Ergänzungen Ende 2022: |
Daten update |
Am 6. Dez. 2021 wurde eine neue deutsche
Bundesregierung gewählt unter der Führung von Bundeskanzler
Olaf Scholz, bestehend aus den 3 Parteien SPD, Grüne und FDP
(AMPEL-Koalition). Das Motto des Koalitionsvertrags lautet: "Mehr Fortschritt wagen: Bündnis
für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit*
Und in der Tat, in diesem Vertrag findet sich der Begriff
"Nachhaltigkeit" mehr als 100mal, was allein schon darauf
hinweist, dass dieser Begriff so schwammig definiert ist,
dass er sich bei allen möglichen Themen verwenden lässt, um
das angestrebte Ziel einer Veränderung (Transformation) zu
kennzeichnen. Denn was ist eigentlich "Nachhaltigkeit" und
wie lässt sich ihr Wert so bestimmen, dass ein Fortschritt
auch wirklich erkennbar wird?Mit diesem Problem habe ich mich in den Kap. 5.1/5.2 ausführlich beschäftigt und den Begriff "Nachhaltigkeit" in Bezug gesetzt zur physikalischen Größe "Entropie" S = Q/T. Zwar ist die Entropie keine Erhaltungsgröße (sie kann nur größer werden), aber ihr maximaler Wert auf der Erde ist beschränkt und wird bestimmt durch die Größe der eingestrahlten Sonnenenergie (solare Einstrahlung). Diese wird wiederum von der Erde in den Weltraum abgestrahlt (terrestrische Abstrahlung) und damit wird die erzeugte Entropie von der Erde entfernt. Daher ist es plausibel, dass eine Zunahme von Nachhaltigkeit eine Abnahme der durch menschliches Handeln erzeugten Entropie erfordert. |
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Menschliches Handeln basiert stets auf einer
Prozesskette von Energiewandlungen, beginnend bei der
Primärenergie PE und endend bei der Nutzenergie NE,
der Energie, welche der Mensch wirklich nutzt. Menschliches
Handeln (aber auch die menschliche
Existenz) erzeugt also einen Energiebedarf, die
Wandlungskette lässt sich symbolisch so darstellen: PEB --> NEB mit
PEB > NEB.
Allerdings ist die Wandlung in Nutzenergie nicht das letzte
Glied in der Kette, denn letztendlich wird auch diese, wie
alle anderen Energiedefizite in der Kette, vollständig
in thermische Energie Q gewandelt (denn die Energie
ist eine physikalische Erhaltungsgröße), um schließlich in
Form von Entropie mit der terrestrischen Abstrahlung
entfernt zu werden. Bestimmend ist daher, wie viel
Primärenergie bereit gestellt werden muss, um unseren Bedarf
an Nutzenergie zu befriedigen. Dies hängt ab von:
Maximierung der Nachhaltigkeit bedeutet
daher Optimierung von , und . Für erneuerbare Energien in
Deutschland, insbesondere für die Windenergie
und die Fotovoltaik,
sind diese Kenngrößen aufgrund der topografischen und
meteorologischen Gegebenheiten sicherlich sub-optimal
und können per Bundestagsbeschluss auch nicht optimiert
werden. Aber der Umstieg auf erneuerbare Energien ist
genau das Ziel der Transformation, welches die neue
Regierung insbesondere für die deutsche Wirtschaft im
Auge hat. Zitat aus dem Unterkapital "Industrie" im
Koalitionsvertrag:
Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, dass die Wirtschaft wettbewerbsfähige Strompreise für Industrieunternehmen am Standort Deutschland unter konsequenter Nutzung der eigenen Potenziale Erneuerbarer Energien bekommt, die sie auf dem Weg in die Klimaneutralität braucht. Nachhaltigkeit wird also gleich gesetzt mit Klimaneutralität, obwohl sich erstere (nach meiner Definition) und letztere gegenseitig im Wege stehen. Das bedeutet weiterhin, dass die Ergebnisse des Paris-Protokolls bindend für die deutsche Politik werden. Dass dies nicht so einfach ist, erkennt man an dem Hinweis auf "wettbewerbsfähige Strompreise".1) Denn es ist eine Tatsache, dass die deutschen Strompreise seit 2000 aufgrund der wachsenden Bedeutung erneuerbarer Energien rasant gestiegen sind und es ist auch kein Ende in Sicht, es sei denn, die neue Bundesregierung subventioniert die Strompreise aus Steuermitteln. |
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Auf der anderen Seite sind auch
die Preise für fossile Energieträger im Jahr 2021 stark
gestiegen und diese tragen z.Z. (2021) noch mit ca. 60%
zur Versorgung
mit elektrische Energie in Deutschland bei. Dies wird als
