.
Windkraftwerke und Fotovoltaikanlagen) die
Versorgung Deutschlands mit elektrischer Energie
übernehmen, mit der unausgesprochenen Option, dass
im Notfall auch importiertes Erdgas die evtl.
auftretenden Versorgungslücken füllen könnte. |
Deutscher Ausstieg aus KohleKW(schwarz),
BraunkohleKW(blau) bis 2038, bzw 2035.
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Mit der Durchführbarkeit dieses und anderer
Vorschläge habe ich mich bereits in mehreren Kapiteln
beschäftigt (z.B. hier
und hier). In diesem Kapitel geht es
allein um die Frage, welche finanziellen Belastungen auf die
deutschen Bundesbürger zukommen, falls der Vorschlag der
Kohlekommission verwirklicht werden sollte. Denn dass die
Verwirklichung teuer wird, gibt auch die Bundesregierung
(wenigstens teilweise) zu:
- Zur Kompensation des notwendigen Arbeitsplatzabbaus in
den 4 Kohleländern (Nordrhein-Westfalen, Brandenburg,
Sachsen-Anhalt, Sachsen) und für die Schaffung neuer
Arbeitsplätze in diesen Ländern (Strukturwandel und
Beschäftigung) hat die Bundesregierung Subventionen in
Höhe von 40 Mrd. € bis 2038 versprochen, also im Mittel
2 Mrd. € pro Jahr.1)
- Ebenfalls versprochen wurden von Wirtschafts- und
Energieminister Altmeier, dass der Strompreis nach 2018
i.W. stabil bleiben soll (Wachstum) und eventuelle
Preissteigerungen durch Steuermittel ausgeglichen werden
sollen.2)
Der Umfang dieser Subventionen wurde von Altmeier nicht
beziffert, und genau mit dieser Frage will ich mich jetzt
beschäftigen. Denn dass der Strompreis nicht beliebig
ansteigen kann, ohne die deutsche Wirtschaft und damit den
Wohlstand Deutschlands zu ruinieren, habe ich hier
gezeigt.
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Schauen wir uns zunächst an, welchen
elektrischen Leistungsbedarf die einzelnen Sektoren
der deutschen Volkswirtschaft haben (Abbildung
rechts). Die Daten wurden einer Zusammenstellung
des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie entnommen3). Daraus
ergibt sich, dass der Leistungsbedarf zwischen 1991
- 2017 i.W. in allen Sektoren konstant geblieben
ist. Einzige Ausnahme ist der deutliche Rückgang im
Sektor Industrie im Jahr 2009, ausgelöst durch
die Finanzkrise. Addiert man alle
Sektoren, so ergibt sich ein totaler Leistungsbedarf
zwischen 2000 - 2017 von ca. 530 TWh/a. Diese Zahl
unterscheidet sich ganz wesentlich von der
gewandelten Leistung (ca. 625 TWh/a, siehe Abbildung
unten rechts), die Differenz wird vom BMWi
gleichteilig auf Verluste und Stromexporte
zurückgeführt4). |
Elektrischer Leistungsbedarf
der einzelnen Sektoren der deutschen
Volkswirtschaft zwischen 1991 - 2017.
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Ganz anders sieht es aus, wenn man die Kosten betrachtet,
die den Sektoren durch den Bezug elektrischer Leistung
zwischen 1991 - 2017 entstanden sind. Diese Kosten richten
sich nach dem Strompreis, der für den
Sektor Industrie aufgrund staatlicher Ausnahmeregelungen
(eigentlich handelt es sich um Subventionen) nur etwa halb
so groß war wie für alle anderen Sektoren (Abbildung unten
links).
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Kosten für elektrische
Energie in Deutschland.
Seit dem Jahr 2000 sind diese Kosten drastisch
gestiegen, dem Jahr, in dem das
"Erneuerbare-Energien-Gesetz" (EEG) verabschiedet wurde, das
für eine drastische Steigerung des Anteils sorgte,
den erneuerbare Energien bei der Versorgung mit
elektrischer Energie in Deutschland spielen (siehe
Abbildung rechts, die dem Kap. 6-5
entnommen ist). Ganz offensichtlich sind die
Anstiege der Kosten und des Anteils erneuerbarer
Energien korreliert. Dies ist zwar kein Beweis, dass
letzterer Ursache für ersteren ist, aber die Gründe
lassen sich benennen (siehe unten) und liefern
den Beweis. Daraus ergibt sich:
Zwischen 2000-2017 betrug die
mittlere Kostensteigerung 4.3 Mrd. €/a
pro Jahr.
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Zusammensetzung Energieträger,
welche zur
Versorgung mit elektrischer Energie in Deutschland
beitrugen. Es sind dies
1: Steinkohle, 2:
Braunkohle,
3:
Erdöl,
4: Erdgas
5: Kernenergie,
6: Wasserkraft,
7:
Windkraft,
8: Fotovoltaik,
9:
Biomasse,
10: Rest.
