Die englische Energiewende





Die Vorräte an Nordseeöl sind demnächst erschöpft und daraus ergeben sich Konsequenzen. In deutschen Medien wird darüber nicht viel berichtet, aber eine Konsequenz ist:


so wie Deutschland seine Energiewende plant. Letztere erregt in deutschen Medien allerdings viel mehr Aufmerksamkeit, besonders im Hinblick auf deren Erfolgsaussichten. Es ist daher wohl nicht uninteressant, beide Pläne zu vergleichen, sowohl bezüglich ihre Ziele, wie auch der anvisierten Technologien.

Formal besteht zunächst ein Unterschied darin, dass die Pläne zur englischen Energiewende den Partnerländern in der EU im Oktober 2014 vorgestellt wurden mit dem Resultat, dass die EU die Subventionen für den geplanten Ausbau der Kernenergie nicht im Widerspruch zu den Richtlinien der EU sieht.1)
Dagegen wurde der Plan zur deutschen Energiewende spontan nach dem Reaktorunglück in Fukushima modifiziert und anschließend nicht einer Diskussion innerhalb der EU unterzogen. Das Resultat war, dass die deutschen Subventionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien (EEG) auf den Widerstand der EU stießen und erst nach schwierigen Verhandlungen überwunden waren.

Wichtiger als diese formalen Unterschiede ist aber, dass beide Pläne primär entgegengesetzte Ziele verfolgen:

  • Die deutsche Energiewende setzt primär auf den totalen Ausstieg aus der Kernenergie, der bis 2022 vollzogen sein soll. Dies ist aber, wie sich bisher gezeigt hat, nur erreichbar, wenn die dann fehlende Energie vermehrt durch Energie aus fossil-biogenen Kraftwerken ersetzt wird, was notgedrungen zu einer Erhöhung der deutschen CO2 Emissionen führt.
  • Die englische Energiewende strebt primär eine Reduktion der englischen CO2 Emissionen bis 2050 auf 20% des Werts von 1990 an. Neben vielen anderen Maßnahmen wird auch vorgeschlagen, dazu die Energie aus neu zu errichtenden KKW (wie z.B.  "Hinkley Point C") zu benutzen, siehe oben. Denn selbst das IPCC ist in seinem letzten Report von 2014 zur Überzeugung gelangt, dass die Kernenergie eine erlaubte Technologie ist, um den globalen Klimawechsel zu bekämpfen.
Das impliziert nicht, dass die englische Energiewende auf den Einsatz erneuerbarer Energien verzichtet, denn als Insel ist Großbritannien viel besser geeignet für den Aufbau von Windkraftanlagen als Deutschland. Aber eine vollständige Umstellung auf diese Technologie wird in der englischen Energiewende für unmachbar gehalten. Begründet wird dies mit den zu erreichenden Zielen, welche ähnlich auch in der deutschen Energiewende aufgezählt werden:

  1. Sicherheit der Energieversorgung2):
Wegen der natürlichen Fluktuationen von erneuerbaren Energien ist eine gesicherte Energieversorgung ohne die entsprechend groß dimensionierten Energiespeicher unmöglich, und diese sind in Großbritannien einerseits nicht vorhanden, und andererseits existiert auch keine Technologie, um sie in absehbarer Zeit zu errichten. Daher muss eine genügend hohe Grundlastreserve vorhanden sein. Ob große KKW, wie "Hinkley Point C", diese Aufgabe erfüllen, ist fraglich. Alternativ wird vorgeschlagen, eine Vielzahl von kleinen KKW (SMR) zu errichten, deren Leistung dem Bedarf leichter angepasst werden kann.
In dem Plan zur deutschen Energiewende existiert, jedenfalls für mich, kein Konzept, welches das Problem einer gesicherten Energieversorgung lösen kann. Die Idee, elektrische Energie in norwegischen Wasserkraftwerken zu speichern, halte ich für unrealistisch. Es wurde auch nicht berücksichtigt, dass jede Speichertechnologie ihren eigenen Energiebedarf erzeugt und daher den Gesamtbedarf erhöht und nicht verkleinert, wie es sowohl der deutsche wie auch der englische Plan vorsehen, siehe später.

  1. Energiekosten, welche wirtschaftliches Wachstum nicht behindern3):
Zwar ist die Energie aus der Kernspaltung billig, aber die Investitionskosten in Kernkraftwerke sind hoch, zum großen Teil verursacht durch staatliche Gesetze und Auflagen, welche die Sicherheit der Anlage garantieren sollen. Es gibt Informationen, insbesondere aus den USA, dass sich die Investitionskosten für SMR reduzieren lassen, weil kleine Anlage unterirdisch errichtet werden können, wenn sie eine mehr als 10mal geringere Leistung als ein großes KKW besitzen.
Dies ist zunächst einmal nur eine unbewiesene Behauptung. Auf der anderen Seite ist es eine wohl bekannte Tatsache, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland die Kosten für elektrische Energie so stark erhöht hat, dass wirtschaftliches Wachstum behindert wird und folgerichtig die gestiegenen Kosten einseitig auf die Privatabnehmer abgewälzt werden.
Gewöhnlich wird dann als Gegenargument angeführt, dass die Kosten wieder sinken werden, wenn der Ausbau abgeschlossen ist, denn "die Sonne schickt keine Rechnung". Aber dieses Argument ist illusorisch, wenn man an die mittlere Lebensdauer von ca. 20 a für Windkraft- und Fotovoltaikanlagen denkt: Der Ausbau ist niemals abgeschlossen. Übrigens ließe sich dieses Argument auch für die Kernenergie anführen, denn der Uranpreis pro Energieeinheit ist sehr billig.