Auswirkung der Inflation gedeutet, welche aufgrund der
Corona-Krise (mit ihren Auswirkungen auf den globalen
Handel) zugenommen habe. Keine Bedeutung für die
Preisentwicklung der PE (Kohle, Erdöl, Erdgas)
sollten dagegen die seit dem 1.1.2021 in Deutschland
gesetzlich festgelegten CO2-Abgaben haben, diese
verteuern erst die in der Wandlungskette später auftretende
NE, also z.B. das Heizöl oder die Kraftstoffe für den
Verkehr. Für die deutsche Wirtschaft sind die Gründe für
die, mit den Preissteigerungen verbundene Energieverknappung
eigentlich unwichtig, auch sie unterliegt (wie alle anderen
Prozesse) der naturgegebenen Sequenz PEB --> NEB
und ist auf ein preiswertes Energieangebot angewiesen. |
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Die Entwicklung der Inflation hat dabei schon
immer eine Rolle gespielt. In der Abbildung unten links sind
die nominellen Preise fossiler Energien und die deutschen Inflationsraten seit dem
Jahr 2000 dargestellt. Man erkennt deutlich die Korrelation
zwischen der Inflationsrate und dem Erdöl-, und Erdgas- die Analyse mithilfe der Kreuzkorrelation ergibt,
dass die Veränderung der Inflationsrate etwa 1 a vor der
entsprechenden Veränderung des Erdölpreises stattfand -
daher ist erstere die Ursache für letztere! Verwunderlich
ist aber, dass der Einfluss auf die Kohlepreise wesentlich kleiner ist,
Dieser ist bis zum Jahr 2020 auch immer kleiner gewesen als
der Erdöl- bzw. Erdgaspreis.
Bis Anfang 2021 hat die Weltbank Investitionen in fossile Energien noch tatkräftig gefördert, laut einer Urgewaldanalyse betrugen die ausgezahlten Kredite über 20 Mrd. USD/a.3) Die gesamten Investitionen in erneuerbare Energien sind allerdings (nach meiner Analyse) mehr als 10mal höher. Trotzdem werden die Aktivitäten der Weltbank von den Befürwortern der Transformation als kontraproduktiv für das Zustandekommen einer globalen Energiewende angesehen. Sie haben auf der IPCC-Tagung in Glasgow (COP 26) die Gründung der GFANZ (Glasgow Financial Allliance Net Zero) erreicht, eigentlich das einzige konkrete Ergebnis dieser Tagung. Die Mitglieder dieser Allianz verpflichten sich, nur noch Investitionen in erneuerbare Energien zuzulassen, also der Entwicklung der fossilen Energien "den Geldhahn zu zudrehen". Zu den Mitgliedern gehören an der Börse notierte Banken und Finanzunternehmen mit bekannten Namen4). Natürlich sind diese Gesellschaften keine Wohlfahrtsorganisationen, sondern ihre Investitionen in eigentlich sub-optimale Technologien sollen auch Gewinne für ihre Aktionäre erzeugen. Und diese Gewinnerwartung führt zu höheren Energiepreisen und damit zur steigenden Inflation. Letztendlich sind alle die, welche den Folgen der Sequenz PEB --> NEB nicht entgehen können, diejenigen, welche diese Gewinne erwirtschaften und damit an Wohlstand verlieren. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) aber hält diese Entwicklung für durchaus wünschenswert und bezeichnet die Geldentwertung als "grüne Inflation", womit wohl ausgedrückt werden soll, dass sie ein essentieller Bestandteil der "großen Transformation" sein sollte. Falls das auch ein Ziel der AMPEL-Koalition ist, warum wird es dann nicht im Koalitionsvertrag als solches klar benannt? |
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1) Dies bezieht sich auf den Preis für elektrische Energie, welche nur eine der möglichen Formen der Energie ist und z.Z. (2020) ca. 20% der PE ausmacht. Wie soll der restliche PEB klimaneutral werden? 2) Russland wurde von den Nato-Staaten darauf hin mit Sanktionen belegt und antwortete mit der Exportsperre von Erdgas in diese Staaten. 3) Über die gesamten Subventionen in fossile Energien gibt es sehr unterschiedliche Aussagen, der IWF beziffert sie z.B. auf ca. 4.5 Bio. USD/a, wobei es sich in der Mehrzahl um Steuerprivilegien handelt, wie z.B. die Pendlerpauschale in Deutschland. Damit hat die Weltbank aber nichts zu tun! 4) Zu den Mitgliedern gehören z.B. in den USA: Bank of America, Citi Group, Morgan Stanley, Goldman Sachs, Rockefeller Capital, etc. in der EU: Deutsche Bank, ING, Santander, Allianz, AXA, Münchner Rück, etc. |