Ökologie und Ökonomie




Ergänzungen
Ende 2018: 
Neufassung


Ein Vergleich zwischen Deutschland und den USA

Zur Rechtfertigung der hohen Subventionen, die für die Einführung erneuerbarer Energien in Deutschland gezahlt werden, hört man von deutschen Politikern immer wieder Behauptungen wie diese: Ökologie fördert Ökonomie1). Derartige Worthülsen sind zwar einprägsam, sie erzeugen jedoch weder ein Verständnis für ihren Sinngehalt, noch sagen sie irgendetwas aus über ihren Wahrheitsgehalt. Denn was sollen wir unter Ökologie und was unter Ökonomie verstehen, und warum ist erstere gut für letztere?

Ökologie: Gewöhnlich bezieht sich dieser Begriff auf Methoden zum Klimaschutz oder zum Umweltschutz. Es wird aber immer deutlicher (z.B. hier oder hier), dass beide Ziele unvereinbar sind: Man muss einem dieser beiden Ziele Priorität einräumen. Deutsche Politik bevorzugt in diesem Fall den Klimaschutz, was durch die Subventionierung erneuerbarer Energien erreicht werden soll, und worauf am Anfang dieses Kapitels hingewiesen wurde.

Ökonomie: Ist hiermit das Bestreben nach steigendem Wohlstand für die deutsche Gesellschaft gemeint, oder bezieht sich der Begriff auf die Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften? Im ersten Fall ist die Lage aussichtslos: Mit erneuerbaren Energien lässt sich der Wohlstand nicht steigern. Wie aber sieht es mit der Leistungsfähigkeit aus?

Um diese Frage zu untersuchen, werde ich im Folgenden ausgewählte Indikatoren der deutschen Volkswirtschaft vergleichen mit den äquivalente Indikatoren der USamerikanischen Volkswirtschaft. Letztere folgt (nach deutscher Mehrheitsmeinung) einem neo-liberalen Denkansatz und repräsentiert damit genau das, was man in Deutschland2) in keinem Fall dulden möchte. Insbesondere auch deswegen, weil die USA die Einführung erneuerbarer Energien eben nicht mithilfe staatlicher Regulierungen erzwingen, sondern eher dem Markt überlassen.

Als Indikatoren habe ich gewählt:
  1. Die Entwicklung erneuerbaren Energien (EE) von 1990 bis 2017.
  2. Die Entwicklung des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1990 bis 2017.
  3. Die Entwicklung der Arbeitslosenquote von 1990 bis 2017.
Natürlich kann man die entsprechenden Messwerte nicht direkt vergleichen, die Bevölkerung der USA ist etwa 4mal so groß wie die der BRD! Daher habe ich die Messwerte normiert auf die Einwohnerzahlen, im Fall der Arbeitslosenquote auf die Anzahl der Beschäftigten. Auch danach würden die USA bei den EE die BRD noch immer überflügeln, denn die USA besitzen einen großen Vorrat an Wasserenergie, welcher in der BRD fast vollständig fehlt. In der BRD haben Windkraft und solare Energie die größere Bedeutung. Auf diese beiden Energieformen habe ich den Vergleich der EE daher beschränkt, in vollem Bewusstsein der Tatsache, dass ich dadurch die USA im Vergleich benachteilige.

Der Aufbau der Infrastruktur zur Nutzung erneuerbarer Energien ist in der BRD etwa 5 Jahre früher erfolgt als in den USA, aber abgesehen von diesem Zeitvorsprung scheint der Verlauf ähnlich zu sein: Er folgt einer epidemischen Wachstumsfunktion (siehe Abbildung rechts). Dies ist verständlich, denn auch das Wachstum erneuerbarer Energien ist limitiert, und zwar  durch die von der Sonne auf die Erde eingestrahlte Energie. Der später einsetzende Aufbau in den USA hatte zur Folge, dass der Vorsprung der BRD (gemessen am Verhältnis BRD/USA) um das Jahr 2005 am größten war, aber bis 2017 kontinuierlich abgenommen hat.

Entwicklung der erneuerbaren Energien pro Einwohner in der BRD und in den USA (rote bzw. grüne Punkte, linke Skala). Die blaue Linie stellt das Verhältnis zwischen BRD und USA dar (rechte Skala).
Interessant sind die sich daraus ergebenden Konsequenzen: Wird der Strompreis in den USA ähnlich stark zunehmen wie in der BRD? Wahrscheinlich nicht, denn die USA sind "neo-liberal" und Wind- und Solarenergie stellen nur den geringeren Teil ihrer erneuerbaren Ressourcen dar.