Erneuerbare Energien sind grün
dargestellt, ihr Anteil hat seit 2000 drastisch
zugenommen. Daraus ergibt sich:
Zwischen 2000 - 2017 betrug
der mittlere Zuwachs an erneuerbaren Energien
10.9 TWh/a pro Jahr.
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Die deutsche Gesellschaft hat daher den Umstieg auf
erneuerbare Energien in der Elektrizitätsversorgung mit ca.
40 €ct/kWh finanziert. Dies ist größer als der
augenblickliche Strompreis von ca. 30 €ct/kWh, aber das ist
auch nicht verwunderlich: Denn z.Z. (Ende 2018) tragen
erneuerbare Energien nur ca. 38% der Versorgung, woraus sich
schließen lässt, dass sich die Kosten für die Versorgung
mithilfe fossiler Energien auf nur 24 €ct/kWh beliefen.
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Und dies sind nicht die Kosten, die bei der
Wandlung von fossiler in elektrische Energie (genannt
Erzeugung und Vertrieb) wirklich anfallen - die Kosten
entstehen i.W. durch die Belastungen infolge des EEG und
staatlicher Abgaben, siehe Tabelle unten.
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1
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2
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3
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4
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5
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6
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7
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8
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Erzeugung
Vertrieb
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EEG
Umlage
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KKW
Umlage
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Netz-
entgelte
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Umsatz-
steuer
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Strom-
steuer
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Konzessions-
abgabe
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§19
Umlage
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Anteil
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19.3 %
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23.6 %
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1.4 %
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25.6 %
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16.0 %
|
7.0 %
|
5.7 %
|
1,4 %
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Die prozentuale Zusammensetzung des deutschen
Strompreises im Jahr 2018.
Den Wandlungskosten (1) in Höhe von ca. 6 €ct/kWh stehen
also Kosten in Höhe von ca. 19 €ct/kWh aufgrund des EEG
(2+3+4) entgegen. In diese Rechnung habe ich die
Netzentgelte einbezogen, denn sie werden wesentlich
verursacht durch den Netzausbau mit HGÜ-Leitungen, um
"grünen" Strom vom Norden in den Süden Deutschlands zu
transportieren.
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Was bedeutet dies jetzt für das Versprechen
von Altmeier, den Strompreis zukünftig stabil halten zu
wollen? Offensichtlich müsste er jede weitere kWh aus
erneuerbaren Energien mit 10 €ct subventionieren. Wie viel
das jährlich an Subventionen bedeutet, hängt von der
Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Energien ab:
- Findet der Ausbau, wie bisher, mit ca. 11 TWh/a statt,
so würden dies jährliche Subventionen in Höhe von etwa
1.1 Mrd. € bedeuten und 2038 hätte der Ausbau eine
Leistung von etwa 0.47 PWh/a erreicht.
Dies ist aber nicht das Ziel der Bundesregierung! Diese
strebt bis 2038 den Ausstieg aus der Kohleverstromung an und
will den Verkehr mit Kraftfahrzeugen auf elektrischen
Antrieb umstellen, siehe Kap. 6-5. Dies bedeutet,
dass der Ausbau 2038 eine Leistung von mindestens 1 PWh/a
erreichen muss, wie in der Abbildung rechts oben angedeutet.
- Findet der Ausbau mit ca. 37 TWh/a statt, um das
gesteckte Leistungsziel von 1 PWh/a zu erreichen, so
würde dies jährliche Subventionen in Höhe von etwa 3.7
Mrd. € bedeuten.
Diese Abschätzung aller, zu erwartenden Subventionen (ca. 3
- 6 Mrd. €) führt nicht zu Beträgen, die Deutschland nicht
sollte aufbringen können, wenn sie nicht in eine Zeit
fielen, in der das Bruttoinlandprodukt sinkt und andere
große Staatsausgaben geplant sind: Erhöhung der
Bundeswehrausgaben und Erhöhung der Sozialausgaben und
insbesondere wesentlich größere Zahlungen in den
EU-Haushalt.
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Immer führt eine derartige Situation zu der
Frage, ob die Subventionen für den Kohleausstieg nicht
reduziert werden könnten, wie z.B. hier angedeutet. Falls das
Leistungsziel tatsächlich 1 PWh/a beträgt, sehe ich keine
Möglichkeiten, denn die Kosten für das Redispatch/Einspeisemanagement und
den Netzausbau werden überproportional steigen, selbst wenn
die Kosten für die garantierte Einspeisevergütung langsam
fallen sollten.
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1) Es ist
wahrscheinlich mehr ein Zufall, dass dieser Zeitraum genau
der Subventionsperiode entspricht, mit der gesicherte
Einspeisevergütungen für erneuerbare Energie in das
Stromnetz garantiert werden.
2) Da fragt man sich natürlich sofort, ob die
EU-Kommission diesen Subventionen zustimmen wird - ein
weiteres Beispiel dafür, wie die Bundesregierung einfach die
Belange der anderen EU-Mitglieder übergeht.
3) Die Daten des BMWi enden 2015, Daten bis 2017
habe ich dem Statistik-Portal STATISTA
entnommen, insbesondere die der Strompreise für die
Industrie.
4) Im Mittel zwischen 2000 - 2017 betrug diese
Differenz ca. 2% des totalen Leistungsbedarfs und ist daher
keineswegs vernachlässigbar.
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