In anderen Aspekten ähneln sich die englischen und deutschen Pläne zur Energiewende recht stark. Wesentliche Punkte sind:
  • Die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), wobei Großbritannien besonders die Einkopplung der KKW vorsieht, während das in Deutschland nicht erlaubt wurde. Diese Erlaubnis wäre auch ohne Bedeutung, wenn erst einmal alle deutschen KKW abgeschaltet sind. Und die KWK spielt auch dann keine Rolle mehr, wenn nur noch erneuerbare Energien die Energieversorgung Deutschlands übernähmen.
  • Die Reduktion des Energiebedarfs mithilfe einer Steigerung der Energieeffizienz. Diesen Aspekt habe ich in energie2 diskutiert. Vermutlich sind auch in Großbritannien damit im Wesentlichen Maßnahmen zur Einsparung von Energie gemeint, z.B. durch eine bessere Wärmedämmung von Wohngebäuden. Derartige Maßnahmen können den Energiebedarf reduzieren, wenn sie nicht konterkariert werden durch Maßnahmen, welche den Energiebedarf steigern, verursacht z.B. durch die Notwendigkeit zur Energiespeicherung oder zum Energietransport über große Distanzen. Im Übrigen werden Begriffe wie "Energieeffizienz" oder "Nachhaltigkeit" immer dann verwendet, wenn ein hehres Ziel anvisiert wird, man sich aber nicht klar darüber ist, wie dieses Ziel unter den gegebenen Rahmenbedingungen4) erreicht wird.
  • Die Entwicklung von Technologien zur CO2 Abscheidung (CCS), eine Voraussetzung für den weiteren Betrieb von Kohlekraftwerken. Wie bereits erwähnt, bilden diese z.Z. das Rückgrat der Versorgung mit elektrischer Energie in Deutschland, ohne dass CCS bereits im Einsatz ist. Man kann auch sehr daran zweifeln, dass diese Technologie je zum Einsatz kommt, denn
    • sie würde den Energiebedarf vergrößern, wie Energiespeicherung und Transport,
    • sie würde damit indirekt die Energiekosten erhöhen, im Gegensatz zu dem oben anvisierten Ziel 2.
Im Konzept zur deutschen Energiewende wird die CCS Technologie 14mal im Zusammenhang mit Fördermitteln erwähnt, ohne dass der Widerspruch zum 2. Punkt in dieser Liste erkannt wird. Und das gilt so auch für die Pläne zur englischen Energiewende, denn weltweit gilt, dass durch Verordnungen zum Einsatz von CCS die Energiekosten nicht verkleinert, sondern vergrößert werden5).
In einem anderen Punkt könnten beide Konzepte gegensätzlicher nicht sein:

Großbritannien will das fracking auf seinem Staatsgebiet erlauben und hat bereits Konzessionen an Bohrgesellschaften vergeben, siehe Abbildung rechts.

Dagegen ist das fracking in Deutschland gesetzlich zwar noch nicht verboten, aber es wird nicht geduldet.

Ich hoffe nur, die englische Regierung ist sich der Probleme bewusst, die in einer dicht besiedelten Region, wie England, durch fracking entstehen.











Das Staatsgebiet von Gro
ßbritannien mit den Gebieten, in denen Schiefergasformationen bestehen

(http://www.enlighteningtimes.co.uk/2013/12/new-uk-fracking-license-areas-confirmed.html )
Der eigentliche und wesentliche Unterschied zwischen den englischen und deutschen Energiewendeplänen ist wohl der, dass erstere die "erneuerbaren Energien" nur in dem Maße ins Kalkül ziehen, als diese ohne staatliche Subventionen am Energiemarkt bestehen können. Das deutsche Beispiel zeigt aber, dass dies praktisch unmöglich ist - und damit spielen sie in der englischen Energiewende keine Rolle mehr.


1) Gegen diesen Beschluss hat Österreich angekündigt zu klagen, mit Unterstützung der grünen EU-Abgeordneten Rebacca Harms.
2) Zur Sicherheit der Energieversorgung in der EU zählt auch, ihre Abhängigkeit von Erdöl/gas-Lieferungen aus Russland zu reduzieren. Darüber sind sich alle Partnerländer einig, uneinig sind sie sich aber darüber, wie die dann fehlenden Lieferungen kompensiert werden können.
3) Wie wirtschaftliches Wachstum vom Energiepreis abhängt, habe ich in energie4 diskutiert.
4) Mit diesen Rahmenbedingungen sind nicht solche gemeint, die der staatlichen Gesetzgebung entspringen. Sondern solche, deren Ursprung in den Gesetzen der Natur liegt. Erstere können im Prinzip immer geändert werden, bei letzteren ist das unmöglich. Auf diesen fundamentalen Unterschied hinzuweisen, ist der eigentliche Zweck der Reihe: "Die Zukunft unserer Energieversorgung".
5) Auch der IPCC Bericht erkennt diesen ökonomischen Zusammenhang nicht und wirft alles (erneuerbare Energie, Kernenergie, Kohle&CCS) in einen Topf.