Im gleichen Zeitraum (1990-2017) ist das Bruttoinlandprodukt pro Einwohner sowohl in der BRD wie auch in den USA gestiegen (siehe Abbildung rechts), und zwar ziemlich linear mit Steigerungsraten von ca. 500 USD/a2 (BRD), bzw. ca. 700 USD/a2 (USA). Das bedeutet, während dieses Zeitraums waren die USA etwa 1.4mal erfolgreicher als die BRD, was den gesellschaftlichen Wohlstand betrifft. Auch gemessen am Verhältnis BRD/USA beträgt der Wohlstandsunterschied ca. 20% und ist nahezu zeitunabhängig, also unabhängig vom Aufbau der erneuerbaren Energien, der seit 2000 in Deutschland stark forciert wurde (siehe Abbildung oben).


Entwicklung des Bruttoinlandprodukts pro Einwohner in der BRD und in den USA (rote bzw. grüne Punkte, linke Skala). Die blaue Linie stellt das Verhältnis zwischen BRD und USA dar (rechte Skala).
Betrachtet man zwischen 1990 und 2017 die Arbeitslosenquoten in der BRD und den USA, so fallen die starken zeitlichen Schwankungen auf, die zwischen den beiden Ländern aber nicht korreliert zu sein scheinen (siehe Abbildung rechts). Im Mittel war für mindestens 10 Jahre ab 1997 die Arbeitslosenquote in der BRD größer als in den USA. Und dieser Zeitraum  korreliert mit der Zeit, in der die BRD einen besonders großen Vorsprung beim Aufbau erneuerbarer Energien hatte. Wissenschaftlich denkende Menschen werden jetzt darauf hinweisen, dass derartige Korrelationen keinerlei Beweiskraft besitzen. Und sie haben Recht!

Entwicklung der Arbeitslosenquoten in der BRD und in den USA (rote bzw. grüne Punkte, linke Skala). Die blaue Linie stellt das Verhältnis zwischen BRD und USA dar (rechte Skala). 
Denn damit wird nicht bewiesen, dass eine zunehmende  Nutzung erneuerbarer Energien mit wachsender Arbeitslosigkeit verknüpft ist.3)
Seit 2010 ist nämlich die Arbeitslosenquote in der BRD schneller gesunken als in den USA. Alle, die jetzt darin einen Erfolg der EE sehen, muss ich enttäuschen. Denn blickt man auf die Anzahl der Arbeitsplätze, welche für den Aufbau der EE benötigt wurden (siehe Abbildung rechts), so erkennt man:
  1. Ihre  Prozentzahl ist mindestens 10mal kleiner  als die Arbeitslosenquote im Jahr 2017.
  2. Die Anzahl der Arbeitsplätze insgesamt nimmt seit 2012 wieder ab, bei der Fotovoltaik hatte sie schon 2009 ihren Höhepunkt erreicht.
Wenn bei dieser Datenlage deutsche Politiker noch von einem positiven Einfluss der Ökologie auf die Ökonomie reden, muss man an ihrem Erkenntnisvermögen für die Realitäten zweifeln. Man könnte eher schlussfolgern:

Entwicklung der Arbeitsplätze, die beim Aufbau von Wind- und Fotovoltaikanlagen in der BRD benötigt wurden, relativ zu der Anzahl aller Besch
äftigten.

Ökologie behindert Ökonomie.

Auf jeden Fall dort, wo Ökologie mit planwirtschaftlicher Ideologie erzwungen wird, Ökonomie aber marktwirtschaftlichen Prinzipien folgt.

Aber es gibt noch weitere Indikatoren, welche diesen Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie beleuchten. Diese lassen sich in Ländern finden, welche über alle möglichen Energieressourcen verfügen, wie z.B. die USA, nicht aber die BRD. Für die USA gibt die Liste unten einen Überblick über die Ende 2015 in den verschiedenen Energiesektoren Beschäftigten und die Menge der in jedem Sektor bereit gestellten Energie.

Öl & Gas
Kohle
solar(PV)
Beschäftigte N (Tsd)
185
190
210
Leistung P (PWh/a)
19.53
4.61
0.12
spez. Leistung P/N (GWh/a)
106
24.3
0.571
Kennzahlen von Energiesektoren am Ende 2015 in den USA.
Ende 2015 waren in den USA zum ersten Mal mehr Menschen im Sektor Fotovoltaik (PV) der erneuerbaren Energien beschäftigt, als in den Sektoren der fossilen Energie (Öl, Gas, Kohle). Und trotzdem: Im Sektor Öl & Gas wurden pro Beschäftigtem ca. 200 mal mehr Energie der Gesellschaft zu Verfügung gestellt!
Über die Energieeffizienz besteht aber ein Zusammenhang zwischen Energie und Wohlstand, was bedeutet, dass Öl & Gas zum USamerikanischen Wohlstand wesentlich mehr beigetragen haben als erneuerbare Energien.4)

Diese, medialer Meinungsmache entgegenstehende Erkenntnis wird nicht nur durch die Daten nahegelegt (welche auch anderswo so interpretiert werden), sie wird auch unterstützt durch die natürlichen Zusammenhänge zwischen Ökologie und Ökonomie. Um diese zu erkennen, muss man sich allerdings verabschieden von Ideologien und stattdessen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinandersetzen. Diese sind im Wesentlichen im Kap.1 der Energie2 vorgestellt worden. In 4 Leitsätzen zusammengefasst, lauten sie:
  • Wirtschaftliche Vorgänge sind ausschließlich irreversible Prozesse.
  • Irreversible Prozesse können in der Natur nur ablaufen, wenn Entropie erzeugt werden kann.
  • Entropie wird erzeugt durch die Wandlung von Exergie in Anergie.
  • Die erzeugte Entropiemenge S hängt ab vom Nutzungsgrad des Wandlungsprozesses5):


Der wichtige Parameter in dieser Formel ist der Nutzungsgrad 0 < < 1, welcher möglichst groß sein sollte, um die Entropieerzeugung zu minimieren.

Mit Hinweis auf Kap.6.2 kann man daher auch formulieren:

Eine Wirtschaft ist umso ökologischer, je weniger Entropie für sie erzeugt werden muss.

Und gemessen an dieser Forderung sind die erneuerbaren Energien, mit Ausnahme der Wasserenergie, besonders unvorteilhaft und damit minderwertig. Dies liegt daran, dass die Nutzungsgrade der Fotovoltaik, der Windkraft, der Biomasse, der Geothermie, etc. besonders klein sind. Sie werden noch weiter verkleinert, wenn mit   auch die Nutzungsgrade für die Energiespeicherung und den Energietransport berücksichtigt werden müssen. Im Augenblick ist dies von nur geringer Bedeutung, weil die erneuerbaren Energien (ohne Wasserenergie) mit weniger als 10% zur globalen Energieversorgung beitragen. Energietransport und Energiespeicherung werden aber dann eine Rolle spielen, wenn der Traum zahlreicher deutscher Politiker Wirklichkeit werden sollte und ein wesentlicher Teil unserer zukünftigen Energieversorgung von erneuerbaren Energien übernommen wird.
 
Zum Schluss noch eine Bemerkung: Die obige Diskussion befasste sich mit den fundamentalen Gesetzmäßigkeiten, welche das menschliche Dasein beherrschen und welche auf keine Art und Weise außer Kraft gesetzt werden können, insbesondere nicht durch die staatliche Gesetzgebung. Aber natürlich hängen die Auswirkungen dieser Gesetzmäßigkeiten auf das Verhältnis zwischen Ökologie und Ökonomie auch ab von den Rahmenbedingungen6), wie z.B. der geografischen und klimatischen Situation, der Bevölkerungsstruktur und dem technischen Entwicklungsstand eines Landes. Nur im letzten Punkt kann die BRD vielleicht mit den USA konkurrieren, in den anderen Punkten ist sie im Nachteil. Und Technikgläubigkeit allein wird den Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie nicht aus der Welt schaffen.


1) Wahrscheinlich erstmals in die Welt gesetzt vom damaligen Umweltminister J. Trittin der rot-grünen Bundesregierung (1998-2005). Dieser ist auch der Autor der berüchtigten  "Eiskugel". Beide Behauptungen entlarvten sich ziemlich schnell als das, was sie damals schon waren und immer noch sind: Grünes Geschwätz - ohne Wissen und Verstand!
2) In Deutschland ist der Neo-Liberalismus zu einem Schimpfwort mutiert, jedenfalls bedeutet er hier nicht mehr das, was er seiner Geschichte nach eigentlich ist.
3) Aber ähnliches gilt dann auch für die Zeitreihen von CO2 Emissionen und Erdtemperatur: Sie beweisen eben nicht, dass eine Zunahme der CO2 Emissionen unwiderlegbar eine Zunahme der Temperatur der unteren Erdatmosphäre zur Folge hat.
4) Ganz ähnliche Zahlen erhält man für die BRD: Im Jahr 2013 betrug die Anzahl der Beschäftigen im Sektor solar(PV) 68500, die bereit gestellte Leistung betrug 3.18 · 1010 kWh/a, was eine spez. Leistung von 0.464 GWh/a ergibt, also weniger als in den USA.
5) Diese Gleichung ist der Definition S = Q / T angepasst und beschreibt symbolisch, wie die erforderliche Wärme Q im Wandlungsprozess mit Nutzungsgrad dem Primärenergiebedarf PEB entnommen wird.
6) Diese Eigenschaft teilt unser Problem mit einem analogen Problem in der Mathematik: Die Lösung einer Differentialgleichung (Entwicklungsgleichung) wird erst eindeutig, nachdem die Randbedingungen (Rahmenbedingungen) definiert wurden.